Impfarzt Jürgen Zastrow zu Corona„Alle Kölner Kneipen sollten 2G einführen“
Köln – Herr Zastrow, angesichts der Leids, das das Corona-Virus verursacht: Wäre eine Impfpflicht nicht eindeutig das kleinere Übel?
Womöglich ja. Aber das ist politisch nicht durchsetzbar, das traut sich keiner. Eine solch unpopuläre Entscheidung würde das Risiko beinhalten, zahlreiche Wählerstimmen zu verlieren. Auch ich bin gegen einen Impfzwang, weil ich glaube, dass dies erhebliche Widerstände in der Bevölkerung hervorrufen und die Beleumundung des Impfprozesses beschädigen würde. Am Anfang haben wir Kölner Impfärzte uns doch fast so gefühlt wie der Weihnachtsmann. Heute müssen wir den Menschen hinterher laufen. Auf einer Veranstaltung mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, als die Reden mit Trommeln und Pfeifen gestört wurden, wurde ich zuletzt sogar als „Impffaschist“ beschimpft. Störung des Dialoges ist Terrorismus der Redefreiheit.
Was könnte man tun, um die Impfwilligkeit zu erhöhen?
Wir haben in Köln schon alles gemacht, was möglich ist. Wir waren landesweit die Ersten, die in Stadtteile gegangen sind oder Eventimpfungen angeboten haben. Wir haben längst eine Vorreiterrolle. Mehr fällt uns im Moment nicht mehr ein. Wir sind alle am Limit, wir tragen den Leuten den Impfstoff doch schon hinterher. Zuletzt standen wir sechs Stunden in Riehl, es kamen nur 80 Leute. Wir hatten aber einen Personaleinsatz von elf Menschen und vier Fahrzeugen. Dann muss man sich schon fragen, ob das noch zu rechtfertigen ist.
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Also weshalb dann nicht anordnen, dass sich alle Kölner ab 18 Jahren impfen lassen müssen – abgesehen von denen, die eine besondere gesundheitliche Situation durch ein Attest belegen können?
Dass die Menschen verunsichert sind, weil die Ständige Impfkommission ständig etwas anderes sagt, das kann ich verstehen. Und es ist auch verständlich, dass die Menschen Angst haben vor einem Virus und einer Situation der Überforderung - gerade emotional. Und dann wird der Kopf in den Sand gesteckt. Aber wer das macht, der sieht nichts mehr und geht ein enormes Risiko für die eigene Gesundheit ein. Es ist ein Dilemma. Auf der einen Seite die Privatsphäre und das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper. Auf der anderen Seite die Frage: Was ist soziales Verhalten? Wer sich nicht impfen lässt, der verhält sich zu Lasten der Gemeinschaft. Sozial ist das nicht.
Wäre die 2G-Regel eine Hilfe, die nur Geimpfte und Genesene in gewissen Umfeldern akzeptiert?
Ja, unbedingt. Es wird zunehmend Druck entstehen, sich impfen zu lassen. Weil die Einzelnen sehr wohl bestimmen können, wer in ihrem Einflussbereich sich wie verhält. Unternehmen aus der Gastronomie beispielsweise oder der Veranstaltungsbranche sollten auf 2G pochen. Am besten sollten dies beispielsweise alle Kölner Kneipen und Restaurants machen. Das wäre phantastisch, das fände ich absolut super. Dies wäre ein Weg, der die Impfunwilligen dazu bewegen könnte, noch einmal intensiv darüber nachzudenken, ihre Einstellung doch noch zu ändern. Aber auch für Arbeitgeber hätte ich großes Verständnis, die sagen: „Du kannst im Homeoffice arbeiten, aber das Büro betrittst du nur, wenn du geimpft bist.“ Dass der 1. FC Köln es sich getraut hat, nach Gesprächen mit uns bundesweit vorzupreschen und 2G zur Voraussetzung für den Stadionbesuch zu machen, fand ich nahezu heldenhaft.
Wie weit weg sind wir in Köln denn von der Herdenimmunität?
Die hängt damit zusammen, wie die Menschen sich verhalten. Das ist keine Grenze wie eine Mauer.
Gibt es aus Ihrer Grund denn eine sachlichen Grund, sich nicht impfen zu lassen? Etwa die Angst vor eventuellen Langzeitschäden der Impfstoffe?
Nein, definitiv nicht. Der Impfstoff ist nach 50 Stunden abgebaut, nach vier Wochen ist er nicht mehr nachweisbar. Er löst einen Reaktion des Körpers aus oder nicht. Aber eine Langzeitwirkung eines normalen Impfstoffs gibt es nicht.