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Impfungen in Überlebensstation„Wir haben die Obdachlosen in Köln nicht vergessen”

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Arzt Michael Staat impft einen jungen Mann aus Russland.

Köln – Der Mann mit den vielen Tätowierungen am Arm ist von der Pandemie ziemlich genervt. Abstände, Masken und Ausgangssperre findet der 47-Jährige, der seinen Namen nicht nennen mag, ziemlich umständlich. Sieben Jahre hat er auf der Straße gelebt, derzeit ist er in einem Wohnprojekt untergekommen. „Persönlich kenne ich niemanden, der an Corona erkrankt ist.“ Aber weil er Risikopatient ist, er leidet an einer Herzerkrankung, lässt er sich lieber doch in der Überlebensstation für Obdachlose, dem Gulliver, am Mittwoch impfen. „Dann habe ich endlich meine Ruhe, die Spritze wird ja auch nicht schaden.“

Zum dritten Mal hat die Überlebensstation Gulliver am Hauptbahnhof zu einer Impfaktion für wohnungslose Menschen eingeladen. Die ersten beiden Termine am 12. und 19. Mai waren gut angenommen worden. Ärzte konnten 227 beziehungsweise 170 Personen immunisieren. Auch bei der jüngsten Aktion kamen bis zum späten Mittwochnachmittag 86 Menschen. Bernd Mombauer, Geschäftsführer des Gulliver, ist mit der Aktion denn auch zufrieden. „Wir haben die Zielgruppe, die Platte machen, in großen Teilen erreicht“, sagt er. Die Aktion war auf Initiative der Stadt zustande gekommen, die Kassenärztliche Vereinigung stellte drei Impfärzte.

Wohnungslose tragen höheres Risiko

6000 wohnungslose Menschen gibt es nach Angaben der Stadt in Köln, etwa 300 von ihnen sollen auf der Straße leben. Dort haben die Obdachlosen ein höheres Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Nach ersten Ergebnissen einer Studie von Mark Oette, Chefarzt im Severinsklösterchen und Vorsitzender des caritativen Vereins Gesundheit für Wohnungslose, haben sich 2,5 Prozent der Wohnungslosen mit dem Virus angesteckt – 25-mal mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung. Auch Mombauer sagt, die Impfungen für Obdachlose seien wichtig, weil viele von ihnen unter Vorerkrankungen litten: Herz- und Kreislauferkrankungen seien nicht selten, ebenso wie Hauterkrankungen, offene Beine, Tuberkulose oder auch Suchtprobleme und psychische Erkrankungen.

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In der Vergangenheit war Kritik laut geworden, dass wohnungslose Menschen zu spät geimpft würden. Mombauer weist dagegen auf die gute Zusammenarbeit mit der Kommune und anderen Akteuren hin. Richtig sei, dass die Impfungen im Impfzentrum für viele Obdachlose mit Online-Anmeldungen und Formularen zu kompliziert gewesen sei. Viele Wohnungslose besäßen weder Smartphone noch Drucker. Andererseits sei man gut beraten gewesen, auf die Zulassung des Impfstoffes von Johnson & Johnson zu warten, der nur einmal verabreicht werden muss. „Johnson & Johnson war der Schlüssel“, sagt Mombauer.

„Johnson & Johnson war der Schlüssel”

Ähnlich sieht dies Katja Robinson, die Leiterin des Sozialamts, die am Mittwochnachmittag die Aktion beobachtet. „Wir haben die Obdachlosen nicht vergessen.“ Aber das Land NRW habe der Stadt klare Vorgaben gemacht, wer zu welchem Zeitpunkt geimpft werden durfte. Zudem seien die Impfstoffe immer knapp gewesen. Als der Impfstoff von Johnson & Johnson aber zugelassen worden war, habe man binnen Tagen Impfaktionen für obdachlose Menschen organisiert. Robinson räumt ein, dass es aber auch wohnungslose Menschen gebe, die nicht so einfach von der Stadt erreicht werden könnten.