Köln – Jede Geste, jedes Wort saugen die Kölnerinnen und Kölner auf, als Queen Elizabeth II. am 25. Mai 1965 um 10 Uhr endlich eintrifft. Das leichte Lächeln in Prinz Philips Gesicht, als Oberbürgermeister Theo Burauen im Rathaus von der langen Geschichte seiner Heimatstadt schwärmt.
Die unbewegte Mimik der Königin, wie sie kerzengerade im grauen Rathaussessel sitzt. Nichts ist an diesem Tag unwichtig, die Presseberichterstattung über den „Besuch des Jahrhunderts“ füllt am Tag später ganze Seiten.
Royales Paar blieb zwei Stunden in Köln
Die Strapazen des mittlerweile achten Tags ihres insgesamt elftägigen Deutschlandbesuchs waren der britischen Königin nicht anzumerken. Prinz Philip wirkte zwar nicht ganz so steif wie sie, schien aber doch eine leichte Müdigkeit zu zeigen. Nicht einmal zwei Stunden blieb das royale Ehepaar in Köln. Zwei Stunden freilich, die im Stadtgedächtnis haften blieben.
Konrad Adenauer, Enkel des damals noch lebenden Ex-Bundeskanzlers Konrad Adenauer, fuhr an diesem 25. Mai mit dem Fahrrad von der Uni zum Dom. Dort sah er die Queen zusammen mit Theo Burauen im offenen Mercedes an sich vorbeifahren. In den Jahren zuvor hatte er schon den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy und den französischen Präsidenten Charles de Gaulle bei ihren Kölnvisiten erlebt.
Nun also Elizabeth II. „Ich fand sie auch als Frau immer toll und habe ihren ganzen Lebensweg mitverfolgt“, sagt Konrad Adenauer, der ihre Krönung 1953 als Volksschüler im Kino gesehen hatte: „Ich habe sie sehr verehrt.“ Und als Versöhnungsgeste nach dem Zweiten Weltkrieg sei ihr Besuch nicht zuletzt für ganz Deutschland von großer Bedeutung gewesen.
Die Kölner feierten die Queen ausgiebig. 200.000 Menschen säumten die Straßen bei ihren Fahrten durch die für den sonstigen Verkehr gesperrte Innenstadt.
2000 Polizisten schützten die Queen
2000 Polizisten sorgten dafür, dass die 39-jährige Regentin nicht zu Schaden kam. Mit blauem Kleid und blauem Hut war sie zuvor im Hauptbahnhof einem Sonderzug entstiegen, samt offiziellem Empfangskomitee und Gefolge über einen roten Teppich zum Bahnhofsvorplatz geschritten und dort in der Nobelkarosse weitergefahren. Neben dem damals 20-jährigen Konrad Adenauer hatten ein paar andere Studenten Stellung bezogen, auf dem Kopf Bowler-Hüte, um „very british“ zu wirken. „Für Deutschland war es wunderbar, dass die Queen so ausführlich kam“, sagt Konrad Adenauer: „Die Deutschen haben sie auch als ihre Königin betrachtet.“
Während sein Onkel Max Adenauer als Kölner Oberstadtdirektor nah dran war an Elizabeth II., war sein Großvater verhindert. Eigentlich war er in den Tagen zuvor zu einem Festessen mit ihr geladen, hatte sich jedoch bei der Rückfahrt aus dem Urlaub verletzt, als der Zug einen Notstopp einlegen musste. „Da hat die Queen ihm 50 rote Rosen geschickt“, erinnert sich sein Enkel.
Das Paar trug sich auch ins Goldene Buch der Stadt Köln ein
20 Minuten dauerte der Empfang im prächtig mit Blumen ausstaffierten Rathaus, in dessen Verlauf sich die Königin und Prinz Philip in das Goldene Buch der Stadt eintrugen. Von Theo Burauen nahm die Regentin eine römische Prunkkanne als Gastgeschenk in Empfang und überreichte im Gegenzug ein gerahmtes Foto. 300 sorgsam ausgewählte Gäste durften den Festakt mitverfolgen, wobei bei den Damen auffallend viele Hüte gesichtet wurden.
Im Anschluss hielt der royale Dienstwagen vor dem Domportal. Kardinal Frings lief der Queen auf dem roten Teppich entgegen, die Domschweizer standen Spalier, der „Dicke Pitter“ läutete. Bei der folgenden Führung durch den Dom durfte sich die Königin sogar auf den Kaiserstuhl setzen. „Wenn auch vor Gott in dieser Kirche alle Menschen gleich sind, so verehren wir doch in Ew. Majestät eine geheiligte Persönlichkeit und erinnern uns sehr wohl jener Bescheidenheit und königlichen Würde, mit der Ew. Majestät die Zeremonie der Salbung und Krönung in der Westminster Abbey entgegennahmen“, sagt der Kardinal.
Danach heißt es Abschied nehmen. Zu Fuß geht die Queen vom Dom zum Bahnhof. Gegen 12 Uhr setzt sich ihr Sonderzug Richtung Düsseldorf in Bewegung. Konrad Adenauer wird diesen Tag nicht vergessen: „Das war mein einziges Mal, dass ich sie gesehen habe.“