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Corona-Weihnacht in Kölner JVAKeine Kuschelzellen, dafür Bockwurst mit Kartoffelsalat

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Weihnachten Gefängnis

Weihnachten in der Justiz-Vollzugsanstalt (Symbolbild)

Köln – Auch im Gefängnis will man es sich schön machen an den Feiertagen. Christbäume stehen auf den Gängen, Anfang Dezember haben die Angestellten zusammen mit ausgewählten Inhaftierten die Tannen mit Kugeln und Blinklichtern geschmückt. Nikolausfiguren und selbst gebackener Salzteigschmuck sollen ein bisschen Festtagsstimmung in die geschlossenen Abteilungen bringen. In den Frauentrakten, sagt Anstaltsleiterin Angela Wotzlaw, sei das Ganze mit „allerlei Deko“ schon sehr üppig geworden, bei den Männern etwas kahler.

Einmal sei ein Gefangener ein paar Tage vor Weihnachten zu ihr gekommen und habe sich über die „Folter“ namens Weihnachtsschmuck beschwert, gegen den er sich nicht mehr wehren könne. Es sei Folter, brachte er damals an, weil er nun jeden Tag darauf hingewiesen wird, dass er die Feiertage nicht draußen in der Freiheit verbringen werde bei Freunden und Familie, sondern hier gemeinsam mit seinen Mithäftlingen hinter den Mauern und Zäunen der JVA Köln-Ossendorf. „Dem Anliegen konnte ich aber leider nicht nachkommen“, sagt Wotzlaw schmunzelnd.

Große Feier auch in JVA wegen Corona abgesagt

Weihnachten im Gefängnis hieß jahrelang zumindest unter den Möglichkeiten des Strafvollzugs kontrolliertes Feiern mit gemeinsamem Abendessen und Musik. Aber weil Weihnachten 2021 wie für alle anderen draußen auch erneut unter dem Stern von Corona steht, sind alle großen Feiern abgesagt. Gemeinsame Essen gibt es nicht, im Chor gesungen wird auch nicht. Stattdessen werden Bockwurst und Kartoffelsalat auf die Zellen gebracht, in denen die Häftlinge inzwischen meist alleine sind, auch das eine Corona-Maßnahme.

Auch Kuchen, Gebäck und Cola stehen ausnahmsweise auf der Speise- und Getränkekarte. In Kleingruppen wurden in den vergangenen Tagen Kekse gebacken, in Kleingruppen werden zumindest auch an Heiligabend und den beiden Weihnachtstagen von den Kirchen Gottesdienste mit Maskenpflicht organisiert. Früher kam ein Chor in die Messen, der fällt jetzt aus. Dafür geben Seelsorger auch in diesem Jahr Kerzen an die Gefangenen aus – mit Ausnahme derjenigen, von denen durch die Flamme eine Gefahr ausgehen könnte.

Nur 50 Prozent Impfquote bei Gefängnisinsassen

Wer an Heiligabend oder Silvester nicht alleine in der Zelle sein möchte, kann einen sogenannten „Nachtumschluss“ beantragen, der in Ausnahmefällen auch genehmigt wird. Dann dürfen die Häftlinge die Nacht mit einem anderen Inhaftierten gemeinsam verbringen. Sonst ist das nur bei Todesfällen in der engsten Verwandtschaft üblich. Wegen Corona sind die meisten Zellen nur von einer Person belegt. Die Sorge vor Infektionsketten in der Haftanstalt ist berechtigt. Zwar liege die Impfquote bei den Angestellten bei knapp 95 Prozent, sagt Wotzlaw.

Aber unter den Gefangenen ist etwa jeder zweite nicht geimpft. „Das ist sehr bedauerlich, aber wir bieten jedem eine Impfung an“, sagt Wotzlaw, die die niedrige Bereitschaft einer „phlegmatischen Haltung“ bei vielen zuschreibt. Einige hätten unter anderem durch Drogensucht Vorerkrankungen der inneren Organe, was zum einen das Risiko eines schweren Verlaufs, zum anderen aber womöglich auch die Vorbehalte gegen eine Impfung erhöht.

Außerdem sind einige nicht lange genug in Haft, um auch die zweite Dosis noch vor Ort zu erhalten. Daher sei anfangs vielen das Präparat von Johnson&Johnson verabreicht worden, das schon nach einer Spritze vollständig wirkt. „Wegen des hohen Austauschs werden wir aber nie auf eine Impfquote von 100 Prozent kommen“, sagt Wotzlaw.

Kaum Besuche in Präsenz möglich

Alle, die ihre Haft in der JVA Ossendorf antreten, müssen zunächst auf die Quarantänestation, das gleiche gilt nach Freigängen. Präsenzbesuche von Freunden und Verwandten sind weitgehend verboten und finden entweder hinter Plexiglasscheiben, oder in einem großen Besuchsraum unter 2G-Bedingungen statt. Alle Häftlinge dürfen sich drei Mal monatlich per Skype mit Familie und Bekannten verabreden.

„Die Gespräche hören wir in der Regel mit und könnten uns direkt einschalten, wenn es nötig ist“, sagt Wotzlaw. Die so genannten „Kuschelzellen“, wo Inhaftierte ihren Lebenspartner oder ihre Lebenspartnerin für längere Zeit treffen können, gibt es bis auf weiteres wegen Corona nicht.

Kaum Weihnachtsamnestien

Die Pandemie sorgt auch dafür, dass in diesem vor den Feiertagen kaum Häftlinge entlassen wurden. Von der traditionellen „Weihnachtsamnestie“ haben diesmal weniger als zehn Inhaftierte profitiert. Die Voraussetzungen, nämlich ein Haftende im Januar und einwandfreies Verhalten in der JVA waren sonst bei niemandem erfüllt. Das liegt auch daran, dass die Ersatzhaft – also das meist kurze Absitzen einer Geldstrafe im Gefängnis – aus Infektionsschutzgründen zunächst ausgesetzt und anschließend nur für wenige Fälle wieder eingeführt wurde.

Entsprechend wenige Ersatzhäftlinge sitzen derzeit in der JVA Köln, die für eine Weihnachtsamnestie überhaupt in Frage gekommen wären. Für eine derzeit geringe Belegung sorgen aber auch Bauarbeiten: 252 Zellen – darunter einige mit Doppelräumen – sind mit Asbest belastet und können bis auf weiteres nicht genutzt werden. Momentan zählt der Klingelpütz nur gut 700 Gefangene.

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Einige davon dürfen an Weihnachten – wie auch gelegentlich unter dem Jahr – auf ein besonderes Geschenk hoffen. So verschicken etwa das niederländische, das türkische und das italienische Konsulat an ihre Landsleute regelmäßig „Fresskörbe“. Im Fall der Italiener finden sich darin etwa Oliven, Parmesan, Serranoschinken und Panettone als Erinnerung an ihre Heimat. Nur Alkohol ist tabu.

Größere Geschenke dürfen die Insassen aber auch in diesem Jahr weder verschicken, noch annehmen. Jedes einzelne zu überprüfen, wäre zu aufwendig, sagt Wotzlaw. Weihnachtskarten oder etwa die in der Anstalt selbst hergestellten Teddybären dürfen aber verschenkt werden. Auch Blumen verschicken zu lassen ist in Ordnung. Für einige ist das vielleicht ein kleiner Trost so kurz vor Heiligabend.