Brauhaus in Köln-BrückAlle wollen das Traditions-Lokal „Em Hähnche“ retten
Köln-Brück – Rund sechs Monate, nachdem die Ordensgemeinschaft der Vinzentinerinnen, die sich vorrangig der Arbeit mit alten und behinderten Menschen verschrieben hat und seit Jahrzehnten auf dem benachbarten Grundstück die Senioreneinrichtung „Vinzenz-Haus“ betreibt, das Grundstück und das Gebäudeensemble rund um das Traditions-Brauhaus „Em Hähnche“ gekauft hat, ist noch kein Konzept für eine künftige Nutzung abzusehen. Die Brücker Bürger sorgen sich um die Zukunft des historischen Brauhauses, dessen Geschichte sich bis ins Jahr 1725 zurückverfolgen lässt.
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Inzwischen haben sich fast alle Vereine und mehrere Institutionen aus dem Veedel – Bürgervereine, Flüchtlings-Initiative, Karnevalisten, Seniorengruppen, Kirchengemeinden und Parteien – zu einer Initiative zusammengeschlossen, um das Brauhaus und vor allem den zugehörigen Festsaal auf Dauer als Versammlungs- und Begegnungsstätte zu erhalten. Schließlich sei das Hähnche „ein wichtiger sozialer Treffpunkt in Brück“, heißt es. Was der Gürzenich für die Stadt, ist das Traditions-Brauhaus für Brück.
„Wir haben den Ball bislang etwas flach gehalten und den Ärger in der Bürgerschaft über ein mögliches Aus des Brauhauses etwas abgekühlt“, sagen die beiden Sprecher der Initiative, Heinz Dieter Richmann, Vorsitzender der Brücker Bürgergemeinschaft, und Michael Schenker vom Karnevalsverein Funken Blau-Weiss Feinripp. „Aber trotz Zusagen, dass die Bürger an den Plänen und Ideen für die künftige Nutzung beteiligt werden, haben wir seit Monaten nichts mehr von den neuen Besitzern gehört.“ Deshalb hatte man den Vinzentinerinnen schon vor Wochen noch einmal schriftlich das Anliegen der Verein vorgetragen und Unterstützung bei der Projektplanung und Umsetzung angeboten.
Das St. Vinzenzhaus und seine Hilfen
Die Vinzentinerinnen Köln GmbH ist Trägerin von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Behindertenhilfe und der Altenhilfe. Das seit dem Jahr 1898 an der Olpener Straße gegenüber der Hubertuskirche gelegene St. Vinzenzhaus versteht sich als Bestandteil der Katholischen Kirchengemeinde. Das Haus ist ansprechend wohnlich gestaltet und hat einen Garten mit Kinderspielplatz. Derzeit leben dort 110 Senioren, 90 in stationärer Pflege, 20 in einer Hausgemeinschaft für Menschen mit Demenz. Hinzu kommen 14 Plätze in der Tagespflege sowie elf Wohneinheiten im Bereich „betreutes Wohnen“.
Vom Vinzenzhaus aus werden außerdem knapp 80 Familien von Demenzkranken von 90 ehrenamtlichen Helfern betreut, 20 weitere Ehrenamtler kümmern sich im Projekt „Kleinod“, einem ambulanten Hospiz-Dienst, um 30 Menschen, die im Sterben liegen. (NR)
„Auf dieses Angebot der Brücker wollen wir auch zurückkommen“, sagt Schwester Christine Eger als Oberin des in Nippes ansässigen Provinzialrats der Vinzentinerinnen, die sich seit 120 Jahren in Brück engagieren, auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man sei aber noch nicht so weit. „Wir sind noch nicht in der Planung. Im Moment können wir keine zielführenden Planungen machen“, sagt Eger. „Wir wissen aber auch, dass das Hähnche den Brückern am Herzen liegt. Und bis Ende 2019 geht erst einmal alles weiter wie bisher.“
Auch die Stadtverwaltung hält sich weiterhin raus. Anfragen aus der Kalker Bezirksvertretung über eine mögliche künftige Nutzung des Brauhaus-Ensembles wurden bislang gar nicht oder nur knapp und unzureichend beantwortet. „Da hat sich die Verwaltung wieder einmal wenig Mühe gemacht“, sagte Bezirksbürgermeister Marco Pagano. Von Seiten der Verwaltung gibt es bislang offiziell nicht einmal eine Aussage zum neuen Eigentümer. Doch da die an das Altenheim angrenzende Immobilie vom Vorbesitzer Hans Bliersbach zum Kauf angeboten worden war, hätten die Vinzentinerinnen, so Heimleiter Andreas Maurer, zugegriffen, da das eigene Grundstück „baurechtlich völlig ausgereizt“ sei.
Den Vinzentinerinnen gehe es mit der Übernahme des Grundstückes auch darum, die Angebote des St. Vinzenzhauses weiterzuentwickeln. So könne man sich einen neuen Baukörper in L-Form auf dem bisherigen Parkplatz im Innenhof und hinter der Scheune vorstellen. „Wir werden kein weiteres Altenheim aufmachen, sondern möglicherweise einige Teile unseres Angebots, beispielsweise das betreute Wohnen, dorthin verlagern“, sagt Stephanie Schuster, die Geschäftsführerin der Vinzentinerinnen Köln GmbH.
Um Zeit für die Erarbeitung eines genauen Konzepts für das historische Gebäudeensemble zu gewinnen, haben die Vinzentinerinnen den Pachtvertrag von Gastronom Josef Reyes für das Hähnche bis Ende 2019 verlängert. Mindestens so lange will Gastwirt Reyes das Brauhaus auch weiterführen. „Das bin ich meinen Kunden und den Brückern schuldig. Wenn ich jetzt da rausginge, wäre es mit der jahrhundertealten Gaststättenherrlichkeit vorbei. „Wie es weiter geht, ist ungewiss. Abgebrochen werden kann das Brauhaus nicht, da die Gebäudeteile mit Fachwerk und Schieferfassaden weitgehend unter Denkmalschutz stehen.
Die Geschichte des Brauhauses Em Hähnche
Die Geschichte des Brauhauses geht zurück ins Jahr 1725, als der Wirt Malmede an der Stelle an der damaligen Cöln-Olpener-Provinzialstraße eine fränkische Hofanlage mit der Gaststätte „Zum weißen Pferdchen“ eröffnete. Da machten auch die Pferdekutscher auf dem Weg zwischen Köln und dem Bergischen Land Rast. „Von dort kamen Holz, Steine und Werkzeuge“, erzählt Historiker Fritz Bilz auf seinen Führungen. „Die Kölner lieferten Stoffe, Töpfe, Wein und Parfüm.“ Seit dem Jahr 1885 gehört das Gasthaus der Familie Bliersbach, erst Mitte der 1930er Jahre erhielt die Restauration Bliersbach den heutigen Namen „Em Hähnche“.
Weil Gastwirt Theodor Bliersbach – der Vater des vorherigen Eigentümers – das Grundstück für den Kirchen-Neubau von St. Hubertus gestiftet hatte, erhielt er als Dank den goldenen Kirchenhahn, der seitdem das Dach des Brauhauses ziert. (NR)
In allen Teilen des historischen Komplexes, der schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Gaststätte und außerdem als Umspannstation für Pferdefuhrwerke auf dem Weg zwischen Köln und dem Bergischen Land genutzt wurde, sind Sanierungen erforderlich. „In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist nur sehr wenig gemacht worden“, berichtet Reyes. „Am ländlich-rustikalen Charakter des Hauses darf man aber nicht drehen, sonst geht der Charme verloren.“