Kyungwan Kim von der Sporthochschule betonte, wie wichtig Reaktionsfähigkeit und Wahrnehmung im Straßenverkehr sind.
Workshop von Polizei und SporthochschuleKölner Senioren wappnen sich für Herausforderungen im Straßenverkehr
„Oh, den hätte ich jetzt erwischt“, sagt eine ältere Frau. Sie trägt eine VR-Brille und hat gerade aus der Perspektive einer Autofahrerin miterlebt, wie schlecht Menschen ohne reflektierende Kleidung in der Dunkelheit zu sehen sind. Das Video bricht kurz vor der Kollision des Wagens mit einem Fahrradfahrer ab.
Typische Gefahrensituationen im Straßenverkehr standen jetzt für 16 Menschen zwischen 63 und 89 Jahren auf der Kalker Polizeiwache im Vordergrund. Bei einem Verkehrssicherheits-Workshop der Kölner Polizei in Kooperation mit der Deutschen Sporthochschule durften die Seniorinnen und Senioren ihre Fähigkeiten sowohl in Fragerunden als auch in praktischen Übungen testen.
Über die Hälfte der tödlich Verunglückten ist 65 und älter
„Unser Ziel ist es, dass sie möglichst fit und lange am Straßenverkehr teilnehmen können“, kündigt Polizeihauptkommissarin Yvonne Habernickel zu Beginn des Workshops an. Der Anlass für die Veranstaltung ist indes ein trauriger. Nach Angaben der Kölner Polizei waren im vergangenen Jahr 14 von 25 tödlich verunglückten Menschen im Straßenverkehr in den Städten Köln und Leverkusen 65 Jahre und älter. Ein Jahr zuvor waren es noch 16 tödlich Verunglückte – davon zehn 65 und älter.
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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen sich aus unterschiedlichen Gründen über die Gefahren im Straßenverkehr informieren. Friedhelm (70) sagt: „Es gibt viele Situationen, wo man denkt, die habe ich im Griff – hat man aber nicht.“ Ihn hat auch der schwere Unfall auf der Luxemburger Straße vor zwei Wochen nachdenklich gemacht. Ein LKW erfasste beim Rechtsabbiegen einen fünfjährigen Jungen: „Ich wohne da um die Ecke. Da wird einem die eigene Verletzlichkeit bewusst.“
Ein Gefühl für die eigenen Fähigkeiten zu bekommen, ist Hildegard (72) am wichtigsten: „Ich finde es spannend, herausfinden, was andere im Alter noch hinkriegen. Und selber zu sehen, was kann ich, was muss ich üben.“
Teilnahme am Straßenverkehr erfordert viele Fähigkeiten
Kyungwan Kim vom Institut für Bewegungs- und Sportgerontologie der Deutschen Sporthochschule Köln stellt in seinem Vortrag klar, wie wichtig die Reaktions- und Wahrnehmungsfähigkeit für die Teilnahme im Straßenverkehr seien. Auch die sogenannte Reaktionshemmung spiele eine große Rolle. In Bezug auf den Straßenverkehr versteht man darunter die Fähigkeit, bereits getroffene Entscheidungen wieder rückgängig zu machen. Wenn man die Straße bereits betreten hat und plötzlich ein Pkw heranrauscht, ist schnelles Handeln gefragt.
Wie schwierig die Reaktionshemmung sein kann, zeigt eine Übung, bei der eine Teilnehmerin auf einem Tablet Symbole in Rot, Blau und Grün beim Auftauchen auf dem Bildschirm so schnell wie möglich anklicken muss. Erscheint indes ein schwarzes Symbol, darf sie den Monitor nicht berühren. „Das fällt Ihnen schwerer, da sie es ja gewohnt sind, zu klicken“, sagt Kim.
Im zweiten Teil des Workshops fragt Polizeihauptkommissarin Yvonne Habernickel die Bedeutung verschiedener Verkehrszeichen ab. Zudem geht es um den Unterschied zwischen einem Zebrastreifen und einer Querungshilfe. Die 16 Teilnehmer liegen beim Großteil der Fragen richtig. Allerdings können die meisten von ihnen nicht richtig beantworten, wieviel Prozent der über 60-Jährigen schätzungsweise an Schlafstörungen leiden.
Tatsächlich betrifft das Problem etwa 50 Prozent der Menschen in dieser Altersspanne. Habernickel macht deutlich, dass Schlafstörungen nicht nur bei Autofahrern, sondern auch bei Fußgängern und Radfahrern ein ernstzunehmendes Problem darstellen: „Wenn sie übermüdet sind, dann überlegen Sie sich, ob sie jetzt wirklich sofort einkaufen gehen müssen“, sagt Habernickel. Wer erschöpft sei, könne beispielsweise das Rotlicht einer Ampel schlechter wahrnehmen.
Im Anschluss erklärt Nicole Sutschet, Verkehrssicherheitsberaterin der Kölner Polizei, wie wichtig an der Kleidung angebrachte Reflektoren sind, um in der Dunkelheit gesehen werden zu können: „Es reicht nicht aus, nur helle Kleidung zu tragen“, warnt Sutschet – gerade in den dunklen Wintermonaten.
Am Ende des Workshops erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch reflektierende Armbänder von der Kölner Polizei, die sie sich direkt pflichtbewusst umbinden. Denn in Kalk dämmert es bereits.