Die Haushaltskrise in Berlin führt zum symbolischen Aus des Jugendbüros in Kalk nach 26 Jahren. Die Betroffenen sind empört.
Kalker Jugendbüro vor dem Aus„Wir haben die Mietverträge noch nicht gekündigt, aber drei Arbeitsverträge“
Gründer, Mitarbeiterinnen und Jugendliche ließen schwarze Luftballons in den Himmel steigen, sie verrammelten die Tür mit rot-weißem Band und hängten das Schild „Wegen Haushaltskrise geschlossen“ daran auf. Denn das Urteil des Verfassungsgerichts zur Verwendung der Pandemie-Mittel hatte zur Haushaltssperre und damit zum Aus nach 26 Jahren für das Jugendbüro Kalk geführt: „Hier wird definitiv am falschen Ende gespart“, sagte Mitbegründerin Hannelore Bartscherer, frühere Vorsitzende des Katholikenausschusses, verärgert.
Georg Spitzley, Geschäftsführer der Katholischen Jugendagentur Köln (KJA), der Trägerin der Einrichtung, ging die Verantwortlichen hart an: „Im Sinne der Jugendlichen fühlen wir uns von der Politik und im Speziellen von der Bundesregierung im Stich gelassen.“ So jedenfalls sah es Ende vergangener Woche aus. Inzwischen deutet sich an, dass die symbolische Schließung der Räumlichkeiten an der Martha-Mense-Straße doch wieder zurückgenommen werden könnte.
Keine Zusage für Finanzierung bei Kölner Jugendbüro
Denn am Wochenende hob Finanzminister Christian Lindner nach der Einigung der Ampelkoalitionäre über Einsparmaßnahmen die Haushaltssperre wieder auf. Das Geld könnte also wieder fließen, doch Andreas Hildebrand versagt sich jeden Optimismus. „Es gibt kein Definitiv, alle Signale haben nur eine kurze Halbwertzeit“, meint der Fachbereichsleiter Jugendsozialarbeit bei der KJA.
Ohnehin erhalten die zwölf Kölner Jugendbüros vom Jobcenter stets nur eine Finanzierungszusage für ein Jahr, die muss im Herbst regelmäßig erneuert werden. Diesmal kam sie nicht: Aufgrund der Haushaltsprobleme in Berlin war zunächst von Kürzungen bei der Bundesagentur für Arbeit die Rede, dann hieß es, die Ampel werde die soziale Infrastruktur nicht antasten, es folgte die Haushaltssperre und in Köln sollten sechs Jugendbüros geschlossen werden. Die übrigen mussten mit Kürzungen rechnen. Ein Hin und Her, das Träger und Mitarbeiter zermürbte. „Wir haben die Mietverträge für die Räumlichkeiten an der Martha-Mense-Straße noch nicht gekündigt, aber die Arbeitsverträge von drei der fünf Mitarbeiterinnen“, erzählt Hildebrand.
Kalker Jugendbüro hat drei Mitarbeiterinnen kündigen müssen
Dabei handele es ich um einen äußerst sensiblen Bereich, denn das Jugendbüro ist eine Anlaufstelle für junge Leute, die „durch alle sozialen Raster“ gefallen sind, wie er sagt. Sie werden hier an die Arbeitswelt herangeführt und in Jobs, Ausbildung, Praktika, Schule oder Studium vermittelt. „Das geht nur in Eins-zu-Eins-Situationen, dafür muss viel Vertrauen aufgebaut werden.“
Pro Jahr erreiche das Kalker Jugendbüro mehr als 100 Jugendliche, die Erfolgsquote liege bei 65 Prozent. „Das ist enorm hoch und zeigt, dass die Mitarbeiterinnen mit Herzblut bei der Sache sind.“ Oder waren – denn Hildebrand ist nicht sicher, ob die drei Gekündigten im Falle eines Falles noch große Lust haben, in das Jugendbüro mit seiner wackeligen Jahr-für-Jahr-Finanzierung zurückzukehren. „Gerade im Moment ist es auch nicht leicht, qualifizierte neue Leute zu finden.“