AboAbonnieren

Betroffene schlagen AlarmJugendbüro am Kölnberg in Meschenich steht vor dem Aus

Lesezeit 3 Minuten
Ein Hochhaus

Der Kölnberg in Meschenich

Die Kinder- und Jugendarbeit am Kölnberg in Meschenich ist von Streichungen im Bundeshaushalt betroffen. Angebote stehen zum Jahresende auf der Kippe.

Ashtar Orak (Name von der Redaktion geändert) kommt zweimal die Woche in das Jugendbüro am Kölnberg. Die 22-Jährige kam vor drei Jahren aus dem Irak, absolvierte ihren Deutschtest. Jetzt ist sie auf Arbeitssuche, möchte im Kindergarten als Alltagsbegleiterin arbeiten, später eine Ausbildung absolvieren. Geholfen hat ihr auf dem Weg Gernot Schroer vom Caritas Jugendbüro für Arbeit & Beruf. Die Caritas ist einer der Träger, der insgesamt zwölf Jugendbüros im Stadtgebiet, die im Auftrag des Jobcenters vor Ort Hilfe leisten.

Eine Arbeit, die zum Jahresende auf sehr wackeligen Füßen steht. „Es würde mich extrem ärgern, wenn wir die Jugendbüros nicht mehr hätten“, sagt Martina Würker. Als Geschäftsführerin des Jobcenters ist sie von den Sparmaßnahmen im Bundeshaushalt betroffen, die sich auf Köln auswirken. Das Jobcenter Köln erwartet für 2024 Kürzungen der Haushaltsmittel von rund 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Neben Meschenich könnten weitere fünf Jugendbüros geschlossen, Angebote drastisch eingekürzt werden. Damit fielen alleine in Meschenich sechs Stellen weg.

Junge Erwachsene werden bei der Jobsuche unterstützt

Das Jugendbüro betreut jährlich rund 30 junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren. „Die Integrationshilfe war vom Jobcenter explizit zur Entlastung gewünscht“, sagt Schroer, der seit 2018 als pädagogische Hilfskraft junge Erwachsene bei der Suche nach einer Ausbildung, Arbeit oder einem Platz in einer Schule unterstützt. Zwei Termine pro Woche sind für die Teilnehmenden Pflicht, um Interessen zu eruieren, Bewerbungsschreiben aufzusetzen, Betriebe zu besuchen, ein Einstellungstraining zu üben. Maximal ein Jahr widmen sich zwei Mitarbeiter dieser Aufgabe, dann müssen die Teilnehmer Fuß gefasst haben. „Wir leisten hier Hilfe zur Selbsthilfe.“ Ob Ashtar Orak es ohne Begleitung geschafft hätte? Schroer wagt es zu bezweifeln.

Es ist ein gut verzahntes Netzwerk in Meschenich, das vor Ort von vielen Institutionen aufgebaut wurde. Ein Bausteinsystem, das droht, zusammenzubrechen, wenn ein Stein verloren geht. Neben der Caritas hilft vor Ort unter anderem die AWO Streetwork Rodenkirchen und die Jugendhilfe mit 3,5 Mitarbeitenden. Seit 2019 hat die Jugendhilfe durch das Jobcenter das niederschwellige Angebot „Du entscheidest!“ im Programm. Es richtet sich an benachteiligte junge Menschen, deren Lebenssituation oft durch psychosoziale Problemlagen gekennzeichnet ist. In vier Jahren konnte 700 Teilnehmenden geholfen werden, eine Perspektive zu entwickeln oder eine Ausbildung zu finden.

Individuelle Betreuung in Meschenich kann nicht aufgefangen werden

Fällt die Unterstützung weg, muss die Arbeit anderweitig aufgefangen werden. Azbiye Kokol, die das Kinder- und Jugendzentrum leitet, befürchtet, dass es ihre Einrichtung treffen könnte. „Wir sind jetzt bereits am Limit. Hier geht es um hunderte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die diese Hilfen benötigen.“ Individuelle Aufgaben des Jugendbüros kann ihre Einrichtung nicht leisten.

Die Klientel am Kölnberg sind durchaus Jugendliche mit Schwierigkeiten. „Es ist klar, dass wir nicht alle auffangen können, aber belegbar sind 50 Prozent in die Gesellschaft und damit in die Wirtschaft integriert.“ Was Kokol ärgert, ist die fehlende Auseinandersetzung mit einzelnen Fördermaßnahmen. „Es ist fürchterlich, einfach linear Mittel zu streichen, anstatt punktuell nachzuschauen.“ Gerade erst wurden Gelder für 35 Kinder in Armut in der Übermittagsbetreuung gestrichen. Betroffen sind dabei nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch immer Arbeitsplätze.

Für die Sozialarbeiter vor Ort gehen mit der Streichung der Fördermittel vor allem aufgebaute Beziehungen und damit Jugendliche verloren. „Ein Großteil unserer Klientel wird erst durch unsere Arbeit in unsere Welt integriert. Das wird uns irgendwann auf die Füße fallen“, so Kokol. Am 2. Februar 2024 wird in der Bundesratssitzung neu verhandelt. Für Würker vom Jobcenter sind die Würfel noch nicht final gefallen. „Wir sind da noch dran.“