Praktisch in letzter Minute verhinderte ein Kalker Paar, dass ein Halsbandsittich-Weibchen in der Fassade eingeschlossen wurde.
Dramatische Vogel-RettungNistplätze in Kölner Häuserfassaden – Halsbandsittiche kämpfen um ihr Zuhause
Das schwarze Loch unter der Dachrinne färbt sich plötzlich grün. Zunächst halten Helga und Detlef Schmidt das für ein Trugbild, gespeist aus ihrer Erinnerung. „Die Halsbandsittiche haben das Nest eigentlich schon vor Tagen verlassen“, sagt Helga Schmidt. Aber dann ragt tatsächlich ein Vogelkopf heraus und das Vogelweibchen quetscht sich durch die Öffnung heraus. Es ist eine längere Prozedur. Das Loch ist eng, seitdem Bauarbeiter versuchten, es mit Styropor zu verschließen.
Darüber ärgerten sich die Schmidts sehr. Sie wohnen in der Dachgeschosswohnung gegenüber dem Gebäude an der Corkstraße 22, in dessen Fassade ein Halsbandsittich-Paar brütete – und hatten Freundschaft mit den Vögeln geschlossen.
Sie begann, als die Sittiche auf ihrem Dachsims turtelten. Ihre menschlichen Beobachter verliebten sich gleich mit und fütterten das Vogelpaar mit Weintrauben. Dann begannen die beiden in einem Loch in der der Häuserwand gegenüber zu nisten – bis eines Tages Bauarbeiter anrückten. „Sie parkten mit einem großen Fahrzeug mit Hebebühne hier auf unserem Grundstück“, erzählt Detlef Schmidt, fuhren im Korb herauf und verschlossen das Loch mit Styropor, als das Weibchen sich im Nest befand.
Bauarbeiter wollten Nest verschließen
Die Schmidts schritten ein: „Ich habe den Arbeitern gesagt, dass dort die Halsbandsittiche brüten und sie das Loch deswegen nicht verschließen dürfen. Sie meinten aber, darin seien keine Vögel und machten weiter.“ Er versuchte es anders: „Ich wies sie darauf hin, dass sie mit ihrem Gefährt auf unserem Grundstück parken, so Schmidt, dass sie Hausfriedensbruch begehen und ich nun die Polizei rufe.“ Daraufhin zogen die Arbeiter ab.
Doch das Nest war bereits halb verschlossen. Das Männchen fiepte und versuchte, das Weibchen darin zu befreien, schildern die Schmidts. Es gelang dem Männchen, das Styropor so weit wegzupicken, dass sich das Weibchen herausquetschen konnte. Ob sich im Nest Eier oder Jungtiere befinden, wissen die beiden nicht. Das Sittich-Paar war nach der Rettungsaktion zunächst verschwunden – und ist jetzt offensichtlich wieder da.
Köln: Immer wieder Meldungen über Halsbandsittiche in Fassaden-Löchern
Die dramatische Vogelgeschichte, die Helga und Detlef Schmidt erzählen, ist allerdings kein Einzelfall in Köln: „Es gehen immer wieder Meldungen bei uns ein, dass Halsbandsittiche in Fassaden-Löchern brüten und diese geschlossen werden“, sagt Jana Romero vom Naturschutzbund (Nabu) Köln. „In den letzten Wochen haben wir drei Stück erhalten, beispielsweise auch aus Lindenthal.“
Romero schildert, dass die Sittiche selbst die Fassaden nicht zuerst beschädigen: „Sie haben einen gebogenen Papageienschnabel und können das gar nicht“, sagt sie. Spechte leisteten die Vorarbeit. „Die wärmegedämmten Fassaden sind für sie gute Klangkörper“, so Romero. „Sie hacken ein Loch hinein, welches die Sittiche dann vergrößern, sodass sie dort ihr Nest bauen können.“ Leider würden sie dabei das Dämmmaterial hinauswerfen und Gänge in die Dämmung bauen.
Wenn Tiere brüten, darf das Loch nicht verschlossen werden
Das sei für die Hauseigentümer ärgerlich. Dennoch: Wenn erst einmal Sittiche oder andere Tiere in dem Loch brüten, dürfen die Hauseigentümer oder Verwalter es nicht verschließen. „Das ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz verboten“, betont Romero. Die eingemauerten Tiere würden dahinter verhungern. Erst, wenn die Sittiche wieder ausgezogen seien, könnte das Loch zugemacht werden.
„Allerdings müssen die Eigentümer vorher sicher gehen, dass kein Nachmieter darin nistet“, so Romero. Fledermäuse oder kleinere Vögel würden oft nach den Sittichen einziehen.
Was können Hauseigentümer also tun? Romero empfiehlt beispielsweise, Brutkästen für die Sittiche aufzuhängen, um zu verhindern, dass sie sich weiter an der Fassade zu schaffen machen. Gut sei es auch, gleich die Spechte fernzuhalten, beispielsweise indem die Hausbewohner Specht-Attrappen anbringen, denn die Tiere sind Einzelgänger und mögen keine Gesellschaft. Auch farbige Flatterbänder können sie abschrecken.
Das Sittich-Paar in der Corkstraße wird dort nun wohl jedenfalls erst einmal zu Ende brüten. Danach können die Hauseigentümer verhindern, dass sie wieder kommen.