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„Der Respekt fehlt“Bürgermeister in Köln-Kalk will nicht mehr kandidieren

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Marco Pagano (1)

Marco Pagano will nicht mehr kandidieren.

Köln-Kalk – Politischer Paukenschlag im Kalker Stadtbezirk: Gut zwei Jahre vor der nächsten Kommunalwahl kündigt Bezirksbürgermeister Marco Pagano an, dass er für dieses Ehrenamt nicht erneut kandidieren wolle. Um einen möglichen Sitz im Kölner Stadtrat will er sich ebenfalls nicht bewerben. Stattdessen will sich Pagano nach elf Jahren Arbeit in der Bezirksvertretung ganz aus der Politik zurückziehen.

Herr Pagano, was ist passiert? Wie kommt es zu dieser überraschenden Entscheidung?

Das ist jetzt kein Schnellschuss. Ich habe in den vergangenen neun Monaten sehr intensiv meine persönliche politische Zukunft durchdacht und mit meiner Familie alle Möglichkeiten besprochen. Im Grunde passt mir schon länger einiges nicht mehr in den Kram. Ich bin unter anderem unzufrieden damit, dass meine Arbeit und die meiner Kollegen – zumindest gefühlt – oft „für die Tonne“ ist, weil vieles bei der Verwaltung nicht ankommt, nicht umgesetzt oder schlichtweg ignoriert wird.

Das kann man keinem mehr erklären. Nicht einmal mir selbst konnte ich das noch schönreden, auch wenn ich selbst nicht die Verantwortung dafür trage. Bis zur Kommunalwahl 2020 habe ich elf Jahre in der Bezirksvertretung gesessen – immerhin ein kölsches Jubiläum. Ich bin seit einigen Monaten davon überzeugt, dass es nun reicht. Ich freue mich auf mehr Zeit für die Familie und darauf, mehr Zeit in die Musik zu investieren.

Da hört man schon viel Frust raus.

So ist es auch. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob das politische Ehrenamt den ganzen Aufwand noch wert ist. Für mich hat es ist nicht mehr den Wert. Leider hat in dieser Zeit, trotz großer Bemühungen die Lobby und Unterstützung für das Rechtsrheinische Köln und den Bezirk Kalk gefehlt. Oft fehlte mir auch der Respekt gegenüber der ehrenamtlichen Politik, ob in der Verwaltung oder – so ehrlich muss man da auch mal sein – auch bei vielen Menschen in den Veedeln.

Das klingt wenig ermutigend für Ihre Kollegen in der SPD sowie in den anderen Fraktionen der Bezirksvertretung.

Diejenigen, die es bereits wissen haben teils mit Betroffenheit, teils mit Verständnis reagiert. Das Amt macht ja eigentlich auch Spaß, aber ich habe mehr und mehr das Gefühl, von Stadtrat und Verwaltung nicht richtig ernst genommen zu werden. Überall wird vom „Stärken der Bezirke“ geredet, das wird aber nicht umgesetzt. Da fühle ich mich auf den Arm genommen. Aktuell sollten wir zur geplanten Priorisierung von Straßenbaumaßnahmen im Schnellverfahren zehn Projekte benennen, obwohl überhaupt nicht klar ist, ob die tatsächlich umgesetzt werden. Die Rösrather Straße, für deren Umgestaltung wir uns schon seit vielen Jahren einsetzen, ist da nicht einmal vorgesehen. So kann es doch nicht gehen. Wir haben Beschlüsse, die liegen seit 15 Jahren auf den Tischen der Verwaltung und nichts ist passiert.

Und nun resignieren Sie?

Auch ein wenig. Es gibt nicht den einen Grund, warum ich mich aus der Politik zurückziehen will, sondern eine Vielzahl von für mich wichtigen Faktoren und über allem steht die Frage: Bin ich glücklich? Das bin ich derzeit nicht. 14 Jahre war ich sehr engagiert in der Kölner SPD und meiner Heimatstadt unterwegs und habe diverse Ämter und Positionen bekleidet. Ich war ein Jahrzehnt Vorsitzender meines früheren Ortsvereins Brück/Neubrück und sechs Jahre Vorsitzender des Stadtbezirks Kalk. Seit 2015 sitze ich im Vorstand der Kölner SPD. Mit der Kommunalwahl 2009 bin ich in die Bezirksvertretung gewählt worden, war zunächst stellvertretender Fraktionsvorsitzender, danach Fraktionsvorsitzender. Als Markus Thiele Anfang 2017 als Bezirksbürgermeister ausschied, habe ich dieses Amt und diese Aufgabe bis zum Ende dieser Wahlperiode übernommen.

Das waren sicher sehr intensive Jahre.

Richtig. Mir war es immer wichtig, mich „zu kümmern“. Ich habe wesentliche Themen angestoßen und dafür gekämpft, dass wir das Leben der Menschen in den Veedeln besser machen. Oft hatten wir dabei Erfolg. Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt und mit Ihnen zusammengearbeitet und eine schöne Zeit gehabt.

Können Sie ein paar Beispiele nennen?

Da sind die Hallen Kalk, die wir vor dem Abbruch gerettet haben Da ist die Entwicklung der Freiwilligen Feuerwehr in Brück, die von der CDU an den Rand des Stadtteils gedrängt werden sollte. Auf unseren Druck hin hat die Stadt deren Domizil angekauft und erheblich erweitert. Auch werden drei Stadtteile einen Kunstrasenplatz erhalten: Merheim, Brück und Rath-Heumar. Damit soll es nächstes Jahr los gehen. Aber unterm Strich ist das zu wenig. Die zurückliegenden Jahre waren eine anstrengende Phase, die oft an die Substanz ging. Es gab Entbehrungen und manchmal war es für mich auch eine einsame Zeit, wenn ich mich alleine um Themen kümmern musste und/oder die Unterstützung fehlte. Daher habe ich überlegt, ob mich dieses Engagement weiterhin ausfüllt, ob es mich glücklich macht und ob ich bereit bin, mich noch einmal fünf Jahre an eine solche Aufgabe zu binden. Ergebnis: Das bin ich nicht.

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Wo sehen Sie denn künftig Ihre Prioritäten?

Mir ist mein Privatleben wichtig und ich möchte mehr Zeit mit meiner Frau und meinen beiden Kindern verbringen als jetzt. Ich war als Bezirksbürgermeister schon sehr konsequent und habe mehr Zeit zu Hause als auf Terminen verbracht und habe den Kollegen gezeigt, wie das funktionieren kann. Das reicht mir nicht mehr. Ich möchte mein Leben wieder selbst bestimmen und im persönlichen Alltag nicht mehr von unzähligen Gremien- oder weiteren Pflichtterminen abhängig sein und mich danach richten müssen. In den vergangenen Monaten habe ich wieder deutlich mehr Zeit für meine große Leidenschaft aufgebracht, die Musik. Das Spielen mit meiner Band ist in den vergangenen 14 Jahren oft zu kurz gekommen. In meinem zweiten Leben spiele ich ja seit fast 20 Jahren mit alten Kumpels in einer Band. Als „The Furry Fruit“ machen wir Rock- und Popmusik, mit eigenen Stücken.

Sind Sie denn am nächsten Wochenende beim Musikfest in Rath-Heumar mit dabei?

Dafür hat es leider nicht mehr gereicht. Wir haben zwar noch bei den Organisatoren angefragt, aber da war das Programm schon voll. Ich trete mit meiner Band aber beim Kalk-Fest, am 7. Juli, auf.

Aber danach sind Sie noch zwei Jahre im Amt.

Und das ist mir auch wichtig. In dieser Zeit habe ich einiges vor und werde mich um ein paar Themen besonders kümmern. Etwa die Entwicklung der Hallen Kalk und die Fortführung des Wohndialogs Neubrück. Knackpunkte bleiben die Entwicklung des Veedelkerns in Rath-Heumar, die wir bereits vor vier Jahren mit vielen interessierten Bürgern angestoßen haben und bei der ich jegliche Umsetzung vermisse.

Ebenso beim Ausbau des Busverkehrs im rechtsrheinischen Köln. Da haben wir mit den Linken und der FDP wichtige Entscheidungen auf den Weg gebracht. Leider haben Verwaltung und die Kölner Verkehrs-Betriebe bisher kein bisschen davon umgesetzt. Ich möchte bis 2020 in dieser Frage ein unbequemer Zeitgenosse sein und für eine Umsetzung unserer Pläne kämpfen. Schließlich will ich meiner Partei bis zur Kommunalwahl 2020 als motivierter und streitbarer Berater zur Seite stehen. Mit dem Stadtbezirksvorsitzenden Christian Robyns werde ich den Prozess zur Aufstellung der Kandidaten im Kalker Bezirk leiten und meine Nachfolge regeln.

Zur Person

Marco Pagano (38) wurde im evangelischen Krankenhaus Kalk geboren. Die Eltern hatten in Refrath ein Restaurant. Dort ist er auch zur Schule gegangen. Pagano ist verheiratet, hat zwei Kinder (sechs und neun Jahre) und wohnt in Rath-Heumar.

Beruflich ist der diplomierte Informationswirt bei den Abfallwirtschaftsbetrieben der Stadt Köln im Vertrieb tätig.