Kalker NordenEin Kölner Hausmeister sorgt im Veedel für Ordnung
Kalk – Es gab mal eine Zeit, da hingen hier Reifen und Stühle in den Bäumen, und das ist noch gar nicht so lange her.
Der Breuerpark – so die inoffizielle Bezeichnung für die kleine Grünfläche zwischen Steprathstraße und Breuerstraße – sei damals noch ein echter Angstraum gewesen, berichtet Andreas Breil: „Die Äste hingen bis auf den Boden, überall lag Müll herum, auf den Parkplätzen standen Autoleichen, die Büsche waren so dicht, dass man keinen Überblick hatte.“
Einige Treffen mit Politikern und Vertretern der Fachämter waren notwendig, damit sich die Lage besserte. Noch sei einiges zu tun, meint Breil: „Aber das geht nur Schritt für Schritt.“
Unterwegs seit 2012
Schritt für Schritt ist das Mantra des Mannes, der seit dem 1. März 2012 als Veedelshausmeister regelmäßig auf Rundgängen durch Kalk Nord unterwegs ist. Zum Breuerpark etwa fällt ihm gleich eine Menge ein. Die Sandkästen im Spielbereich zum Beispiel hätten eine Einfassung aus Stein, das sei doch viel zu gefährlich. Außerdem seien einige der Wege überflüssig, daraus könnte man Aufenthaltsflächen mit Sitzgelegenheiten machen.
Dann ist da noch die verwaiste Rampe auf der rückwärtigen Seite eines Supermarkts, der seit Jahren schon über einen anderen Eingang beliefert wird. „Die Rampe könnte man doch als Bühne nutzen, für Theatervorführungen oder Konzerte“, meint Breil. „Auch Veranstaltungen wie eine Tauschbörse könnte ich mir hier gut vorstellen.“ Immerhin hat die Kalker Bezirksvertretung erst kürzlich die Verwaltung beauftragt, den Breuerpark neu zu gestalten. Schon mal ein Fortschritt, da müsse man abwarten – Schritt für Schritt eben.
Sozialarbeiter, Streetworker, Handwerker
Impulse und Anregungen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort orientieren, gibt Andreas Breil an die Stadt oder an die Wohnungsbaugesellschaften weiter, das sieht er als wichtigen Teil seiner Arbeit an. Ansonsten: „Sozialarbeiter, Streetworker, Handwerker“ – er sei von allem etwas, beschreibt er den Job.
Breil hört sich die Klagen der Anwohner an, da geht es um zugemüllte Baumscheiben, schadhafte Gehwege oder widerrechtlich parkende Pkw. „Im ersten Jahr war Klinkenputzen angesagt, aber jetzt habe ich alle Telefonnummern und kenne die Ansprechpartner in der Verwaltung oder bei den Wohnungsbaugesellschaften“, sagt der gelernte Bauschlosser. „Alle sind hilfsbereit, aber natürlich kann nicht alles sofort erledigt werden, die haben ja auch anderes zu tun.“
Breil lobt vor allem das Engagement der Wohnungsbaugesellschaften in den vergangenen Jahren. „Nach dem Niedergang der Industrie blieb Kalk Nord erst mal sich selbst überlassen, lange Zeit wurde nicht in die Infrastruktur investiert“, erzählt der Veedelshausmeister, der hier seit 1972 lebt. „Die Straßen waren alle Grau in Grau, wirklich deprimierend.“
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In einem Innenhof zeigt er nun auf die erneuerten, hellen Fassaden der Vonovia-Gebäude an der einen Seite, während die GAG an der andern Seite gleich neue Wohnhäuser hochgezogen habe. „Die alten stammten noch aus den 1930er Jahren und waren völlig marode, mit Schimmel an den Wänden.“
Gegenüber habe die Stadt den Spielplatz an der Ecke Falcken-steinstraße und Remscheider Straße in Schuss gebracht und neue Klettergeräte aufgestellt. Kinder und Jugendliche aus dem Offenen Treff der Jugendeinrichtung Pavillon nebenan haben eine trostlose Wand mit bunten Graffiti verschönert, der ganze Platz wurde auf Breils Anregung hin mit einem Zaun eingefasst: „Das hält nicht nur die Hunde fern, es ist auch sicherer für die Kinder, weil sie nicht mehr auf die Straße laufen können.“ Zäune – eigentlich seien die ja nicht so toll, weil sie Barrieren aufrichten, überlegt der Mittfünfziger nachdenklich.
Aber manchmal sei ein Zaun dennoch die beste Lösung: „Auch einige Vorgärten mussten wir so schützen, weil da sonst Autos abgestellt werden.“
Idee eines Wochenmarktes
Recht zufrieden ist er mit dem zentralen Platz am Markt, der vor drei Jahren ebenfalls durch neues Spielgerät deutlich aufgewertet wurde. Auch hier wurden die üppigen Büsche kräftig ausgedünnt, für die Hochbeete konnte er Paten aus der Nachbarschaft gewinnen. Gemeinschaftliche Pflanzaktionen seien auch in anderen Straßen zum Renner geworden, dann gebe es Kaffee und Kuchen dazu.
„Man muss die Leute aus ihrer Anonymität herausholen, sie wollen ja miteinander reden“, sagt Breil. Auf dem Markt fänden deshalb zweimal im Jahr Nachbarschaftstreffen mit Flohmarkt – ohne Standgebühr – statt. „In diesem Jahr bremst uns natürlich Covid-19 aus.“
Auch einen Wochenmarkt sähe der Veedelshausmeister hier gerne, die Verwaltung zögere bislang noch. Oder ein paar Tische im Außenbereich der Bäckerei auf der anderen Seite, das wäre doch schick. Mal sehen was da geht, Schritt für Schritt eben.
Ehemaliger sozialer Brennpunkt
Als Kalk Nord wird das Quartier zwischen Kalker Hauptstraße, Kalk-Mülheimer Straße, der Grenze zu Buchforst und dem Bahndamm bezeichnet. Vor einigen Jahren hatten dort Vereine und Initiativen Alarm geschlagen, weil die Situation unhaltbar wurde: Die meisten Wohnungen waren in einem beklagenswerten Zustand, die öffentlichen Räume verwahrlost, es herrschte eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit und der Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund lag bei über 50 Prozent – was für erhebliche Spannungen sorgte.Eine Besserung trat erst ein, nachdem die Montagstiftung Urbane Räume mit Unterstützung der GAG, aber auch der Verwaltung ab 2009 konkret die Missstände und den Bedarf vor Ort erfasste sowie nach Wegen suchte, wie man das Quartier stabilisieren könnte. So schlossen sich 2011 die GAG Immobilien, Vonovia, Wohnungs- und Baugenossenschaft Mieterschutz, GWG und die Stadt zum Wohndialog Kalk Nord zusammen, um in enger Absprache Sanierungsprojekte auf die Schiene zu bringen. Und sie richteten die Stelle des Veedelshausmeisters ein, der als Vermittler dienen und auf die Probleme und Anliegen der Bewohner aufmerksam machen sollte. Träger ist seit 2014 der Verein Pavillon.Sein Büro hat Veedelshausmeister Andreas Breil beim Nachbarschaftstreff Remscheider Straße 32, dort finden dienstags von 10 bis 11 Uhr und donnerstags von 16 bis 17 Uhr Sprechstunden statt. Sein Diensthandy hat die Nummer 0170 221 87 57. Achtung: Trotz der Bezeichnung „Hausmeister“ ist Breil nicht für die Reparatur von Heizungen, Wasserhähnen oder Aufzügen zuständig. Auch Wohnungen kann er nicht vermitteln, dazu müssen sich Interessenten direkt an die Wohnungsbaugesellschaften wenden. (hwh)
Und trotz aller Verbesserungen in den vergangenen Jahren: Baustellen gebe es noch genug in Kalk Nord. In ganzen Straßenzügen herrsche noch das Grau in Grau vor, der Spielplatz Eythstraße sei noch nicht saniert und der Alkohol- und Drogenkonsum auf öffentlichen Plätzen nach wie vor ein Problem. Auch im Kleinen müsse immer wieder nachgeschraubt werden, müssten Hausbewohner ermuntert werden, die Grünflächen als Gärten zu nutzen oder den Müll konsequenter zu trennen.
Hin und wieder lässt Andreas Breil aber auch die Sorge erkennen, dass Kalk Nord, wo an allen Ecken gebaut wird, demnächst sogar zu attraktiv werden könnte. Etwa weil die alten, engen Wohnungen saniert oder durch neue, familienfreundliche, größere ersetzt werden. „Ich hoffe, dass es da nicht zu größeren Verdrängungen kommt. Wir haben jetzt schon Leute hier, denen Ehrenfeld zu teuer geworden ist.“