Das Gelände des Sankt Gereon ist eine friedliche Umgebung, doch Besucher können auch auf Grabsteine mit schauerlicher Inschrift stoßen.
Schock-Werners Adventskalender 20Der Kirchhof von Sankt Gereon in Köln-Merheim
Oasen-Orte in Köln? Gehen Sie doch mal zum Gelände um Sankt Gereon, schrieb Leserin Gabriele Coenes nach meinem Aufruf im „Stadt-Anzeiger“. „Na klar, gute Idee!“, dachte ich, und schon hatte ich im Kopf die romanische Basilika und ihre Umgebung hinter das 16. und 17. Türchen meines Adventskalenders gepackt. Doch dann ließ mich ein Hinweis in Frau Coenes‘ Mail stutzen: „… in einem 10.000 Quadratmeter großen Naturschutzbereich gelegen“. Wie das? Nun, Ortskundige und Mitglieder der Pfarreiengemeinschaft Brück/Merheim wissen natürlich längst Bescheid: Es geht um Sankt Gereon im Rechtsrheinischen.
Die Kirche am Von-Eltz-Platz und das erwähnte angrenzende Naturschutzgebiet liegen nur fünf Minuten Fußweg von der Haltestelle Merheim der KVB-Linie 1 entfernt. Der Bau stammt von 1820. Stadtbaumeister Johann Peter Weyer errichtete ihn anstelle einer 1818 abgebrochenen romanischen Kirche aus dem 11./12. Jahrhundert. Diese wiederum hatte einen fränkischen Vorgängerbau aus dem 7./8. Jahrhundert ersetzt.
Kölner Areal wurde früher als Friedhof genutzt
Besucherinnen und Besucher kommen also an einen uralten christlichen Siedlungsplatz. Die Kirche selbst vermittelt das vielleicht nicht so sehr. Seit ihrer Errichtung im klassizistischen Stil wurde so viel daran herumgefuhrwerkt, dass sie nach meinem Empfinden gar kein richtiges Gesicht mehr hat. Aber der seit Mitte des 19. Jahrhunderts mit Mauern aus Ziegelstein umfriedete Kirchhof, der wie das fränkische Gotteshaus schon für das 7./8. Jahrhundert nachgewiesen ist, hat zusammen mit Pfarrhaus, Pfarrhaustor und ehemaligem Küsterhaus in direkter Nachbarschaft wirklich eine besondere Ausstrahlung.
Das Areal wurde früher als Friedhof genutzt, wovon eine Reihe erhaltener Grabdenkmäler zeugt. Das auffälligste erinnert auf einer weißen Platte an den ehemaligen Merheimer Bürgermeister Balthasar Bensberg und seine Frau Elisabeth. Zeichen der ehelichen Verbindung sind zwei zart ineinander verschlungene Hände.
Grabstein mit schauerlicher Inschrift
Die ältesten Grabsteine stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Es lohnt sich, sie näher anzuschauen und die eine oder andere Inschrift zu entziffern. Man erkennt daran, wie sehr sich die Begriffe gewandelt haben, mit denen die Verstorbenen in Erinnerung bleiben sollten: Ehrbarkeit, Tugendhaftigkeit und soziales Prestige – ausgedrückt in Amtsbezeichnungen, Ordensnennungen und akademischen Graden.
Die Inschrift auf einem an der Hofmauer befestigten Grabstein wohl aus dem 18. Jahrhundert hat es mir besonders angetan: Im Junius – das Jahr konnte ich wegen der Verwitterung des Steins nicht näher ausmachen – sei Henricus Opladen „unter die Mörder geraten, und sie schlugen ihn tot“. Schauerlich, nicht wahr! Eine Moritat in Stein gemeißelt – und das an einem so friedlichen Ort.
Aufgezeichnet von Joachim Frank