In der Nähe des Tatorts nahm die Polizei einen Mann fest, der aber nicht der Schütze sein soll.
Schüsse in Köln-VingstArzthelferin hielt verletztes Opfer bei Bewusstsein – Täter weiter auf der Flucht
Arzthelferin Damla Geray hatte sich am Dienstag zu einem kurzen Mittagsschlaf hingelegt, als sie um 15.50 Uhr jäh geweckt wurde. Viermal habe es geknallt, erinnert sie sich im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Unten auf der Nobelstraße in Vingst, gleich vor ihrer Wohnung, waren Schüsse gefallen.
Damla Geray stand auf, schaute aus dem Fenster und sah einen blutenden Mann, der an seinem Auto stand, neben ihm seine Freundin, die um Hilfe schrie. Von dem Schützen keine Spur. „Ich dachte, ich muss jetzt einfach was tun“, erzählt Geray.
Köln: Arzthelferin leistete erste Hilfe am Tatort
Sie schnappte sich ein Handtuch und eine Flasche Wasser und rannte auf die Straße. Inzwischen lag der blutende Mann neben dem VW Golf auf dem Boden. „Seine Beine waren schwer verletzt. Ich habe seine Füße hochgelagert, ihm das kalte Wasser ins Gesicht gespritzt und wollte, dass er mit mir redet, damit er wach bleibt. Ich sagte zu ihm, alles sei gut, der Rettungswagen ist unterwegs.“
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Der Verletzte habe geantwortet: „Okay, okay, ich weiß Bescheid.“ Dann habe er seine Freundin weggeschickt: „Bitte, geh, geh!“ Die weinende Frau entfernte sich, kehrte aber bald wieder zurück. Der Mann habe den Kopf gehoben, seine schwer verletzten Beine gesehen und vor Schock geschrien, erzählt Geray.
Sie selbst habe Angst gehabt, gesteht sie. „Ich dachte: Was, wenn der Täter plötzlich zurückkommt? Mein Sohn sollte jeden Moment von der Schule nach Hause kommen.“ Aber der Schütze war längst über alle Berge. Zu Fuß soll er geflüchtet sein, nachdem er viermal durch das geschlossene Seitenfenster auf den 39-jährigen Golf-Fahrer hinter dem Steuer geschossen hatte.
Täter wartete offenbar seit 12 Uhr auf der Bank
Der 39-Jährige hatte gerade erst sein Auto in der Nobelstraße geparkt, als der Schütze gezielt auf den Wagen zugetreten war. Anwohner berichten, zuvor habe der Täter seelenruhig auf einer Bank gesessen. Offenbar hat er sein Opfer abgepasst. Zeugen sprechen von mehreren Stunden. Einer sagt, der Täter habe seit 12 Uhr auf der Bank gewartet. Die Polizei bestätigt entsprechende Zeugenaussagen auf Anfrage. Anwohner berichten, das Opfer wohne ganz in der Nähe des Tatortes und parke häufig seinen Wagen an der Nobelstraße. Der Täter scheint das gewusst zu haben.
Die Polizei leitete eine Großfahndung ein, suchte unter anderem mit einem Hubschrauber nach dem Flüchtigen. Aber vergeblich, der Schütze ist untergetaucht. Auch am Mittwochmittag war er noch nicht gefasst, die Fahndung läuft weiter. Weil der Schütze offenbar gezielt auf die Beine geschossen hatte, werde derzeit wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt und nicht wegen eines versuchten Tötungsdelikts, teilte die Polizei mit. In welcher Beziehung der Täter zu seinem Opfer steht und was sein Motiv war, ist noch nicht geklärt. Die Kripo hält einen Rockerbezug für möglich.
In der Nähe des Tatortes hatte die Polizei kurz nach der Tat einen Mann vorläufig festgenommen, der in einem Auto saß. Vermutet wird, dass auch er mit den Schüssen in Zusammenhang stehen könnte. Aber ob das stimmt und falls ja, in welcher Art – das ist derzeit noch unklar. Als Schütze komme er jedenfalls nicht infrage, hieß es.
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist das 39-jährige Opfer polizeibekannt. Der Mann soll im Dezember 2021 auf der Johann-Mayer-Straße in Kalk auf einen Kontrahenten eingestochen und auf einen zweiten geschossen haben. Seinerzeit soll es um Auseinandersetzungen im Drogenmilieu gegangen sein. Monate später habe der Mann wegen des versuchten Tötungsdelikts vor Gericht gestanden, das Urteil: vier Jahre Haft. Wie es heißt, befinde sich der 39-Jährige zurzeit im offenen Vollzug.