Köln – Der bundesweit als „Mietrebell“ bekannt gewordene Kölner Kalle Gerigk soll nicht länger im städtischen Amt für Wohnungswesen arbeiten dürfen.
Amtsleiter Josef Ludwig hat beim Personalamt der Stadt um die Versetzung Gerigks, der als Landtagsabgeordneter für die Linken kandidiert, gebeten. Das Vertrauensverhältnis sei „gestört“. Ludwig bittet um die Prüfung von rechtlichen Schritten und „um anderwärtige Verwendung“, wie es in einem internen Schreiben heißt. Das „öffentliche Verhalten“ sei für einen Mitarbeiter des Wohnungsamtes „nicht tragbar“, so Ludwig weiter.
In Gerigks Personalakte werden Zeitungsartikel über ihn gesammelt
In seinem Schreiben aus dem April, das bislang keine Folgen hatte, listete der Amtsleiter mutmaßliche Versäumnisse, viele Krankheitstage und politische Äußerungen des Mitarbeiters auf. Offensichtlich werden in seiner Personalakte seit 2014 Zeitungsartikel gesammelt, die über das politische Engagement Gerigks berichten. Dass die internen Unterlagen in diesen Tagen einzelnen Medien zugespielt wurden, mag am nahenden Landtagswahltermin liegen.
So lässt sich Kalle Gerigks Engagement gegen Luxussanierungen und Mietervertreibung noch einmal gut in Szene setzen. Für die Stadtverwaltung wirft die Angelegenheit jedoch Fragen auf. Etwa die, ob die Materialsammlung zu Gerigk ein Einzelfall oder die Regel ist? „Was passiert in Zukunft mit Mitarbeitern, die sich in ihrer Freizeit politisch engagieren?“, fragt Gerigk, der selbst erst über den in solchen Fällen zu beteiligenden Personalrat von den Wünschen seines Chefs erfahren hat.
Kein direktes Gespräch mit Vorgesetzten
Ein direktes Gespräch über mögliche Kritikpunkte mit Vorgesetzten habe es nicht gegeben, sagt er. „Ich verstehe nicht, was mein politisches Engagement mit meiner Arbeit zu tun hat.“ Der 57-Jährige Gerigk arbeitet als Verwalter von Wohnobjekten, Obdachlosen- und Flüchtlingseinrichtungen. Zur Kritik an seiner Arbeit im Amt will er sich aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht äußern. Er verweist jedoch auf eine Operation und einen Unfall im vergangenen Jahr. „Ich wäre lieber arbeiten gegangen als im Krankenhaus zu liegen.“
Gerigk hat in der Vergangenheit durchaus deutliche Worte zur Wohnungspolitik gewählt. So nannte er etwa den Verkauf von GAG-Wohnungen in Wesseling eine „Riesensauerei“ und das kooperative Baulandmodell einen „Rohrkrepierer“. Zudem bezeichnete er Hausbesetzungen als legitimes Protestmittel.
„Alle für Kalle“ bekam bundesweite Aufmerksamkeit
Dass er die Arbeit seines Amtes oder der Stadtverwaltung kritisiert hat, ist nicht bekannt. Ziel seiner Kritik waren politische Entscheidungen. „Das muss man nicht gut finden. Aber zum Nachteil darf mir das doch nicht werden.“
Kalle Gerigk kam 2014 zu bundesweiter Prominenz, weil seine Zwangsräumung aus einer günstigen Mietwohnung im Agnesviertel zum Symbol für die unerwünschten Folgen der Gentrifizierung in deutschen Innenstädten wurde. Vor seinem Haus zogen Demonstranten auf, um die Räumung durch die Polizei zu verhindern. Nicht nur die Nachbarschaft solidarisierte sich gegen die Pläne des Hauseigentümers, der aus seinem Zuhause eine Luxus-Eigentumswohnung machen wollte. Unter dem Slogan „Alle für Kalle“ gab es bundesweite Aufmerksamkeit.
Seitdem ist Gerigk – bis dahin ein eher unpolitischer Mann – ein Streiter für Mieterrechte und eine soziale Stadtentwicklungspolitik. Sein Versuch, sich als Parteiloser auf einen sicheren Listenplatz der Linken wählen zu lassen, hatte jedoch keinen Erfolg. Er kandidiert auf dem recht chancenlosen Platz 16. Die Stadt wollte sich zum Fall nicht äußern. „Zu internen Personalangelegenheiten sagen wir grundsätzlich nichts“, so Stadtsprecherin Inge Schürmann.