Karnevalssonntag 2025 könnten sie das letzte Mal durch die Stadt ziehen: Die Veranstalter der Schull- un Veedelszöch schlagen Alarm.
Zuschuss seit 1972 nicht erhöhtSchull- un Veedelszöch sind wegen Kostensteigerungen in Gefahr
„Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?“ – das Lied von Jupp Schmitz kann mittlerweile als Hymne des Kölner Karnevals gelten. Nicht nur dem Festkomitee steht das Wasser bis zum Hals, auch die Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums stöhnen ob der Kostensteigerungen. „Für das nächste Jahr ist noch genügend da. Aber für 2026 sind die Schull- un Veedelszöch im Moment in Gefahr“, sagt der Vorsitzende Bernhard Conin.
Bei der Mitgliederversammlung am Mittwochabend informierte er bereits über die prekäre finanzielle Lage des Zochs, der unter der Schirmherrschaft des Vereins jedes Jahr am Karnevalssonntag durch die Stadt zieht. Die Sorgen sind groß, das zeigten auch die Reaktionen zahlreicher Mitglieder, vereinzelt flossen Tränen.
Festkomitee Kölner Karneval kann nicht mehr unterstützen
Conin erklärt: Während die Durchführung der Schull- un Veedelszöch 2010 noch rund 86.000 Euro gekostet habe, sei es inzwischen mehr als das Dreifache. Das in besseren Zeiten angesparte Polster schmelze immer weiter, 2026 werde davon wahrscheinlich kaum etwas bis nichts mehr übrig sein. Dann würde den Schull- und Veedelszöch aller Voraussicht nach eine niedrige sechsstellige Summe fehlen, sagt Conin.
Grund für dieses Loch in der Kasse seien hauptsächlich gestiegene Kosten bei den Sanitätsdiensten sowie der Sicherheit. Die Sicherheitsauflagen der Stadt seien in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, dazu kommen Tariferhöhungen und der gestiegene Mindestlohn. Die vergangenen Jahre hatte das Festkomitee Kölner Karneval die Schull- un Veedelszöch bei diesen Kosten unterstützt, dazu sei es nun allerdings aufgrund des hohen Defizits beim Rosenmontagszug nicht mehr in der Lage, bestätigt Michael Kramp vom Vorstand des Festkomitees.
„Wenn diese Familienveranstaltung möglicherweise nicht mehr stattfinden kann, dann allerdings nicht, weil das Festkomitee die Unterstützung zurückfahren muss, sondern weil der Politik die Zöch am Sonntag und Montag als karnevalistische Aushängeschilder der Stadt, die Hunderttausende nach Köln locken, offensichtlich nicht genug wert sind.“
Stadt Köln zahlt seit mehr als 50 Jahren den gleichen Zuschuss
Die Stadt zahlt laut Conin für die Schull- un Veedelszöch einen seit 1972 unveränderten Zuschuss: damals 15.000 D-Mark, umgerechnet nun 7700 Euro. Bisher habe der Verein aber auch noch nie um eine Erhöhung gebeten: „Das können wir uns vielleicht als Vorwurf machen, aber wir haben es einfach nicht gebraucht. Wir hatten ja das Geld.“ Heute sieht die Lage anders aus. Anfang Dezember sei ein Gespräch mit Stadtdirektorin Andrea Blome anberaumt, dabei solle es um diesen Zuschuss sowie um die Sicherheitsauflagen gehen. Aufgrund der aktuellen Haushaltskrise blickt Conin nur mäßig optimistisch auf dieses Gespräch, aber „ich glaube noch an das Gute im Menschen. Die Stadt lebt ja vom Karneval, sowohl vom Image als auch finanziell.“
Ein Sprecher der Stadt Köln antwortete auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass das Thema derzeit intern aufgearbeitet werde und Blome sich in regelmäßigem Austausch mit dem Verein befinde.
Viele Stellschrauben bleiben dem Zug sonst nicht mehr. Die Vertragsverhandlungen mit dem WDR, die alle drei Jahre stattfinden, seien bereits positiv gelaufen. Bei der Mitgliederversammlung am Mittwoch meldeten sich auf die finanziellen Probleme unter anderem die Roten Funken und die KG Frohsinn mit Spenden. „Aber das ist keine langfristige Lösung“, sagt Conin.
Handgeld und Bustransfers für Schulen müssen wahrscheinlich wegfallen
Im Gegensatz zum Rosenmontagszug zahlen die Teilnehmer auch keine Gebühr, die man erhöhen könnte. Im Gegenteil: „Wir zahlen sogar noch für die Schulen“, sagt Conin. Die Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums organisieren den Bustransfer, außerdem erhalten die Schulen ein Handgeld von 280 Euro für Materialkosten etwa bei den Kostümen. Derzeit sieht es jedoch so aus, als könnte der Verein dieses Handgeld und den Bustransfer schon 2025 nicht mehr für alle Schulen anbieten.
Jörg Scheider, der den Zoch in diesem Jahr erstmals leitete, befürchtet dadurch einen Rückgang der teilnehmenden Schulen: „Wenn wir denen jetzt final mitteilen müssen, dass es keine Bustransfers und kein Handgeld gibt, dann würden wir dieses ganze Jahr Arbeit letztlich wieder zunichtemachen.“ Nachdem nach Corona die Zahl der teilnehmenden Schulen stark zurückgegangen war, hatte der Verein etwa mit Workshops deutlich verstärkt für die Schull- un Veedelszöch geworben – erfolgreich. Statt wie in diesem Jahr 36 könnten im nächsten Jahr 44 Schulen teilnehmen.
„Was mich fassungslos macht, ist, dass wir sowieso schon Probleme haben, das Brauchtum zu erhalten und dass wir es dann nicht schaffen, die Schull- und Veedelszöch zu erhalten, erschüttert mich“, sagt er mit Blick Richtung Stadt, „aber auch an jeden anderen“. Wenn die Sicherheitsauflagen nicht reduziert werden, sieht er kein weiteres Sparpotenzial: „Jetzt könnte ich sonst nur noch am Brötchen für unsere ehrenamtlichen Zugordner morgens am Chlodwigplatz sparen. Die bekommen ja eh schon nichts, wenn ich denen jetzt noch nicht mal mehr ein Brötchen oder einen Kaffee geben kann, dann haben wir tatsächlich verloren“, sagt er.
Es ist ein bewegendes Thema für den Mann, der seiner Meinung nach das „emotionalste Amt im Kölner Karneval“ bekleidet. „Ich habe keine Lust, irgendwann im Wikipedia-Eintrag der Schull- un Veedelszöch als letzter Zugleiter zu stehen. Dafür bin ich nicht angetreten.“