In dem neuen Stück will eine Produktionsfirma aus Hollywood die Story der Cäcilia Wolkenburg verfilmen. Ohne kölsche Lieder. Eine Kritik.
Premiere von Cäcilia WolkenburgHollywood lockt mit zehn Millionen Euro - doch ein kölsches Original lässt sich nicht verbiegen
1874 betrat eine „allzeit tugendhafte Dame, ein echtes Kind der fröhlichen Rheinlande, mit reinem Rheinwein getauft und von der Mutter der guten Laune genährt“ die Bühne. 150 Jahre später präsentiert sich diese Dame quicklebendig, voller Tatkraft und sprühend vor Ideen. Sie ist trotz ihres hohen Alters rüstig und innovativ, fröhlich und wahrscheinlich auch noch immer tugendhaft. In ihrem Jubiläums-Stück nimmt die Cäcilia Wolkenburg, die Bühnenspielgemeinschaft im Kölner Männer-Gesang-Verein (KMGV), das Publikum mit auf eine turbulente Zeitreise. „Zillche in Jefahr“ feierte im Staatenhaus eine umjubelte Premiere.
Regisseur Lajos Wenzel inszenierte das Divertissementchen als Revue mit einer überraschenden Dramaturgie, die weder Tempo noch waghalsige Wendungen scheut. Die zentrale Geschichte beginnt mit der Jubiläums-Gala der Cäcilianer. Schon der Ort der Feier lässt aufhorchen. Die fein herausgeputzte Gesellschaft trifft sich in der gerade fertiggestellten Oper Köln am Offenbachplatz. Wie jetzt, fertig? Wer hat da den Oberverantwortungshut aus der Baugrube geholt? Der KMGV. Tollkühn hatten die Sänger das Management der Dauerbaustelle in die eigenen Hände genommen und ratzfatz zu einem guten Ende geführt.
Produktionsfirma aus Hollywood will Story verfilmen
Der Husarenritt forderte indes seinen Preis. Die Vereinskasse ist leer. Rettung naht aus Hollywood. Eine Produktionsfirma will zehn Millionen Euro springen lassen, um die Story der Cäcilia Wolkenburg zu verfilmen. Allerdings will sie im Gegenzug die Markenrechte für das Divertissementchen. Mit allen Konsequenzen, um et Zillche international vermarkten zu können: kein Live-Gesang, kein Männer-Ballett, keine kölschen Lieder auf der Bühne. Das gefällt nicht allen im Verein. Eine starke Opposition kämpft dafür, dass das Besondere der Cäcilia Wolkenburg erhalten bleibt.
Was das ist, zeigten die Sänger und Darsteller in kurzen Szenen aus vergangenen Stücken. Die Reise quer durch die Geschichte ließ zum Beispiel die Richmodis-Sage und das Drama um Jan und Griet wiederaufleben. Beifallsstürme gab es für die Auftritte der Colonia Harmonist, das Zillche-Ballett für ihren Tanz mit Rollatoren und ihre Can-Can-Darbietung, die Solosänger und die fulminanten Choreinlagen. Schließlich mussten selbst die Gäste aus Hollywood erkennen: Et Zillche ist ein kölsches Original und lässt sich nicht verbiegen. Es bleibt kölsch, bodenständig, mit Live-Gesang, einem Männer-Ballett und Männer, die Frauenrollen spielen.
Erstmals männliches Liebespaar auf der Bühne
Für Jürgen Nimptsch, Bass der Cäcilia Wokenburg, und Gert-Kurt Schwieren, KMGV-Präsident, (im Stück tritt er als Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf) besteht kein Zweifel, dass et Zillche „ein glaubwürdiger Bestandteil der Frauenförderung“ darstellt. „Männer in Frauenrollen stellen ihre Bedeutung als Mann in Familie und Gesellschaft humorvoll in Frage und überlassen in fast allen Stücken die Problemlösung den von ihnen dargestellten Frauen“, sagt Jürgen Nimptsch, der mit Lajos Wenzel am Buch gearbeitet hat und für die Gesamtleitung verantwortlich ist.
Auch bei „Zillche en Jefahr“ zeigt sich die Cäcilia Wolkenburg wandelbar, humorvoll, modern und unaufgeregt. Einige Zuschauer vermissten zur Pause die für ein Divertissementchen typische Liebesgeschichte. Da schien sich im aktuellen Stück nichts anzubahnen. Doch, aber nicht wie gewohnt sogleich erkennbar. 149 Jahre setzte das Zillche wie selbstverständlich die Annahme um, das Liebespaar auf der Bühne bestehe aus einem Mann und einer Frau. Im Jubiläums-Zillche sind es erstmals zwei Männer, die sich ineinander verlieben.
Immer wieder gab es Szenenapplaus für die beeindruckenden Kostüme (Judith Peter) und atemberaubenden Ballett-Choreographien (Jens Hermes-Cédeleau/Katrin Bachmann). Jedes Divertissementchen ist eine Uraufführung, bei der über 100 Sänger des KMGV auftreten. Neben den Solisten und dem Chor gehören das Zillche-Ballett sowie das Orchester „Bergische Symphoniker“ und die Band „Westwood Slickers“ zu den festen Größen der Produktion, die im Jubiläumsjahr unter dem Motto „150 Jahre Broadway am Rhein“ steht.
„Zillche en Jefahr“ der Cäcilia Wolkenburg, bis Dienstag, 13. Februar im Staatenhaus. Alle Vorstellungen sind ausverkauft. Das WDR-Fernsehen zeigt das Jubiläumsstück am Samstag, 10. Februar, 11 Uhr. Begonnen hat der Vorverkauf für das Jubiläumskonzert mit der schönsten Musik aus dem Divertissementchen. Am Sonntag, 16. Juni, gibt es um 11 und um 15 Uhr je eine Aufführung.