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Stunker ohne GnadeBarbie, Lindemann und Gendern – so war die Premiere der Kölner Stunksitzung

Lesezeit 3 Minuten
Anna Rixmann, Tom Simon und Martina Klinke als Hänneschen-Figuren in Barbie-Version mit einem pinkfarbenen Papp-Auto.

Die Stunksitzung übersetzt den Barbie-Erfolg ins Hänneschen-Theater.

Am Mittwochabend feierte die Stunksitzung ihre Premiere. Bis zum 13. Februar läuft die alternative Karnevalssitzung noch.

Vorsicht an alle Männer, die meinen, ihre Macht missbrauchen zu können: „Oma Thruman“ hat Rache geschworen und schreckt nicht vor extremen Maßnahmen zurück. Mit Schwert bewaffnet verfolgt sie Missetäter, denn ihr ist klar: Ein Aufschrei genügt einfach nicht.

„Kill Till“ ist eindeutig der stärkste Act, den die Stunksitzung in dieser Session zu bieten hat: Martina Klinke rechnet als „Oma Thruman“ brutal und gnadenlos mit all jenen Männern ab, denen vorgeworfen wird, Frauen sexuell auszunutzen. Till Lindemann, Luis Rubiales, Harvey Weinstein, Jeffrey Eppstein, Dieter Wedel – unbestraft kommt dem Ensemble keiner davon. Eine fantastische Nummer, die sich weder vor expliziter Sprache noch Gewalt scheut.

Kölner Stunksitzung wurde vor 40 Jahren gegründet

Die Premiere der Stunksitzung am Mittwochabend ist ein voller Erfolg. Auch nach 40 Jahren – gegründet wurde die Stunksitzung 1983 – hat die alternative Karnevalssitzung nicht an Biss verloren.

40 Jahre Stunksitzung, mit diesem Thema gelingt den Veranstaltern ein Coup: Bundeskanzler Olaf Scholz beteuert in einer Videobotschaft, er habe noch keine Stunksitzung verpasst, Julia Roberts sagt, sie habe ihre Rolle in „Pretty Woman“ nur bekommen, weil Stunksitzungs-Präsidentin Biggi Wanninger abgesagt hat und auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel meldet sich zum Jubiläum zu Wort. Ein gelungener Deepfake.

Ruhig wird es, als das Ensemble seines im Mai verstorbenen Kollegens Hans Kieseier gedenkt. Der Schauspieler und Regisseur war seit 1987 Mitglied der Stunker. In einem Video präsentieren sie einige der schönsten Momente von Kieseier aus der Stunksitzung.

Der Abend beginnt jedoch mit der Frage: Wie wären wichtige Erzählungen der Weltgeschichte gelaufen, wenn es schon immer überbordende Bürokratie gegeben hätte? Hat Gott überhaupt eine ärztliche Approbation, um eine Transplantation von Adams Rippe vorzunehmen? Müsste Franz‘ Sissi nach Bayern abgeschoben werden? Die erste Nummer des Abends zieht sich ein wenig.

Trapattoni ruft: „Was erlaube Scholz?!“

Die Adaption von Giovanni Trapattonis legendärer Pressekonferenz ist Babi Lavassas gelungen – seine wutentbrannte Frage „Was erlaube Scholz?!“ wird schnell mitgerufen. Nur ist Trapattonis Rede, die er mit dem kultigen Spruch „Ich habe fertig“ beendete, inzwischen 25 Jahre alt. So wirkt der Auftritt wie aus der Zeit gefallen. Im Publikum scheint Trapattonis Wutrede noch gut im Gedächtnis zu sein: Es jubelt laut.

Die Stunker kamen nicht daran vorbei, sich auch mit dem erfolgreichsten Film des Jahres zu beschäftigen: Anne Rixmann verwandelt das Bärbelchen mit großem Busen, blonder Haarpracht und rosa Dress in Barbiechen. Zusammen mit Kennesjen lebt sie jetzt in Knollenvillage. Hier regiert das Matriarchat.

Köbes Underground singt über Eltern-Taxis

Dass Moderatorin Biggi Wanninger übrigens konsequent gendert, dürfte als Provokation in Richtung derer gedeutet werden, die sich genau darüber allzu gerne aufregen. Und auch in „Klimaklebern“ möchte sie das Positive sehen: Lieber im Stau stehen, als auf der Arbeit zu sein.

Die Hausband Köbes Underground liefert – wie gewohnt – stark ab. Besonders gut: Die Spitze gegen Eltern-Taxis „Zu Fuß keinen Meter“ zu der Melodie von Sades „Smooth Operator“, der frustrierte „Therapeut“ zu „Wicked Game“ und das toll gespielte „Oper“-Medley.

Die Stunksitzung bleibt ihrem Ursprungsgedanken treu: Als Protest gegen den traditionellen Karneval gegründet, verspotten sie ihn heute noch; mit einer Nummer, die sie ähnlich schon im Jahr 2000 auf die Bühne brachten: Im Schnelldurchlauf beobachtet das Publikum da eine Prunksitzung, Rote Funken, Blaue Funken, Sitzungspräsident Volker Weininger, Marc Metzger, Dreigestirn und Brings – sie alle stürmen in wenigen Minuten die Bühne. Es entsteht ein herrliches Gewusel.

An anderer Stelle kehrt der Karneval zur Anarchie zurück und Hirsch, Bock und Ähzebär rufen begeistert: „Anarchie Alaaf!“ Dazu gesellt sich das erste Vulven-Dreigestirn. Wer bei der Stunksitzung nicht aufpasst, könnte damit in seine Geburt zurückversetzt werden. Die frei laufenden Vulven umarmen gerne.


Die Stunksitzung läuft noch bis zum 13. Februar. Alle Termine und Tickets unter www.stunksitzung.de