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Kölner KarnevalSo ist es als junger Jeck in einer Traditionsgesellschaft

Lesezeit 4 Minuten

Anlässlich des Sessionsauftakts haben wir mit zwei Karnevalisten über junge Jecken in Traditionsgesellschaften, Frauen im Karneval und die Zülpicher Straße gesprochen.

Wir treffen Lena Berger und Davide Giangualano auf der Zülpicher Straße: Giangualano trägt eine grün-gelbe Uniform der „Ehrengarde Köln“, Berger die Traditionstracht der Tanzgruppe „Hellige Knäächte un Mägde“ in den Farben schwarz, weiß und rot. Giangualano und Berger sind bereits viele Jahre im Kölner Karneval aktiv.

Von klein auf im Kölner Karneval aktiv

Der 20-jährige Giangualano tanzte vier Jahre lang bei dem Tanzkorps der Luftflotte und startet dieses Jahr in seine erste Session als Tanzoffizier der Ehrengarde Köln. Die 26-jährige Berger kam mit vier Jahren in ihren ersten Karnevalsverein und ist nun seit zwölf Jahren Tänzerin der Traditionstanzgruppe „Hellige Knäächte un Mägde“. „Wenn der Karneval deine Kindheit, Pubertät und junges erwachsenes Leben begleitet, dann geht es irgendwann einfach nicht mehr ohne“, sagt sie.

Lena Berger im Kostüm der Hellige Knäächte un Mägde, einer Tanzgruppe im Kölner Karneval. Fotografiert auf der Zülpicher Straße.

Junge Karnevalisten Zülpicher Strasse Köln

Beide Karnevalisten sind sehr jung in den organisierten Karneval gestartet. „Ich glaube, du saugst das schon in deine DNA auf, wenn du das von Anfang an machst, aber man kann immer auch externe Immis dafür begeistern oder Menschen, die erst spät zum Karneval finden“, sagt Berger.

Das Jeckenherz schlägt für die fünfte Jahreszeit

An der fünften Jahreszeit begeistert sie vor allem eines: „Die Gemeinschaft – du bist Teil einer großen Gruppe. Und die wäre nicht die gleiche, wenn du nicht dabei wärst“, sagt Berger. „Das ist wie eine zweite Familie. Man kann den Karneval nicht mit Worten beschreiben, sondern muss das einfach miterleben,“ ergänzt Giangualano.

Zwischen Tanzauftritt und Zülpicher Straße

Während Giangualano und Berger ihren Karneval in Sitzungssälen und auf Bühnen verbringen, treiben sich die meisten Feiernden im gleichen Alter an anderen Orten in der Stadt herum – vor allem auf der Zülpicher Straße. Das war in den vergangenen Jahren mit immer mehr Ausschreitungen, Überfüllung und Randale verbunden. Spätestens als am 11.11.2021 ein Video des „Kölner Stadt-Anzeiger“ viral ging, dass Tausende unkontrolliert feiernd zeigte, fragte man sich auch überregional: Kann man das noch Karneval nennen?

„Ich glaube, wenn man den Karneval nicht so kennt wie wir, dann ist die Zülpicher Straße eben der Karneval, den man feiert“, sagt Berger. „Das hat mit Sicherheit auch irgendwo seine Daseinsberechtigung. Aber ich glaube, dass Karneval mehr ist als das, was da praktiziert wird. Dass es mehr um Gemeinschaft und Vielfalt geht. Ich sag’ mal so: Ich bin nicht auf der Zülpicher Straße.“

Die Rolle der Frau im Kölner Karneval

Die jungen Karnevalisten Berger und Giangualano feiern traditionell. Auf eben jene Tradition berufen sich Gesellschaften und das Festkomitee auch immer wieder, wenn es um das wohl kontroverseste Thema im Kölner Karneval geht: die Rolle der Frau. „‘Weil es schon immer so war, bleibt es auch so‘, heißt es leider häufig“, sagt Berger. „Zum Teil kann ich das auch so vertreten, aber natürlich müssen wir uns auch irgendwie weiterentwickeln. Es ist ein schmaler Grat zwischen Tradition und mit der Zeit gehen.“

Davide Giangualano in der grün-gelben Unifor der Kölner Karnevalsgesellschaft "Ehrengarde" auf der Zülpicher Strasse.

Junge Karnevalisten Zülpicher Strasse Köln

Im Miteinander mit den älteren Karnevalistinnen und Karnevalisten ihrer Gesellschaften fühlen sich Berger und Giangualano nicht übergangen. „Jeder wird ernst genommen. Selbst der Jüngste kann sich mit einbringen und dann sind auch alle ruhig und hören ihm zu“, sagt Giangualano.

Kommt mit den jungen Jecken also auf absehbare Zeit die Revolution im Karneval? Gerüchte um ein ursprünglich für die Jubiläumssession geplantes weibliches Dreigestirn kamen gut an. „Ich hätte das schön gefunden. Frauen sollen im Karneval mitwirken – aber es ist schwer zu sagen, wo die Entwicklung noch hingeht“, so Giangualano. „Ich glaube, dass der Karneval männerdominiert bleibt. Dass es irgendwann ein weibliches Dreigestirn gibt, halte ich für unrealistisch“, sagt Berger.


Zur Serie „Junges Köln“

Studieren, arbeiten, feiern und lieben: Köln ist ein Magnet für Menschen zwischen 20 und 35 Jahren, die das und mehr hier erleben wollen. Jedes Jahr ziehen Tausende in die Stadt, auf der Suche nach Abenteuer – und einem neuen Zuhause. Aber: Wie sieht ihre Lebensrealität wirklich aus? In unserer neuen Serie „Junges Köln“ wollen wir den Blick auf junge Kölnerinnen und Kölner lenken und davon erzählen, was sie bewegt. So sind wir etwa in der Technoszene unterwegs, versuchen zu erkunden, was die Faszination ausmacht. Oder begleiten Singles beim Dating auf der Suche nach der wahren Liebe.