Tanja Wolters ist Präsidentin der GKG Frohsinn, Nici Kempermann Sängerin der Band „Kempes Feinest“. Im großen Weiberfastnachtsgespräch reden sie über Frauen im Karneval und im Dreigestirn.
Gespräch zu Weiberfastnacht„Für Frauen im Karneval gibt es eine Hemmschwelle – für Bands und fürs Dreigestirn“
Was machen Sie an Weiberfastnacht?
Nici Kempermann: Feiern kann ich nicht. Ich muss arbeiten.
Tanja Wolters: Ich kann schon feiern, meine KG hat an dem Tag auch keine eigene Veranstaltung. Weiberfastnacht ist für mich Straßenkarneval, wir gehen zur Nippeser Bürgerwehr an den Wilhelmplatz. Im Veedel mit der Omi und dem Kind schunkeln, das gehört für mich dazu.
Alles zum Thema Cat Ballou
- Zuschauer-Rekord Kölner Arena knackt Bestmarke von 2017
- Ausverkaufte Arena 4000 jecke Gummersbacher feiern mit Brings, Domstürmern und Klüngelköpp
- „Elfter im Elften“ in der Arena Räuber-Sänger überrascht im Bärenfell – Kasalla-Gitarrist fällt mit Rückenproblemen aus
- Um 11.11 Uhr zog der Regen ab Hoffnungsträger Karneval – Köln feiert Sessionsauftakt auf dem Heumarkt
- „Man steigt nicht über Betrunkene“ So lief der 11.11. am Tanzbrunnen – Kölsches Jubiläum
- Session gestartet Diese 30 Karneval-Hits der Session 2024/25 sollten Sie kennen
- Karneval Bei der Mechernicher Kneipensitzung geht es etwas ruhiger zu
- Tanja Wolters ist Präsidentin der Karnevalsgesellschaft GKG Frohsinn Köln. Sie ist Ex-Mariechen der Roten Funken und Partnerin von Michael Gerhold, Ex-Prinz Karneval und Präsident der Nippeser Bürgerwehr. Sie ist Geschäftsführerin des Unternehmens Wolters Reisen.
- Nici Kempermann ist Sängerin der Kölschrock-Band Kempes Feinest. Der Name der Band ist eine Hommage an Kempermanns Vater Peter „Kempes“ Kempermann, Ex-Rabaue-Frontmann. Mit ihrem Auftritt mit dem Song "Prinz" bei der Prinzenproklamation entfachte Kempermann die Diskussion um ein weibliches Dreigestirn neu.
Frau Wolters, Sie haben in diesem Jahr die erste Sitzung der GKG Frohsinn Köln seit 17 Jahren organisiert, die KG übernommen, als sie schon fast ausgestorben war. Wie war das?
Wolters: Der Teufel liegt im Detail, von der goldenen Luftschlange auf dem Tisch über die Westen des Orchesters. Am Ende ist alles aufgegangen. Wir machen ja auch nur eine Sessionseröffnung, eine Sitzung und eine Party, deshalb können wir unser ganzes Augenmerk darauf legen. Wir konnten allen Künstlern am Ende einen Dankesbrief schreiben, die konnten das gar nicht fassen.
Kempermann: Ich glaube, es macht aber auch einen total großen Unterschied, wenn eine Frau so etwas plant oder viele Frauen beteiligt sind. Ihr hattet doch sogar den Ralf Borgartz vom Scala engagiert, um Tanztraining für den Elferrat zu organisieren! Auf so eine Idee wäre ein Mann doch nie gekommen. Ich finde das toll. Das macht das Gesamtbild für die Zuschauer doch viel schöner.
Wolters: Da gebe ich dir Recht. Vom Gürzenich haben sie uns gesagt: Das war der best dekorierteste Saal, den sie hatten.
„Von 200 Kölner Bands gibt es nur drei mit Frontfrauen“
Frau Kempermann, Sie sind immer noch eine der wenigen Frauen in Kölner Bands. Wie nehmen Sie das wahr?
Kempermann: Ich glaube, das wird auch noch eine Zeit lang so bleiben. Es ist in Köln keine etablierte Sache, Frauen als Frontfrauen zu haben. Von 200 Bands gibt es drei. Wenn man nur singende Künstlerinnen wie die Funky Marys oder Marita Köllner rauslässt, bleiben noch: Kempes Feinest, Pläsier, und jetzt neu: Mätropolis. Das war’s.
Wolters: Man hat ja jetzt auch direkt gesehen, wie es eingeschlagen ist bei Cat Ballou, als Linda Teodosiu Oliver Niesen vertreten hat.
Kempermann: Die Leute sind es nicht gewohnt. Das Publikum will sowieso erstmal die großen Bands sehen. Wenn du dann als kleinerer Act auftrittst, und dann noch mit einer Frontfrau, sind die Reaktionen unterschiedlich. Auf Damensitzungen bin ich im ersten Moment immer verunsichert, weil du erstmal „abgecheckt“ wirst. Auf Herrensitzungen denken alle, jetzt kommt das Nummerngirl. Ich stelle mich jedes Mal neu darauf ein und passe auch meine Anmoderationen an. Ich muss mir da Gedanken drum machen – Männer gehen auf die Bühne und machen immer dasselbe. Ich finde es deshalb super, wenn neue Bands wie Mätropolis dazukommen. Bei Künstlertreffs sind sonst mal die Frauen der Kollegen dabei – ansonsten stehe ich da alleine unter Männern. Von außen wird es aber wieder ganz anders wahrgenommen.
Inwiefern?
Kempermann: Das erste, was ich zu Mätropolis gefragt worden bin, ist, wie ich das finde, dass es jetzt „Konkurrenz“ gibt. Ich habe geantwortet: Habt ihr Kasalla mal gefragt, wie die Cat Ballou finden? Das ist doch Quatsch.
Als gäbe es nur Platz für eine „Frauenband“.
Kempermann: Genau. Aber: Solange es nur so wenige wie uns gibt, wird es bei Buchungen vielleicht auch tatsächlich immer nur Platz für eine Band geben, gerade, wenn du noch nicht so groß bist. Dann reicht die eine kleinere Band mit einer Frau als Veranstalter. Dann werde ich mit Linda wohl doch nochmal die Fäuste fliegen lassen müssen. (lacht) Aber auch hinter der Bühne sind es ja nie Männer. Wir kommen an einer Location an, und werden immer von Männern begrüßt. Ist ja nicht, als hätte ich da was gegen, ich habe da ja auch meinen Spaß. Aber ich finde einfach, da geht noch mehr. Deshalb finde ich es so toll, dass es dich jetzt auch als Präsidentin gibt, Tanja. Dabei würde ich mich nicht mal Feministin nennen. Ich denke nur: Warum sin mer nicht alle gleich? Solange das noch nicht so ist, schwenke ich weiter die Fahne.
Wolters: Das ist interessant, weil ich es in meiner Position gerade ganz anders erlebe. Christoph Kuckelkorn ist ja gezielt auf mich zugegangen und hat mich gefragt, ob ich die GKG Frohsinn wiederbeleben will. Für die Zusammenstellung des Teams haben wir dann gar nicht auf Männlein-Weiblein geachtet, sondern einfach darauf, wer geeignet ist. Dann kam es am Ende automatisch auf halb-halb hinaus.
„Als Mariechen bei den Roten Funken bist du irgendwann eine von den Jungs“
Im Foyer allein unter Männern dürfte ja aber eine Situation sein, die Ihnen auch bekannt ist, Frau Wolters – Sie waren ja immerhin Mariechen bei den Roten Funken.
Wolters: Ich habe ja sehr früh angefangen, war mit 19 in einer Männergesellschaft. Vorher war ich bei den Höppemötzjer, kam also aus einem Verein, der gemischt war. Das gibst du dann auf für den Weg als Solotanzpaar. Erstmal war das Gefühl natürlich komisch, nur Männer und eine Frau. Das hat sich aber schnell gelegt. Du bist dann irgendwann eine von den Jungs.
Kempermann: Ich fühls!
Wolters: Ich habe da total viel gelernt.
Braucht es unter den Frauen mehr Zusammenhalt oder ein Netzwerk?
Kempermann: Das passiert ganz von alleine. Mir wäre einfach eine natürliche Entwicklung wichtig. Ich glaube, es fehlt oft vor allem an Vorbildern. Die Jo [Johanna Eicker], die bei Mätropolis und bei uns spielt, ist die einzige Gitarristin im Kölner Karneval. Dabei gibt es in Köln so viele starke Instrumentalistinnen! Aber warum nicht in der kölschen Musik? Ich denke, weil es eine gewisse Hemmschwelle gibt. Es hat sich aber auch schon einiges getan. Im Michael-Kuhl-Orchester sitzen nun auch Frauen, das hätte es früher auch nicht gegeben.
Wolters: Da passiert also von ganz allein schon was.
Kempermann: Naja, nicht unbedingt. Ich habe eine der Streicherinnen am Rande eines Auftrittes getroffen. Und sie meinte, dass der Michael das nun auch forciert – einfach die besten Musiker zu suchen, egal welches Geschlechts.
„Ein weibliches Dreigestirn wird kommen“
Mit Ihrem Song „Prinz“ haben Sie auf der Prinzenproklamation ja auch ein starkes Zeichen gesetzt – für Frauen im Dreigestirn.
Kempermann: Es war nie meine Intention zu sagen: Es MÜSSEN jetzt auf Teufel komm raus Frauen ins Dreigestirn. Mir geht es darum: Ihr könnt. Ihr müsst euch vor nichts scheuen. Ihr könnt diese Position übernehmen. Es sträubt sich ja auch niemand! Selbst Christoph Kuckelkorn hat das gesagt. Und er hat mich auch gefragt, ob ich diesen Song auf der Prinzenproklamation singen will.
Wolters: Ich glaube auch nicht, dass das Festkomitee das behindern würde.
Kempermann: Glaube ich auch nicht. Aber auch hier geht es wieder um Vorbilder. Wenn sich ein kleines Mädchen eine Karnevalssitzung anguckt, und da sitzen nur Männer, kommt es doch auch gar nicht auf die Idee, mal Prinz Karneval werden zu wollen. Oder eine Instrumentalistin in einer Band.
Wolters: Kinder müssen das sehen. Ich erlebe das beim Tanzen: Sie sehen das auf der Bühne, und machen unten die Schritte nach. Wenn es nur Männerbesetzungen gibt, ist das schwierig. Ich glaube aber auch, dass da was passieren wird. Das ist der normale Werdegang, ganz ohne, dass wir da viel für tun müssen. Es ist einfach in den Köpfen drin. Aber ich stimme Nici zu, dass die Hemmschwellen sicherlich abgebaut werden müssen.
Ist es denn so einfach, mit dem weiblichen Dreigestirn?
Wolters: Man muss schon wissen, was alles dahintersteckt. Ich sehe mich nicht in der Position, Prinz werden zu wollen. Es geht ja auch gar nicht darum, dass jemand sagt: Frauen schaffen das nicht. Das ist ja Quatsch. Es braucht nur ein gutes Konzept. Können die Adjutanten dann auch keine Männer mehr sein, wenn es ums Ankleiden geht? Wenn sich drei finden, die alles durchspielen, darf man auf keinen Fall sagen: Gibt’s nicht. Aber es ist auch nicht so leicht, wie es mancher vielleicht gerne hätte.
Kempermann: Das stimmt. Aber vielleicht gibt es diese eine Frau, die so jeck ist, dass sie sich in ihrem Keller einschließt, um den Masterplan zu entwerfen. Hauptsache, es ist möglich. Ich werde von Köln aus auch sicherlich nicht die Welt verändern. Aber das hier ist mein Kosmos. Ich bin Karnevalistin, ich bin Kölschmusikerin. Also ist das der Rahmen, in dem ich versuchen kann, Anstöße zu geben. Aber wenn sich das dann noch auf die Welt ausbreitet, hätte ich auch nichts dagegen! (lacht)