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Von Heißkleber bis NagellackDas sind die hidden Champions des Straßenkarnevals

Lesezeit 4 Minuten
Das Kölner Dreigestirn umringt von Heißklebepistole, Sicherheitsnadel und Tacker.

Was in keinm Karnevalshaushalt fehlen darf: Heißklebepistole, Tacker und Sicherheitsnadel.

Sie denken, Sie brauchen Konfetti, Kölsch und Perücke? Ganz falsch. Die wirklich wichtigen Dinge für die tollen Tage sind ganz unspektakulär.

Die Heißklebepistole

Beim schnellen Befestigen von Kostümteilen oder Herstellen von Emblemen aus verschiedensten Materialien ist sie nahezu unverzichtbar. Aber Vorsicht bei der Anwendung: Flüssiger Heißkleber kann Temperaturen von bis 200 Grad erreichen und auf der Haut Verbrennungen verursachen. Die ersten Patente für Klebepistolen stammen aus dem Jahr 1949.

Zu einem Massenartikel für den Privatgebrauch wurden sie aber erst nach 1975, als sie von der Bremer Firma Bühnen GmbH&Co. KG aus Bremen auf dem Markt eingeführt wurden. Ein meist stangenförmiger Schmelzkleber wird an der Rückseite eingeführt und im Inneren der Pistole durch eine elektrische oder mit Brenngas betriebene Heizung zum Schmelzen gebracht. Industrielle Heißklebepistolen wurden erstmals 1973 von der Firma 3M in den USA unter dem Namen „Polygun“ bis 2006 verkauft.

Kabelbinder

Aus diesem Allrounder lassen sich mit etwas Fantasie auf die Schnelle eigene Karnevalskreationen herstellen. Zum Beispiel eine Narrenkappe aus buntem Pappkarton, falls man nicht gänzlich unverkleidet auf einer Party auftauchen möchte. Sein großer Vorteil ist die schnelle, stabile und geniale Verschluss-Technik, mit der Karnevalsfunktionäre auf dem Weg durch die Säle die vielen Sessionsorden und Ehrenzeichen, die auf sie herabregnen, mühelos sortieren und aneinanderreihen können.

Der Kabelbinder eignet sich auch hervorragend zum Verschließen prall gefüllter Kamellebüggel oder als Reparaturset für alle Einzelteile, die vom Kostüm herabzufallen drohen. Auch deshalb gilt seinem Erfinder George M. Rapata großer Dank, der für die Illinois Tool Works arbeitete. Auf seinen Namen wurde das Patent US 2936980 am 1. Oktober 1954 eingetragen.

Sicherheitsnadel

Die Urform der Sicherheitsnadel reicht zurück bis in die Bronzezeit, die in Europa ungefähr den Zeitraum von 2200 bis 800 v. Chr.umfasst. In der Bronzezeit gab es Fibeln, mit denen Gewänder zusammengehalten wurden und die nach dem gleichen Prinzip wie die Sicherheitsnadel funktionierten. Auch die Etrusker hatten Gewandnadeln, die zum Teilsehr groß und schön geschmückt waren, also schon zwischen 800 und 100 v. Chr. als Schmuckstücke dienten.

Aus dem Jahr 1849, als Walter Hunt seine Erfindung in New York patentieren ließ, stammt ein zweites Patent auf eine aus einem Stück Draht gebogene Nadel, die von Charles Rowley in England erfunden wurde und bis heute für Kilt-Röcke verwendet wird. Ein drittes Patent aus dem Jahr 1867 auf eine Sicherheitsnadel mit Blechkappe wird einem Thomas Walker zugeschrieben.

Klettband

Das Klettband eignet sich als Druckknopfersatz und zum Anbringen von Accessoires und Schriftzügen auf Karnevalskostümen, die man verändern will. Entwickelt wurde es vom Schweizer Ingenieur Georges de Mestral, dem auf Spaziergängen mit seinen Hunden aufgefallen war, dass einige Früchte der Großen Klette in deren Fell hängen blieben. Er legte die Früchte unter sein Mikroskop und entdeckte, dass sie winzige elastische Häkchen tragen, die auch bei gewaltsamem Entfernen aus Haaren oder Kleidern nicht abbrechen.

Mestral untersuchte deren Beschaffenheit und sah eine Möglichkeit, zwei Materialien auf einfache Art reversibel zu verbinden. Er entwickelte den textilen Klettverschluss und meldete die Umsetzung 1951 zum Patent an. Vermarktet wurde das Produkt erstmals unter dem Namen „Velcro“, zusammengesetzt aus den französischen Begriffen velours (Samt) und crochet (Haken).

Kordel

Die Bestimmung von Kordel im Karneval ist so undefiniert wie universell. Tatsächlich wohl genauso wie im Alltag – vor allem in Epochen, in denen Heißklebepistole und Tacker noch nicht so en vogue waren, hatte die Kordel ihre Glanzzeit. Ihr schattiges Dasein in Rumpelschubladen heutzutage, wo keiner mehr ein Paket verschnürt, wird von Karneval dann ins Licht geführt. Endlich kann die Kordel zeigen, was sie sie drauf hat: Sie hält das Schwert an der Hüfte und den Hut auf dem Kopf; sie verschlingt sich zu einem Seil und ziert über Kreuz gebunden die Wade des Wikingers.

Dem noch zu großen Funkemariechenrock dient sie als unsichtbarer Gürtel, dem Schlüsselbund des Gespensts als Halterung. Sie macht sich als Girlande nützlich für allerlei Accessoires: weiße Gummimäuse, Orden, Glöckchen, Spinnen, Blumen. An Kordel kann man verzurren, hochschürzen, knoten, hinter sich herziehen, schwingen, einflechten verzieren was die Fantasie hergibt. Und dann leider wieder: Rumpelschublade.

Nagellack

Es endet natürlich in einer Sauerei und hautfreundlich ist die Sache auch nicht. Aber kleben kann Nagellack ganz hervorragend. Und deshalb eignet er sich natürlich einerseits, um Glitzerndes wie Strasssteinchen oder Flirrendes wie Federchen je nach Kostümwunsch auf die Fingernägel zu kleben. Einfach lackieren und noch in die feuchte Farbe allerhand Dekoratives tunken.Und andererseits ist so ein Fläschen Lack auch einsatzbereit, wenn nach übermütiger Feierei Nylon zu laufen beginnt und sich unschöne Risse in der Strumpfhose breit machen. Einfach Klarlack drauf und der Stoff härtet garantiert in seinem derzeitigen Zustand aus - die Lage kann also nicht schlimmer werden. Und das ist an Karneval ja eigentlich immer die Hauptsache.

Aber Obacht! Vor dem Entkleiden darauf achten, die mit dem Bein verklebte Hose nicht einfach runter zu reißen. Erst mit Nagellackentferner tränken und behutsam abpiddeln.