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Konzert mit Kiefer SutherlandHollywood-Star prostet in Köln auf seine Lieblingskneipe

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Kiefer Sutherland im Stadtgarten

Köln – Es gibt vieles, das man an Hollywoodstar Kiefer Sutherland für bemerkenswert, ja ungewöhnlich halten kann. Vielleicht, dass er, der vor knapp zwei Jahren auch noch den Countrymusiker in sich entdeckt hat, sein neues Album im ganz intimen Rahmen vor rund 140 Menschen vorstellt. Vielleicht aber sogar noch mehr, dass er das ausgerechnet in Köln tut. Seine zweite Platte „Reckless & Me“ klingt bei ihrer Uraufführung im Stadtgarten am Dienstag dagegen wie ein vertontes Klischee – wenngleich ein ziemlich gutes.

Sutherland hat noch keinen Ton gespielt, da hält er ein Whiskeyglas ins rot-lilane Schummerlicht. „Prost“ ruft der Schauspieler, der für seine Serienhauptrolle in „24“ bereits einen Golden Globe gewann und mit einem Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood verewigt ist, in den verdunkelten Zuschauerraum, als wolle er klarstellen, was denn da seine rasselnde Stimme über Jahrzehnte geformt hat. Dann zupft er die Saiten seiner Akustikgitarre, singt mit eben dieser unverkennbaren Rauchstimme das Eröffnungsstück der neuen Platte, „Open Road“, von langen mitternächtlichen Autofahrten im Mondlicht, von gebrochenen Herzen und der ganz großen Liebe.

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Das alles könnte man für dick aufgetragen halten, bis Sutherland erzählt, dass die ganz große Liebe, die er später in seinem Song „Can’t Stay Away“ besingt, in Wahrheit die Lieblingskneipe um die Ecke ist. Prost, auf die Erzählung nochmal einen großen Schluck Whiskey vom Beistelltisch. Einen kurzen Moment lang möchte man glauben, man sitzt tatsächlich mit Sutherland und seiner kleinen Band in irgendeiner stilvollen Spelunke in irgendeiner amerikanischen Einöde, um sich dieses ziemlich reizvolle Country-Rock-Blues-Gemisch anzuhören. Und sicher ist es genau dieses Gefühl, das den Auftritt Sutherlands so besonders macht.

„Mein Auftritt mit Helene Fischer war der Wahnsinn”

Sein Publikum, das ihm am Ende der Show sogar Fragen stellen darf, hat er vorher übrigens gebeten, die Handys doch bitte in der Tasche zu lassen. Schließlich geht es hier im kleinen Stadtgarten vor noch kleinerem Publikum um ebendiese Nähe ohne Störfaktoren, um Nahbarkeit – ohnehin ein gutes Stichwort: Einige Stunden vor Konzertbeginn trifft er sich mit Medienvertretern zum gemeinsamen Dinner. Hier kommt er in blauer Funktionsregenjacke, abgewetzten Cowboyschuhen und zerrissenen Bluejeans, setzt sich zwischen die Journalisten und redet dann ganz offen über seine große Nervosität vor Auftritten, seinen Perfektionismus und seine Wertschätzung für seine einstige Duettpartnerin Helene Fischer: „Mein Auftritt mit ihr war der Wahnsinn. Sie ist die erfolgreichste Künstlerin und hat unglaubliche Fähigkeiten. Sie könnte sofort im Cirque du Soleil auftreten. Das hat mich beeindruckt.“ Und seine Nähe zu Köln, in der er während Dreharbeiten bereits mehrere Monate gelebt hatte.

Dass er nun ausgerechnet in der Domstadt die Uraufführung seines neuen Albums feiere, sei zwar eher Zufall. Dass er seine Touren aber immer in Deutschland starte, dagegen ganz bewusst. „Nirgendwo sonst stehen die Zuschauer so auf Neues und Besonderes“, sagt er auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nichtsdestotrotz sei Köln „ein schöner Ort, neue Dinge zu beginnen“ – und für was Größeres reiche das Geld ja ohnehin nicht, fügt er augenzwinkernd an.

Der Stadtgarten als Experimentierwiese

Sicher ist der Kölner Stadtgarten keine schlechte Experimentierwiese für das, was er später im Jahr nach denen ganz kleinen Terminen auf seiner größeren Tour vorhaben könnte: Wie kommt das an beim Publikum, wird sich der 52-Jährige gefragt haben, wenn er dem Publikum vor jedem Song die passende Geschichte zum Liedtext erzählt? Dass er die wohl eingängigste Nummer seines neuen Albums, „This Is How It’s Done“ binnen 15 Minuten in einer Bar in Kentucky geschrieben hat? Dass er sich bei seiner Nummer „Reckless & Me“ immer frage, ob er da eher sein gleichnamiges Pferd oder doch eher seine Persönlichkeit besinge? Dass er seine Nummer „I’ll Do Anything“ in einem Flieger auf dem Weg zu seiner Mutter schrieb, von der er glaubte, dass sie im Sterben liegt?

Diese Geschichten funktionieren – denn Sutherland ist ein blendend guter Erzähler, auch in seinen Songs. Dass die Liedtexte auch bei seinem zweiten Album vor Western-Klischees nur so strotzen, muss zwar auch Sutherland klar sein, der zwischenzeitlich mit engem Sakko, weit aufgeknöpftem Hemd, cremefarbenen Cowboyhut und getönter Sonnenbrille auf der Bühne sitzt.

Tosender Applaus am Ende

Doch die Songs auf der neuen Platte wirken zugleich reifer, eingängiger und eigenständiger als sein 2016 erschienenes Erstlingswerk – und zugegeben: Vielleicht sind es ja genau diese Klischees, die Sutherlands Performance erst so charmant machen. Unter tosendem Applaus reißt es ihn am Ende zu seiner verspielten Rocknummer „Agave“ vom Holzschemel und den Cowboyhut von seinem Kopf. Dann noch ein letztes Glas Whiskey, bevor der Hollywoodstar nach zwei Stunden Show zu Standing Ovations hinter der Bühne verschwindet. Prost.

Sutherlands Album „Reckless & Me“ erscheint am 26. April. Am 9. Oktober macht er mit seiner Tour Station in der Kölner Kantine.