Personalnot an Kölner Kitas„Arbeitsbedingungen laugen die Mitarbeiter aus“
Köln – Manche Kita-Leitungen schauen von Tag zu Tag, wie sie den Alltag stemmen können. Mitarbeitende sind krank oder in Quarantäne, haben Urlaub oder ein eigenes krankes Kind zu Hause. Wenn dann noch eine oder mehrere Stellen nicht besetzt sind, muss improvisiert werden. So ist es aktuell in einer Ehrenfelder Kita. Mal wieder. Weil die Personalnot groß ist.
Eigentlich sollten Eltern kleiner Kinder nach zwei Jahren Pandemie viel gewohnt sein. Aber das Jonglieren und sich Verbiegen und die Ungewissheit, was der nächste Tag oder die kommende Woche bringt, zehre mittlerweile sehr an den Nerven, berichtet die Mutter einer Dreijährigen. Sie und ihr Mann sind beide berufstätig und wechseln sich ab, wenn es mal wieder heißt: Notbetreuung. „Meistens müssen wir unsere Tochter nun jeden Tag schon zwei Stunden früher abholen als sonst. Und immer wieder appellieren die Erzieherinnen, auch das nur im Notfall auszureizen“, sagt die Mutter.
150 unbesetzte Stellen an 200 städtischen Kitas
Der Personalmangel in Kitas ist nicht erst seit Corona ein akutes Problem. Und er ist auch kein Phänomen, das nur in Köln auftritt. Bundesweit fehlt es an Fachkräften in Kindertagesstätten, so auch in Köln, wie eine Stadtsprecherin auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilt. Der Personalmangel betreffe sämtliche Kita-Träger. Eine Zahl für alle Träger liege nicht vor. Allein in den mehr als 200 städtischen Kitas gibt es nach Angaben der Sprecherin aktuell 150 unbesetzte Stellen. Zum Vergleich: Im vergangenen Juli waren es noch etwa 100.
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„Es sind sehr herausfordernde Zeiten. Der Mangel an Personal ist gewaltig“, bestätigt Constanze Moths, Geschäftsführerin des Evangelischen Kita-Verbandes Köln-Nord. „Alle Träger versuchen, bildlich gesprochen, in leer gefischten Gewässern noch die dicken Fische zu finden.“ Um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, verstärke der Verband selbst die Anzahl der Ausbildungsplätze: In diesem Jahr gebe es in den 14 Kitas neun Auszubildende, im kommenden werden es sogar elf sein. Aktuell sei die Situation mit lediglich fünf freien Stellen verhältnismäßig „angenehm“. „Im Vergleich zu anderen Trägern stehen wir noch ganz gut da“, sagt Moths.
Stadt Köln rechnet mit bis zu 1800 fehlenden Erziehern in Kitas
Der Mangel wird sich allerdings weiter verschärfen: „Die aktuelle Prognose geht davon aus, dass abhängig vom Ausbauprogramm bis 2025 etwa 1200 bis 1800 Kräfte in Köln fehlen werden“, sagt die Stadtsprecherin und nennt drei Gründe für diese Entwicklung: Durch das bestehende Ausbauprogramm würden pro Jahr etwa 200 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen – neue Kitas und oder Gruppen entstehen, und für diese würden entsprechend zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher benötigt.
Weitere Ursachen seien die hohe Teilzeitquote in der Branche, aber auch eine zu geringe Anzahl an Ausbildungsplätzen: „Die vorhandenen Plätze sind alle besetzt, es fehlt bisher nicht an Interessenten“, sagt die Stadtsprecherin. Eines der dringendsten Ziele bestehe daher darin, die Zahl der Ausbildungsplätze massiv auszuweiten sowie ebenso die Möglichkeiten der berufsbegleitenden Qualifikation zu Kinderpflegern und Erziehern. Konkrete Vereinbarungen mit Fachschulen bestünden bereits.
„Arbeitsbedingungen laugen die Mitarbeitenden aus“
Die Verwaltung befasse sich „seit Jahren“ mit der Thematik und habe auch bereits mehrere Maßnahmen umgesetzt, wie etwa die bereits 2014 eingeführte praxisintegrierte Ausbildung, erläutert die Stadtsprecherin. Auszubildende an einer städtischen Kita erhielten außerdem eine Übernahmegarantie.
Solange die Personalsituation so angespannt ist und bleibt, werden die Mitarbeitenden in Kitas weiterhin improvisieren müssen und sich gegenseitig vertreten. „Selbst wenn eine Kita laut Personalschlüssel voll besetzt ist: Es ist ein fragiles und eng gestricktes System“, sagt Constanze Moths. „Die Arbeitsbedingungen laugen die Mitarbeitenden auf lange Sicht aus.“