Das NS-Dokumentationszentrum verzeichnet einen drastischen Anstieg antisemitischer Übergriffe seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel.
113 Rosen an Synagoge niedergelegt250 Menschen protestieren gegen Antisemitismus am NS-Dok in Köln
Rund 250 Menschen sind laut Polizei am Samstagnachmittag in Köln dem Demo-Aufruf der neu gegründeten Initiative „Kölner:innen gegen Antisemitismus“ gefolgt. Anlässlich des 79. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz und 113 Tage nach dem Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung haben Kölnerinnen und Kölner ein Zeichen gegen Judenfeindlichkeit gesetzt.
Köln: NS-Dokumentationszentrum verzeichnet deutlich mehr antisemitische Angriffe
Die Initiative wurde von Einzelpersonen aus verschiedenen antifaschistischen und feministischen Strukturen ins Leben gerufen. Sie reagierten damit auf die geringe Anteilnahme nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Laut NS-Dokumentationszentrum haben sich die dokumentierten antisemitischen Angriffe seit diesem Tag im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht. Die Dunkelziffer sei weitaus höher.
Pressesprecherin Sibylle Kempers betonte, dass die Initiative eine antifaschistische Perspektive in den Diskurs bringen und unterrepräsentierten Gruppen eine Stimme geben möchte. Bei der Kundgebung wurden 113 Rosen an der Synagoge niedergelegt, symbolisch für jeden Tag seit dem Angriff. „Wir haben uns zusammen getan, weil wir dem etwas entgegensetzen wollen, etwa mit verschiedenen Solidaritätsaktionen“, so die Vertreterinnen der Gruppe.
Demo in Köln: „Offenbar wird Vergewaltigung anders gewertet, wenn es um Jüdinnen geht“
Redebeiträge kamen von Sprecherinnen des NS-Dokumentationszentrums, den Falken, Polaris und der linksjugend solid. Einen besonderen Fokus setzten sie in ihren Reden auf die Rolle der Frauen als Opfer von sexualisierter Gewalt und kritisierten das Schweigen deutscher feministischer Strömungen zu den Vorfällen in Israel. Da die Demonstration während des Schabbats abgehalten wurde, gab es keinen Redebeitrag von Vertretern der Synagogengemeinde. Laut Kempers fanden im Vorfeld allerdings kooperative Gespräche statt.
Mehrere Rednerinnen griffen die gewachsene Unsicherheit von jüdischen Menschen im öffentlichen Raum auf und berichteten von ihren persönlichen Erfahrungen. Eine Sprecherin kritisierte das unterschiedliche öffentliche Echo auf Gewalt gegen jüdische Frauen: „Offenbar wird Vergewaltigung anders gewertet, wenn es um Jüdinnen geht.“ Während der Veranstaltung wurde auch klargestellt, dass kein Raum für Islamophobie bestehe, denn „jeder Hass ist ein Anschlag auf die Menschenwürde“, so eine Teilnehmerin.
Die Demonstration startete am Apellhofplatz mit Stopps nahe des Neumarkts und des Rathenauplatzes. Sie endete an der Stadtbibliothek/Judaica mit einer Abschlusskundgebung und dem Aufruf, sich dem anschließenden stillen Mahngang in Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus anzuschließen.