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Soldaten helfen im Kölner Gesundheitsamt„Wir sind sozusagen die letzte Reserve“

Lesezeit 4 Minuten
Bundeswehr hilft in Köln aus

Bundeswehrsoldaten wie Alexander Rothenbusch unterstützen das Kölner Gesundheitsamt.

  1. In Köln helfen aktuell 54 Soldaten, die Kontakte von Covid-19-Infizierten zu verfolgen.
  2. Die Bundeswehr ist so etwas wie die letzte Reserve zur Bekämpfung der Pandemie, könnte aber noch deutlich mehr Bedienstete abstellen.
  3. Soldaten im Flecktarn arbeiten Seite an Seite mit Medizinstudenten.

Köln – „Wenn ich einen klitzekleinen Beitrag leisten kann, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten, ist es ja klar, dass ich das tue.“ Alexander Rothenbusch, der normalerweise im Personalamt der Bundeswehr in Longerich arbeitet, musste nicht lange überlegen, als das Kölner Gesundheitsamt Soldaten um Amtshilfe bat, weil die Stadt die Kontakte der Covid-19-Infizierten nicht mehr alleine nachverfolgen konnte. Statt in der Lüttich-Kaserne am Militärring sitzt Rothenbusch seit dieser Woche in einem schicken Gebäude in der City, in dem auch ein Start up-Unternehmen beheimatet ist – Domblick, Loungebereiche, auf einem Plakat im Flur steht, was hier zählt: Flexibilität, Ideen, Wissen – keine Hierarchien.

Rothenbusch ist Hauptfeldwebel und bei der Bundeswehr verantwortlich für die Bereitstellung von 450 Feldjägern. Dass er dem Gesundheitsamt im Rahmen der Amtshilfe lediglich als Hilfskraft zuarbeitet, ist für ihn allerdings kein Problem. Der 36-Jährige telefoniert den ganzen Tag über mit Kölner Covid-19-Infizierten, die aus der Quarantäne entlassen werden sollen, fragt, ob sie symptomfrei sind, vermittelt bei Bedarf an Notdienste oder Sorgentelefone, arbeitet lange Listen ab.

„Im Prinzip ist die Arbeit gar nicht so anders als das, was ich sonst mache“, sagt er. In der Lüttich-Kaserne koordiniert er Einsatzkräfte, hier Corona-Erkrankte. „Sehr schreibtischlastig, man muss koordiniert sein und gut zuhören können.“

54 Soldaten helfen in Kölner Gesundheitsamt aus

54 Soldaten helfen dem Gesundheitsamt seit Mittwoch, die Kontakte nachzuverfolgen, am Tag zuvor waren es erst 30. Mit den zusätzlichen Kräften konnte auf Zwei-Schicht-Betrieb umgestellt werden – zwischen 8 und 22 Uhr sitzen Soldatinnen und Soldaten in dem schicken Gebäude am Telefon – im Flecktarn, neben Medizinstudentinnen und Studenten, Mitarbeitern vom Gesundheitsamt und aus anderen Ämtern, Ärztinnen und Ärzten. 24 Soldaten kommen aus dem Personalamt der Lüttich-Kaserne, 20 von der Luftwaffe aus Wahn, zehn vom Streitkräfteamt aus Bonn, darunter auch fünf Musiker aus dem Heeresmusikkorps Siegburg.

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Peter Unkelbach leitet einen Betrieb, der in Köln Radtouren für Touristen organisiert – während der Corona-Krise hatte er hier weniger zu tun, dafür wurde seine Aufgabe als Oberstleutnant der Reserve plötzlich wichtig: Unkelbach ist stellvertretender Leiter des Kreisverbindungskommandos der Bundeswehr – und seit März Teil der Einsatzleitung, die den Krisenstab der Stadt Köln berät. Im Juni hatten drei Soldaten vom Transportbataillon geholfen, Desinfektionsmittel und Schutzmaterialien zu verteilen, im August halfen 40 Soldaten, die Daten von Reiserückkehrern am Flughafen zu sortieren und zu verschicken, auch im Infektionsschutzzentrum hat die Bundeswehr das Gesundheitsamt in Köln schon unterstützt. „Wir sind sozusagen die letzte Reserve, wenn Aufgaben aus zivilen Kräften nicht mehr bewältigt werden können“, sagt Unkelbach. Ob es dabei um die Flüchtlingshilfe gehe, um Hochwasser, Folgen von Stürmen oder ein Virus, spiele keine Rolle.

Bis zu 15.000 Soldaten könnten eingesetzt werden

Die Bundeswehr ist die letzte Reserve – allerdings noch längst nicht erschöpft. Bis zu 15.000 Soldaten könnten im Rahmen der Amtshilfe eingesetzt werden, um die Corona-Pandemie einzudämmen, bislang sind erst rund 1500 Bedienstete im Einsatz.

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Alexander Rothenbusch und Peter Unkelbach gefällt die Zusammenarbeit mit Menschen aus anderen Berufen gut. „Das funktioniert in Köln wirklich sehr gut“, sagt Unkelbach, „ich bin übrigens auch begeistert, wie wenig Papier es in der Krise braucht, um Dinge schnell zu entscheiden.“ Die Gespräche mit den Infizierten hätten ihn „schon nach zwei Tagen noch sensibler dafür gemacht, wie wichtig es ist, seine Kontakte zu beschränken und die Hygienevorschriften zu befolgen“, sagt Rothenbusch. Viele der Kölnerinnen und Kölner haben sich auf privaten Feiern infiziert. Als diese Woche auf einem Nachbarbalkon des Büros zur Infektionsverfolgung laute Diskomusik zu hören und offensichtlich eine Party im Gang war, waren Rothenbusch und Unkelbach mehr als irritiert. Dass in der Krise schon die letzte Reserve gefordert ist, haben längst nicht alle verstanden.