Köln – Die Fassungslosigkeit ist an diesem Freitagmittag auf der Goethestraße im Ortskern von Weiden noch spürbar. So gut wie alle, die an den weißen Kastenwagen der Polizei vorbeilaufen und in Richtung der Gaststätte „Zur alten Post“ schauen, bleiben kurz stehen. „Was ist denn hier passiert?“, fragt alle paar Minuten ein Passant.
Viele halten inne und sehen zu, wie immer wieder Mitarbeiter der Spurensicherung und der Mordkommission an einem weiß-blauen Sichtschutz vorbei in die Kneipe gehen, wo ein paar Stunden zuvor der legendäre Wirt Manfred K. tot aufgefunden wurde. „Den Manni haben sie umgebracht“, sagen die, die es schon wissen, weil die Nachricht innerhalb von kurzer Zeit im Viertel die Runde gemacht hat. „Den Manni? Umgebracht? Das gibt’s doch nicht!“, sagen schockiert die anderen, die erst hier davon erfahren. „Mit wem soll denn der Manni Streit gehabt haben, der hat sich doch mit allen gut verstanden“, sagt Detlef Bruns, seit vielen Jahrzehnten Stammgast der Kneipe.
Gegen neun Uhr morgens lag K. Polizeiangaben zufolge blutüberströmt direkt vor dem Tresen seiner Gaststätte. K. hatte Handwerker für diesen Vormittag bestellt, die ihn so fanden und direkt die Rettung alarmierten. Die Einsatzkräfte versuchten noch, das Opfer wiederzubeleben – vergeblich. Manfred K. starb mit 73 Jahren noch vor Ort in seiner eigenen Kneipe. „Aufgrund des Verletzungsbildes und der Auffindesituation gehen wir von einem Tötungsdelikt aus“, sagt ein Polizeisprecher am Freitag. Womit und wo genau am Körper er tödlich verletzt wurde, sagt er „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht. Die Ermittler der eingesetzten Mordkommission gehen aber davon aus, dass K. auch in der Kneipe umgebracht wurde.
„Liebenswerter Mann mit kölscher Schnüss“
K. war im Veedel und über die Grenzen hinaus bekannt, außerdem als Ehrensenator der Prinzengarde Frechen im Karneval aktiv. „Die Kneipe war sein Wohnzimmer“, berichtet Bruns. Im gleichen Haus darüber wohnte das alleinlebende Opfer bis zu seinem Tod. Seit etwa 20 Jahren soll K. die Kneipe betrieben haben. „Die hatte jeden Tag auf. Wir haben hier sogar Heiligabend gesessen“, sagt ein Passant. „Die Kneipe war sein Leben. Und sie war immer voll. Eine Goldgrube.“ Immer wenn der 1. FC Köln gespielt hat, trafen sich die Fans aus der Gegend, manche tranken hier ein paar Stunden vor Anpfiff das erste Kölsch des Spieltags und machten sich dann auf den Weg ins nahe gelegene Stadion. „Es kamen sogar Leute vom FC-Fanclub aus Aachen her, um hier das Spiel zu sehen“, sagt Bruns.
Diejenigen, die K. kannten, bezeichnen ihn als einen „liebenswerten Mann mit kölscher Schnüss“ oder liebevoll als einen „Asi mit Niveau“. Flotte Sprüche scheinen ihn ausgezeichnet zu haben, die zwar frech waren, aber nie daneben. „Dass jemand so einen feinen Kerl umbringt, macht mich fassungslos“, sagt Bruns. „Ich hoffe nur, dass es niemand war, den man kennt, keiner der anderen Stammgäste. Allein bei dem Gedanken stellen sich bei mir alle Nackenhaare auf.“
Auch BVB-Fans trauern um Kölner Wirt
Gekommen um zu trauern, sind auch zwei BVB-Fans mit einem Blumenstrauß, auf dem zwei Dortmunder Wappen stecken, die an diesem Frühlingsnachmittag fast so gelb strahlen wie die Forsythien im Vorgarten der Alten Post. „Immer wenn wir gegen Köln gespielt haben, waren wir hier, zuletzt am Sonntag. Auch wenn es eine FC-Kneipe ist, waren hier alle gern gesehen“, sagt die junge Frau. „Der Manni“ habe alle willkommen geheißen. „Der war so ein lebensfroher Mann.“
Da wo Dutzende Fans am Sonntag noch das 1:1 des FC gegen Dortmund schauten, sind jetzt Mitarbeiter des Erkennungsdienstes und der Rechtsmedizin in Schutzanzügen und sichern Spuren. Vor dem Eingangstor legen die beiden BVB-Fans ihren Blumenstrauß hin, darauf ein Zettel mit den Worten „Mach’s gut.“
Morgen der Tat wird nun rekonstruiert
Für die Mordkommission gilt es nun unter anderem, die Stunden vor K.s Tod zu rekonstruieren. Wie Bekannte vor Ort berichten, soll K. morgens regelmäßig recht früh das Haus kurz verlassen haben, um sich beim Bäcker Brötchen und eine Zeitung zu holen. Mittwochs und samstags ging er dann noch zum Markt und kaufte Lebensmittel für seine Küche ein. Auch an diesem Morgen soll K. noch in der Bäckerei gewesen sein. Gegen 7 Uhr, also etwa zwei Stunden vor seinem Tod, wurde er Zeugenaussagen zufolge jedenfalls noch lebend gesehen, teilte die Polizei mit. Was in den folgenden zwei Stunden passierte, ist unklar.
Die Ermittler suchen dringend Zeugen, die sich unter der 229-0 oder in jeder Polizeiwache melden können. Am Freitag waren die Hintergründe noch völlig unklar. Kein Tatverdächtiger gefasst, kein Motiv vermutet, keine heiße Spur. Die Frage, die sich in der Goethestraße alle stellen, ist: „Wer macht sowas bloß?“