Kölner Demonstranten angefahrenScharfe Kritik nach Freispruch für AfD-Politiker
Köln – Das Kölner Landgericht hat einen AfD-Politiker aus Bonn in zweiter Instanz freigesprochen, nachdem dieser mit dem Auto auf eine Gruppe von Demonstranten in Kalk zugefahren war. Ein Mann war auf der Motorhaube gelandet. Der Richter hatte das als Notwehr gewertet. Die Staatsanwaltschaft will das nicht akzeptieren, das Bündnis „Köln gegen Rechts“ spricht sogar von einem Skandal-Urteil.
Kölner Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt
Die Entscheidung sei nach dem Verlauf der Hauptverhandlung nicht richtig und auch die mündliche Urteilsbegründung habe nicht überzeugt, erklärt Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn aus der Staatsschutz-Abteilung der Behörde auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man habe daher Revision zum Oberlandesgericht eingelegt und warte nun auf das schriftliche Urteil des Vorsitzenden Richters.
Laut Anklage war der 25-jährige Beschuldigte nach einer AfD-Veranstaltung im April 2019 an einer Kreuzung auf eine Gruppe von Gegendemonstranten getroffen. Er selbst sprach von einer Bedrohungslage. Mit dem Auto hatte der Politiker einen Rollstuhlfahrer touchiert, dann einen Krankenpfleger aufgegabelt und mitgeschleift. Dieser erlitt schmerzhafte Prellungen.
Köln: Richter spricht von Nötigung und Notwehr
„Ich hatte die Möglichkeit auf die Motorhaube zu springen oder mich überfahren zu lassen“, so hatte das Opfer bereits vor dem Amtsgericht den Moment geschildert, als der Leihwagen des AfD-Politikers auf ihn zugefahren war. Er habe sich geistesgegenwärtig fürs Draufspringen entschieden. „Er hätte auch zur Seite springen können“, urteilte hingegen der Vorsitzende Richter Thomas Beenken.
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Beenken sprach von Nötigung, nachdem die Demonstranten vor dem AfD-Politiker provozierend langsam die Straße überquert und diesen blockiert hätten. Daher der Freispruch. Das Amtsgericht hatte den Angeklagten in erster Instanz wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, gefährlicher Körperverletzung und Fahrerflucht zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Kölner Opfer völlig entsetzt über Freispruch
„Dieses Urteil ist ein absoluter Skandal. Es reiht sich ein in eine lange Liste der Verharmlosung rechtsextremer Gewalt“, erklärt das Kölner Bündnis „Köln gegen Rechts“. Opfer-Anwalt Eberhard Reinecke kündigte ebenfalls Revision an. Es ginge nicht nur darum, wie dreist ein AfD-Funktionär auftreten dürfe, auch dürfe das Faustrecht im Straßenverkehr nicht weiter um sich greifen.
Über das Bündnis meldete sich auch der angefahrene Krankenpfleger zu Wort. „Ich kann gar nicht beschreiben, wie wütend und sprachlos ich bin“, erklärt dieser. Er sei vom Opfer zum Täter gemacht worden, „als habe ich es selbst provoziert überfahren zu werden.“ Er fühle sich jetzt gerade allein gelassen von der Justiz, „und ich habe jegliches Vertrauen in die Rechtsprechung verloren.“