Das Ehepaar stieß durch Zufall auf das erstaunlich gut erhaltene Exemplar. Sie erzählen, was er (nicht) kann und was sie mit ihm erlebt haben.
„Alte Liebe rostet nicht“Dorothee Dernbach und Andreas Oestern aus Köln und ihr Fiat 500 Giardiniera
Der Fiat Nuova 500 ist bekannt wie ein bunter Hund, die Kombi-Version des Ur-Cinquecento eher weniger. Die „Giardiniera“, übersetzt Gärtnerin, sollte vor allem das italienische Kleingewerbe mobilisieren. Der im Heck untergebrachte Motor wurde um 90 Grad gekippt, um eine ebene Ladefläche zu erhalten, der Radstand um einige Zentimeter verlängert. Fertig war die Mini-Laube.
- Typ: Fiat Nuova 500 Giardiniera
- Baujahr: 1969
- Leistung: 18 PS
- Hubraum: 499 ccm
- Zylinder: 2
- Max. km/h: 80
- Verbrauch: ca. 6 Liter
- Gebaute Exemplare: 446 000
Viele der zwischen 1960 und 1976 gebauten Giardinieras wurden gnadenlos verheizt. Umso überraschter waren Dorothee Dernbach aus Ossendorf und ihr Mann Andreas Oestern, als sie am Brüsseler Platz auf ein erstaunlich gut erhaltenes Exemplar stießen. Der Zufallsfund mit den hinten angeschlagenen „Selbstmördertüren“ und der riesigen Heckklappe machte es ihnen aber zumindest am Anfang nicht leicht.
Deshalb haben wir ihn
Dorothee Dernbach: Bei einem Familienurlaub in Kärnten sind wir in eine Cinquecento-Oldtimerausfahrt geraten. Die 500er fuhren wie an der Perlenschnur in allen Farben an uns vorbei, da habe ich mich in dieses Auto schockverliebt. Für mich war klar: So einen will ich mal haben. Doch gezielt gesucht haben wir danach nicht, unser Auto hat sich finden lassen. Bei ziemlich schlechtem Herbstwetter sind wir über den Brüsseler Platz geschlendert, als da plötzlich im Regen eine rote Giardiniera stand mit einem Pappschild im Heck: „Zu verkaufen.“ Der Besitzer war ein Grieche, der am Brüsseler Platz ein Lokal hatte, das er nun an seine Tochter übergeben wollte, um dauerhaft nach Kreta überzusiedeln.
Er hatte das Auto als Werbung für sein Restaurant genutzt und ab und zu auch Essen damit ausgeliefert. Wir dachten schon, es hätten tausende Interessenten bei ihm angerufen. Dem war aber nicht so, wir waren die ersten. Denn zum Glück hatte er nicht online inseriert. Ein paar Tage später sind wir dann zusammen eine Runde um den Block gefahren und wir haben gesagt: Ok, machen wir. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag. Vor dem Kauf wollten wir ihn zur Sicherheit nochmal in einer italienischen Oldtimer-Werkstatt überprüfen lassen. Denn weder wir noch der Verkäufer kannten sich mit der Technik richtig gut aus.
Andreas Oestern: Als wir das Auto abholen wollten, tat sich plötzlich gar nichts. Der Gaszug war gerissen. Wir haben dann mit der Werkstatt einen neuen Termin vereinbart. Der Vorbesitzer wollte den Fiat mit einem Abschleppwagen dorthin bringen lassen. Ehrlicherweise dachten wir: Ein Grieche, ein Italiener und zwei Deutsche treffen sich um 9 Uhr samstags in einer Werkstatt und es muss auch noch ein Abschleppwagen organisiert werden? Das klappt nie. Als wir um kurz nach 9 Uhr eintrafen, amüsierten sich die beiden bereits köstlich über die beiden Deutschen, die als einzige zu spät kamen. Das Auto war natürlich auch längst da.
Dorothee Dernbach: Während das Auto repariert wurde, haben wir mit dem Besitzer den Vertrag unterschrieben und das Geld überwiesen. Danach sagte der Mechaniker, dass die Bremsen nicht in Ordnung seien und er uns das Auto so nicht überlassen könne. Oha, schließlich wollte der Vorbesitzer am nächsten Tag für immer nach Griechenland ausreisen. Doch es hat alles geklappt, er hat sofort die Kosten für die Reparatur übernommen. Aber das alles war eine Action, die wir nicht erwartet hatten.
Das kann er
Dorothee Dernbach: Aufmerksamkeit erregen.
Andreas Oestern: Wir fahren gern zum italienischen Supermarkt bei uns in der Nähe. Da sind wir die Helden auf dem Parkplatz.
Dorothee Dernbach: Wir waren auch schon bei einem anderen italienischen Supermarkt. Da kam dann eine Durchsage: „Wem gehört das Auto da draußen, ich möchte es kaufen.“ Das war ein Kunde, mit dem wir uns dann nett unterhalten haben. Das Auto haben wir aber natürlich nicht verkauft.
Andreas Oestern: Der Fiat ist wendig und praktisch. Aber so klein, wie er aussieht, ist er gar nicht. Man kann bequem zu viert drinsitzen und kriegt trotzdem noch eine Kiste Bier unter. Er hat auch schickere Felgen vom Automobil-Tuner Abarth und ein Sportlenkrad. Damals war das schon eine ganze Menge. Ansonsten ist er ziemlich spartanisch ausgestattet. Aber ein Radio braucht man sowieso nicht, denn man würde es nicht hören bei dem Krach, den der Motor macht.
Dorothee Dernbach: Er braucht auch keine Klimaanlage, weil man ja das wunderbare Faltdach hat. Und der Motor heizt im Winter mit, im Sommer allerdings auch. Es ist erstaunlich, wie wenig Auto man eigentlich braucht.
Das kann er nicht
Andreas Oestern: Damit zu fahren, war am Anfang überhaupt nicht witzig. Die Pedale sind nicht für meine Schuhgröße 42 gemacht. Und auch das mit dem Zwischengas musste ich üben. Im Stau zu fahren, macht damit gar keinen Spaß.
Dorothee Dernbach: Er kommt von der Ampel nicht weg. Bis er ein bisschen Geschwindigkeit bekommen hat, hat man schon viel Ärger erregt.
Andreas Oestern: Das Scheinwerfer-Licht und die Scheibenwischer sind eigentlich nicht brauchbar. Der italienische Mechaniker von der Werkstatt sagte: „Das ist ein Sommerauto aus Italien, was wollen Sie denn?“ Ein großes Problem sind auch die vielen abgesackten Gullydeckel in Köln. Da passen wir immer höllisch auf. Ich glaube, so ein Loch würde der Wagen mit seinem Fahrgestell nicht überleben.
Das haben wir für ihn getan
Dorothee Dernbach: Der Wagen stand ja die ganze Zeit draußen, deshalb haben wir ihn zum Autoaufbereiter gegeben. Er hat dort eine Lackkur bekommen.
Andreas Oestern: Der Aufbereiter war total begeistert und hat den Wagen ohne Aufpreis komplett auseinander gebaut. Dabei hat er nur im Fußbereich einen kleinen Rostfleck gefunden und ein paar rostige Schrauben ausgetauscht. Neue Türdichtungen habe ich selbst eingesetzt. Ansonsten ist der Wagen in einem erstaunlich guten Zustand gewesen.
Das haben wir erlebt
Andreas Oestern: Auf der Fahrt von der Arbeit bin ich mal im Dunklen bei Feierabendverkehr auf der Luxemburger Straße liegen geblieben und wurde mit einem riesigen Abschleppwagen abgeholt. Unser Auto sah darauf aus wie ein Spielzeug. Das war aber wirklich die letzte Panne, die wir mit dem Auto hatten.
Als wir 2021 geheiratet haben, sind wir im Fiat wegen Corona ganz alleine zum Standesamt gefahren. Vorher habe ich extra ein Parkhaus ausfindig gemacht ohne große Steigungen. Denn die Handbremse zieht nicht genug. Nach dem Standesamt haben wir an der Philharmonie Station gemacht und aus dem Auto heraus Sekt an die Familie verteilt. Solche Versammlungen waren damals am Rathaus nicht erlaubt.
Das haben wir vor
Dorothee Dernbach: Den Wagen zu unserem Haus in die Eifel bringen, um dort über die Landstraßen zu fahren. Bisher war das nicht möglich, weil wir den Boden der Scheune für das Auto erst herrichten müssen, es wegen der Flutkatastrophe aber keine Handwerker gab. Eine Tour in Italien wäre auch sehr schön, wenn wir in Rente sind und mehr Zeit haben. Dann werden wir uns auch um die Geschichte des Autos kümmern. Bisher wissen wir nur, dass es mal als Rennwagen genutzt worden sein soll. Und das alte Kennzeichen verrät, dass es in der italienischen Provinz Ascoli Piceno zugelassen wurde. Alles Weitere will noch recherchiert werden.