Köln – Es war natürlich ganz großes Kino, als Bernd Eichinger am 20. Dezember 1991 den „Cinedom“ eröffnete. Der Filmproduzent hatte das Grundstück wenige Jahre zuvor über eine Projektgesellschaft erworben und schaltete nun in der Kuppel eines der ersten „Multiplex“-Kinos Deutschlands einen künstlichen Himmel aus 3200 Glasfaserdioden ein. Der Rest ist Geschichte, noch heute ist der Cinedom, das „gestrandete Raumschiff“, wie eine Zeitung schrieb, der größte Publikumsmagnet im Kölner Mediapark. Es sei denn, ein potenziell tödliches Virus macht dem Spaß ein Ende.
Aufbruchstimmung am Hansaring
Pandemien waren vor 30 Jahren höchstens Stoff für die Kinoleinwände. In der Realität herrschte Aufbruchstimmung nördlich des Hansarings, das neue Quartier „Mediapark“ war der städtebauliche Griff zu den Sternen. Dort, wo wenige Jahre zuvor noch Güterloks rangierten, wollte Köln nun auf den Zug in die Zukunft aufspringen. Nach den Plänen des deutsch-kanadischen Architekten Eberhard Zeidler entstanden Gebäudekomplexe, die wie Kuchenstücke um eine halbrunde Piazza herum drapiert wurden.
Ein künstlicher See schmückte an der Erftstraße das hochmoderne Ensemble, das schließlich mit dem 165 Meter hohen Kölnturm sein Highlight fand. Südlich davon schloss sich ein schlangenartiges Band aus Wohnhäusern an. Das alles nahm mit dem Cinedom seinen Anfang: das Groß-Kino war das erste Gebäude, das im Mediapark fertig wurde.
Am Mediapark hätte auch der Hauptbahnhof liegen können
Dass die Deutsche Bahn in den 1980er Jahren das Gelände des Güterbahnhofs Gereon aufgab, bezeichnet der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings als „Geschenk des Himmels“. Auch wenn das ursprüngliche Konzept nicht aufging und kaum ein Gewächs der Kölner Medienlandschaft hier langfristig gedeihen wollte, sei das Areal städtebaulich sehr gelungen. Der Mediapark sei eine „ganz wunderbare Figur“ und überdies gut an die bestehende Bebauung der nördlichen Neustadt angebunden worden, schwärmt der Kunsthistoriker.
Es hätte genauso gut anders kommen können. Mindestens zwei Mal kursierten in Köln ernsthafte Überlegungen, den Hauptbahnhof der besseren Expansionsmöglichkeiten wegen an den Güterbahnhof Gereon zu verlegen. Statt Kinokarten würden dann heute Intercity-Tickets verkauft. Aber sowohl Ende des 19. Jahrhunderts als auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der Bahnhof, wo er sich seit 1859 befindet: neben dem Dom.
Die Anfänge des Güterbahnhofs gehen ebenfalls auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Damals wurde er noch durch die Stadtmauer vom Rest der Stadt getrennt. Als der Befestigungsring 1881 gefallen war und wenig später feststand, dass der Hauptbahnhof an alter Stelle neu errichtet werden sollte, wurde der Bahnhof stark ausgebaut. Ladestraßen und Geräteschuppen entstanden, das Areal, benannt nach der nahegelegenen Kirche St. Gereon, entwickelte sich zu einem der größten Stückgut-Umschlagplätze Deutschlands.
Sein ursprünglicher Zweck sei es gewesen, das umliegende Gewerbe zu bedienen, so Ulrich Krings: „Deswegen mussten die Gewerbetreibenden dort mit ihren Fuhrwerken und später mit ihren Lkw von der Stadtseite vorfahren können.“ Der Güterbahnhof Gereon sei der große Lager- und Anlieferplatz für die gesamte Innenstadt gewesen.
Als der Transport sich mehr und mehr auf die Straße verlagerte, ging die Zeit des Bahnhofs zu Ende. Die Bahn verkaufte 1987 rund 200 000 Quadratmeter des Güterbahnhof-Geländes an die Stadt, die es zur Bündelung von Medienunternehmen nutzen wollte. An den einstigen Rangierbetrieb erinnern heute nur noch einzelne Relikte. Das ehemalige Verwaltungsgebäude an der Maybachstraße 111 gehört ebenso dazu wie das Stellwerkhäuschen aus den 1920er Jahren auf dem großen Spielplatz. Im künstlichen See steht eine Bogenreihe, die zum Fundament eines Güterschuppens gehörte. Auf dem Weg zum Cinedom werden sich schon viele Kinobesucher über die sonderbaren Mauerreste gewundert haben.