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27 FälleSchleuserbanden-Mitglied soll Flüchtlinge nach Köln geholt haben

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Symbolbild

Köln – Gut zwei Jahre lang soll Tarek F. als Mitglied einer Bande daran mitgewirkt haben, Ausländer nach Deutschland, Großbritannien oder Skandinavien zu schleusen. Deshalb muss sich der 49-jährige Iraker seit Montag vor dem Kölner Landgericht verantworten. 27 Fälle sind angeklagt. Hinzu kommt der Vorwurf, im April dieses Jahres habe er eine 29 Jahre alte Iranerin, die er von Trient nach Köln gebracht haben soll, zum Sex gezwungen.

In einem Vorgespräch hat die 1. Große Strafkammer signalisiert, nur in 15 Fällen der mutmaßlichen Einschleusung sehe sie einen dringenden Tatverdacht. Außerdem geht sie davon aus, dass der Gesamtbetrag, den der Angeklagte bekommen haben soll, anders als von der Staatsanwaltschaft angenommen deutlich unter 220.000 Euro liegt.

Prozess in Köln: Tarek F. nahm Flüchtlinge in Italien entgegen

Die Anklage: Spätestens im Dezember 2016 schloss sich Tarek F. mit drei Mittätern zusammen, um vor allem aus dem Irak Menschen auszuschleusen. Dafür kooperierten sie mit einer Schleuserorganisation in der Autonomen Region Kurdistan. Die Fluchtwilligen mussten Geld auf ein Konto überweisen, von dem Beträge an die Helfer flossen, die für einzelne Etappen des Fluchtwegs zuständig waren. Entweder wählten die Menschen die Balkanroute, oder sie flohen über das Mittelmeer nach Italien.

Tarek F. (Name geändert) nahm die Flüchtlinge – Erwachsene, Kinder, ganze Familien – meist in Italien oder Ungarn entgegen und brachte sie im Wagen weiter. Als im Juli 2018 in Ungarn Mittäter verhaftet wurden, machte er sich „selbständig“, unterstützt von seiner Frau, die sich unter anderem um den Geldtransfer und die Unterbringung der Flüchtlinge kümmerte. So weit in Kürze die Anklage.

Köln: Vorstellungen über Strafmaß liegen weit auseinander

Das Vorgespräch über das mögliche Strafmaß hat ergeben, dass die Vorstellungen weit auseinander liegen. Während die Verteidigung eine Strafe unter vier Jahren und Haftverschonung anstrebt, hält die Staatsanwaltschaft bis zu sechs Jahren und drei Monaten Haft für angemessen, noch ohne Berücksichtigung des Vorwurfs der Vergewaltigung.

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Einen Zusammenhang mit einem Schleusernetzwerk gebe es nicht, erklärte am Montag der Verteidiger, bevor er begann, zu zwei Fällen Stellung zu nehmen. In einem Fall habe Tarek F. Mitgliedern der weiteren Verwandtschaft, die es mit knapper Not auf einem Schiff nach Italien geschafft hätten, als Fahrer eines Mietwagens dabei geholfen, nach Deutschland zu gelangen. Im zweiten Fall habe er nach einer Dienstfahrt als Chauffeur für Geschäftsleute in Mailand drei in Not geratene Iraker kennen gelernt, die unbedingt nach Deutschland gewollt hätten.

Zwei hätten sich wegen Erkrankungen behandeln lassen wollen, der dritte habe „ihn stark an seinen Sohn erinnert“. Aus Mitleid habe er die Männer nach Köln mitgenommen; dabei sei ihm klar gewesen: „Es war eine illegale Einreise.“ Doch in keinem Fall habe er sich bezahlen lassen.

Für den Prozess sind zwölf Verhandlungstage vorgesehen.