In der JVA Ossendorf hat sich der Hauptbeschuldigte im Prozess um den Lynchmord von Köln-Höhenberg vor dem Urteil selbst getötet.
JVA OssendorfAngeklagter im Kölner „Lynchmob-Prozess“ begeht Suizid
Kurz vor einer drohenden Verurteilung zu lebenslanger Haft hat sich ein Angeklagter im sogenannten „Lynchmob-Prozess“ selbst getötet. Der 57-Jährige hatte sich in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf (JVA) schwere Verletzungen zugefügt und starb wenig später in einem Krankenhaus, sagte Richterin Sabine Kretzschmar am Freitag im Landgericht.
Ebenfalls beschuldigt war der Sohn des Verstorbenen, der nach der Nachricht zum Tod seines Vaters einen Schwächeanfall erlitt und damit nicht mehr verhandlungsfähig war. Dem 23-Jährigen droht immer noch eine lebenslängliche Haftstrafe wegen gemeinschaftlichen Mordes an einem Autofahrer im Kölner Stadtteil Höhenberg. Das für Freitag angesetzte Urteil in der Sache wurde auf nächste Woche verschoben.
Der „Lynchmord“-Fall wird seit Wochen in drei Parallel-Prozessen verhandelt. Ausgangspunkt war laut Anklage eine Fehde zweier Familien-Clans. Der Bruder des späteren Opfers soll in der Nacht zuvor über Facebook die andere Familie beleidigt haben. Das Familienoberhaupt der Gegenseite habe laut Anklage daraufhin Rache geschworen, „und daran sollten und wollten sich alle beteiligen“.
Bis zu 30 Männer hatten sich am Tattag auf der Straße in Höhenberg versammelt. Der 23-jährige Angeklagte soll einen Gegenstand aus seiner Tasche gezogen und auf das spätere Opfer zugelaufen sein, nachdem dieser bereits aus dem Auto gezogen worden war. Laut Staatsanwalt habe er sich aber abgewendet, als er realisiert habe, „dass ein aktives Eingreifen nicht mehr erforderlich war“.
Köln: Verteidiger hatten Freispruch beantragt
Der nun Verstorbene habe einen Fluchtwagen gesteuert. Für die Staatsanwaltschaft stand zuletzt fest, dass der Mann und dessen Sohn sich des gemeinschaftlichen Mordes schuldig gemacht hätten. Spätestens nach der Ankunft in Höhenberg hätten die Männer den Mordplan unterstützt und gebilligt. Daher seien diese als Mittäter so zu bestrafen, als hätten sie selbst aktiv eingegriffen.
Grundsätzlich stand und steht aber auch noch ein Freispruch im Raum, den die Verteidiger Ingmar Rosentreter und Pantea Farahzadi für die beiden Angeklagten beantragt hatten. Sie sehen keinen Beweis für einen gemeinsamen Mordplan. Wie die Schwurgerichtskammer den Sachverhalt in Bezug auf den jüngeren Beschuldigten bewertet, will sie am kommenden Mittwoch verkünden.
Beratung und Seelsorge in schwierigen Situationen
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