Durch eine neue Entwicklung im „Glukose“-Fall mit zwei Toten droht der verurteilten Apothekerin nun wieder eine deutlich höhere Strafe.
Nach Bewährungsurteil für tödlichen FehlerApothekerin aus Köln droht nun doch höhere Strafe

Die verurteilte Apothekerin zwischen ihren Rechtsanwälten beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.
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Der wegen fahrlässiger Tötung und unterlassener Hilfeleistung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilten Apothekerin droht nun wieder eine deutlich höhere Strafe. Wie die Pressestelle des Landgerichts dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt, hat die Staatsanwaltschaft Revision gegen die umstrittene Entscheidung eingelegt. Der Fall wird somit wohl den Bundesgerichtshof beschäftigen.
Köln: Apothekerin für tödliche Verwechslung schuldig gesprochen
Das Schwurgericht hatte die Angeklagte schuldig gesprochen, für eine tödliche Verwechslung gesorgt zu haben. Die 52-Jährige soll versehentlich Reste eines hochgefährlichen Narkosemittels in einen Glukose-Eimer geschüttet haben. Eine Schwangere nahm die toxische Mischung für einen Diabetestest beim Arzt zu sich, kollabierte. Sie und ihr per Notkaiserschnitt auf die Welt geholtes Baby starben.

Die tödliche Verwechslung geschah laut Urteil in der Heilig-Geist-Apotheke in Longerich.
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Der Staatsanwalt hatte nach der Beweisaufnahme zwar keinen Beweis dafür gesehen, dass die Apothekerin das tödliche Gemisch hergestellt hatte. Wohl sah er aber einen versuchten Mord durch Unterlassen. Die Angeklagte soll nämlich eine Vermutung gehabt haben, wie die Patientin vergiftet wurde. Und dies den Ärzten verschwiegen haben, die um das Leben von Mutter und Kind kämpften.
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Landgericht Köln sah unterlassene Hilfeleistung
Das Landgericht sah darin lediglich eine unterlassene Hilfeleistung und legte als Einzelstrafe für das Verschweigen nur eine Geldstrafe von 7200 Euro (90 Tagessätze zu je 80 Euro) fest, die in die Bewährungsstrafe eingeflossen war. Der Staatsanwalt hatte allein für den mutmaßlichen Vertuschungsversuch eine Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren für die Apothekerin gefordert.
Hält die Staatsanwaltschaft an der bereits einen Tag nach dem Urteil eingelegten Revision fest, dann wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe den dramatischen Sachverhalt bewerten. Sehen die obersten Richter ebenfalls das Mordmerkmal und bestätigen gleichzeitig die fahrlässige Tötung, dann könnte sich die Strafe für die Apothekerin bei einer Neuauflage des Prozesses erheblich erhöhen.
Köln: Verteidiger der Apothekerin forderten Freispruch
Dass bei zwei toten Menschen lediglich von versuchtem Mord gesprochen wird, liegt an der Tatsache, dass die Schwangere und ihr Kind auch bei einer Alarmierung der Ärzte und Verabreichung eines Gegengiftes laut Gerichtsmedizin nicht mehr hätten gerettet werden können. Das habe laut Vorsitzender Richterin womöglich auch die Apothekerin geahnt und auch deshalb geschwiegen.
Die Verteidiger der Apothekerin aus Longerich hatten insgesamt einen Freispruch gefordert und die Einlegung der Revision in Erwägung gezogen. Dies ist noch bis Donnerstag möglich. Die Angehörigen der Verstorbenen hatten 75.000 Euro Schadenersatz vom Betreiber der Heilig-Geist-Apotheke erhalten. Der Lebensgefährte der Frau und Vater des Babys hatte den Prozess im Saal verfolgt.