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Ohne Kölsch und mit HakenkreuzEin Kölner Pavillon an der Seine in Paris

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Die Gastronomie-Terrasse des Pavillions an der Seine: mit Kölner Stadtwappen über der Fensterfront.

Köln – Der Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, Mario Kramp, hat bei Recherchen in den Archiven des Auswärtigen Amts in Berlin sowie in den Archiven der französischen Hauptstadt eine außergewöhnliche Geschichte zusammengetragen, die jetzt als Sonderausstellung zu sehen ist. Kramp erzählt darin die nach 1945 weitestgehend unbekannte Geschichte des so genannten „Kölner Pavillons“. Der wurde zur Weltausstellung 1937 in Paris – die insgesamt 31 Millionen Menschen besuchten – am Ufer der Seine, gegenüber des Eiffelturms, aufgebaut und bescherte Köln einen einzigartigen Auftritt.

Zur Weltausstellung hatten 40 Nationen ihre mitunter imposanten „Häuser“ errichtet. Wie eine Vorwegnahme des Zweiten Weltkriegs waren das von Albert Speer entworfene „Deutsche Haus“ und das Haus der Sowjetunion die monumentalsten Bauten der Weltausstellung. Sie standen sich auch noch genau gegenüber. Aber nur Deutschland durfte noch ein zusätzliches Haus einrichten: den „Kölner Pavillon“. Die Idee musste auf deutscher Seite von Adolf Hitler persönlich genehmigt werden.

„Vor 1945 trank man auch in Köln mehrheitlich Pils“

Von wem die Idee zum Pavillon war, ist nicht genau zu rekonstruieren. Aber es gibt Hinweise, dass sie als Geste von deutsch-freundlichen Akteuren auf französischer Seite kam. „Die Franzosen waren von den Nazis bedroht und fasziniert zugleich. Hier sehen wir, wie sie den deutschen Nachbarn eher beschwichtigen wollten.“, erzählt Kramp.

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Weltausstellung 1937 in Paris

Und so sei Köln plötzlich auf der Bühne der Weltgeschichte gewesen, „und es wurde eine Tragödie gespielt, auch wenn man das damals noch nicht wusste.“ Rückblickend erscheint das Schauspiel gespenstisch, wie schon die Durchführung der Olympischen Spiele ein Jahr zuvor in Berlin.

Der Pavillon war eine Mischung aus Ausflugsterrasse und Ausstellungsraum. Es gab kein Kölsch, sondern Pils. Mario Kramp erklärt: „Kölsch ist ein Mythos der Nachkriegszeit. Vor 1945 trank man auch in Köln mehrheitlich Pils. Und der Kölner Pavillon wurde nach einer Anfrage des Kölner IHK-Chefs mit Bitburger beliefert.“ Bitburger hat im Firmenarchiv noch Original-Material aus dem Pavillon und stellte es für die Ausstellung zur Verfügung.

Kölsche Folklore, während Deutschland einen Krieg vorbereitete

Die Raumdecke des Kölner Pavillons war mit doppelköpfigen Kölner Wappen-Adlern bemalt, auch ein großes Wandbild (Kölns Altstadtpanorama) wurde gezeigt. In Vitrinen waren Kostbarkeiten aus Kölner Museen und Werke aus der Kölner Handwerkerschule ausgestellt, dazu Kölner Produkte von Firmen wie Stollwerck, Mülhens, Haus Neuerburg, Clouth und der Humboldt-Deutzmotoren AG. Es gab auch einen 270 Mann starken Auftritt des Kölner Männer Gesangvereins – kölsche Folklore, während Deutschland in Wahrheit einen grausamen Krieg vorbereitete.

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Gespenstisch erscheint ein weiteres Detail der Geschichte, von dem Museumsdirektor Kramp erzählt. Nach Ende der Pariser Ausstellung wurden die zahllosen Steine, aus denen das monumentale, fensterlose „Deutsche Haus“ bestand, der Stadt Köln verkauft.

Mit den „Werksteinen“ wurde 1939 der Bau eines „Kunsthauses“ am Aachener Weiher begonnen, der aber kriegsbedingt wieder eingestellt wurde. „Die dort lagernden Steine wurden dann, so wird gemunkelt, von Kölner Parteigenossen und Hausbesitzern für eigene Baumaßnahmen verwendet.“ So verschwanden die Reste des von Albert Speer erbauten „Deutschen Hauses“ in den Kriegswirren an unbekannten Orten in Köln. (red)

Zur Ausstellung, die noch bis zum 15. Dezember im Kölnischen Stadtmuseum zu sehen ist, ist im Greven Verlag folgender Begleitband erschienen: Mario Kramp: Köln an der Seine. Der Kölner Pavillon auf der Pariser Weltausstellung 1937. 272 Seiten, 30 Euro.