Olympia 1936Wie Amateurfotografen die instrumentalisierten Spiele sahen
- Wer an die Olympiade 1936 in Berlin denkt, hat schnell die Bilder aus dem „Olympia“-Film von Leni Riefenstahl oder Presse-Bilder der damaligen Zeit im Kopf.
- Doch die sportlichen Spiele wurden damals auch aus einer unprofessionellen und unzensierten Seite festgehalten: von Amateurfotografen.
- Nun gibt es etwa 200 solcher privater Bilder in einer Sonderausstellung zu sehen.
Köln – Seit Anfang der 1930er Jahre ist die Fotografie für Amateure und als Hobby erschwinglich. Ab 1932 wurde in Deutschland eine Kamera namens Preisbox verkauft – bestehend aus Pappe, Holz und Blech. Für vier Reichsmark konnten sich verhältnismäßig viele das Modell leisten. Auch die Klappkamera kam auf den Markt – robust und einfach zu transportieren. Für die deutschen Amateurfotografen kamen die Olympischen Spiele 1936 da gerade recht: Ein Großereignis mit internationaler Bedeutung, emotionale Wettkämpfe und eine geschmückte Ausrichterstadt Berlin.
Bislang ist die visuelle Erinnerung hauptsächlich durch den „Olympia“-Film von Leni Riefenstahl geprägt, der durch seine Über-Ästhetisierung ganz im Sinne der Nationalsozialisten die Olympische Idee missbrauchte – Nazi-Propaganda in bereinigten Bildern. Doch auch Amateurfotografen haben die Spiele festgehalten.
Etwa 200 private und unzensierte Bilder sind nun in der Sonderausstellung „Olympia 1936 – Ein Großereignis im Kleinformat“ bis zum 27. Oktober im Sport- und Olympiamuseum zu sehen.
Auf Dachböden gefunden
Vor etwa einem Jahr hat Sammler Emanuel Hübner Kontakt zu den Kuratoren Claudia Firner und Kai Hilger aufgenommen. Er habe die Bilder auf verschiedenen Dachböden zusammengesucht. Die Identitäten der Fotografen sind in der Regel unbekannt. Im Original haben die Bilder das zeitgenössische Format 6x9. Von ausgewählten Fotos wurden für die Ausstellung auch Vergrößerungen erstellt.
„Die Amateure zeigen uns Berlin aus der Sicht des privaten Olympiatouristen, dessen Bilder keinen kommerziellen Interessen unterworfen waren und nicht perfekt sein mussten“, sagte Hübner bei der Ausstellungseröffnung. Sie ermöglichten dadurch eine alltagsgeschichtliche Sicht auf das Großereignis.
So zeigt ein Bild eine mit Fähnchen und Flaggen herausgeputzte Straße. Oder eben einen Mann am Stadion, der glücklich eine Bratwurst hält. Im Hintergrund liegt Müll auf dem Boden. „Das hätte es auf offiziellen Bildern nicht gegeben, das sind Momentaufnahmen“, so Museumsdirektor Andreas Höfer. Man könne nachempfinden, wie die Stadt aussah, welche Kleidung getragen und was gegessen wurde. „Diese privaten Aufnahmen sind authentisch. Sie sind ohne Intention, eine öffentliche Wirkung zu erzielen, gemacht worden – das macht sie so spannend“, sagte Höfer.
Alben zum Anfassen
In digitalen Bilderrahmen sind abwechselnd 50 Bilder aus der Sammlung zu sehen. Neben einer Preisbox-Kamera, die man in die Hand nehmen kann, gibt es auch Duplikate der Bilderalben zum Durchblättern. Die originalen Alben und einzelne Bilder sind in Vitrinen ausgestellt.
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An der Wand hängen Tafeln mit weiteren Bildern und historischen Einordnungen. Diese Bilder seien bislang unbeachtete Zeugnisse der Zeit, ein Stück Fotografie-Geschichte. Sie nun öffentlich zu machen, sei die Idee der Ausstellung, so Höfer.
Die Ausstellung im Sport- und Olympiamuseum ist dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Besuch ist im Museumseintritt enthalten.