Köln – Nach dem schweren Unfall mit einem Todesopfer auf der A3 prüft die Polizei auch am Samstag weiter die Unfallursache. Erkenntnisse, weshalb sich die Platte aus einer Lärmschutzwand löste, gebe es noch nicht, sagte ein Sprecher der Kölner Polizei. Unter anderem ein Ingenieur sei am Samstag vor Ort, um sich ein Bild von den Umständen zu machen.
Alle Erklärungen seien bislang nur Spekulationen, sagte der Sprecher. Man müsse vermutlich ein Gutachten abwarten, um die Ursache zu erfahren.
So lief der Unfall am Freitag ab
Das auch Stunden später für alle immer noch Unerklärliche geschieht am Freitag um 10.15 Uhr an einem der meistbefahrenen Autobahnabschnitte Deutschlands. Eine 66 Jahre alte Kölnerin fährt von Süden kommend auf der rechten Spur der A 3 in Dellbrück, als sich plötzlich kurz vor einer Straßenbahnbrücke ein mehrere Meter hohes und etwa fünf Tonnen schweres Betonteil aus der Lärmschutzwand löst und herabfällt. Die Platte begräbt den schwarzen Kleinwagen unter sich, die Fahrerin wird an Oberkörper und Kopf getroffen. Sie ist sofort tot. Ein Zeuge versucht noch, der Frau zu helfen, was sich aber als zwecklos erweist. Der Rettungsdienst bringt ihn mit einem Schock ins Krankenhaus.
Das enorme Gewicht der Betonplatte und die Fahrtgeschwindigkeit haben der Frau keine Chance zum Überleben gelassen. „Wir müssen davon ausgehen, dass eine enorme Energie auf das Fahrzeug eingewirkt hat“, sagt ein Polizeisprecher vor Ort.
Die Bergung auf der A3 in Köln dauert mehrere Stunden
Für die Männer und Frauen von Feuerwehr und Polizei beginnt ein hoch komplizierter Einsatz, der mehrere Stunden dauern wird. Insgesamt 30 Feuerwehrleute und Sanitäter kommen zu der Unfallstelle. Zunächst wird der Stau einspurig an der Unfallstelle abgeleitet, bevor die Autobahn bis in den frühen Nachmittag komplett gesperrt wird.
Währenddessen hievt der Kran die tonnenschwere Last von dem kleinen VW Polo, ein Tieflader bringt die Platte weg. Anschließend beginnen die Feuerwehrleute mit der Bergung des Opfers es. Dafür trägt der Kran den Unfallwagen mehrere Meter von der Betonwand weg. Niemand weiß zu diesem Zeitpunkt, ob von den anderen Platten der Wand noch eine Gefahr ausgeht, ob sie auch instabil sein könnten.
Erst etwa zweieinhalb Stunden nach dem Unfall kann die Frau geborgen werden. Kurz danach wird auch der Unfallwagen abgeschleppt.
Untersuchungen der Lärmschutzwand haben begonnen
Gleichzeitig laufen die ersten Untersuchungen der Lärmschutzwand. Es geht um die Suche nach der Unglücksursache. Statiker des Landesbetriebs Straßen NRW begutachten die Platten, am Nachmittag wird die Fahrbahn zum Teil wieder freigegeben.
Bis dahin ist ein Verkehrschaos mit erheblichen Staus auf fast allen Straßen und Autobahnen im Kölner Osten die Folge, zeitweise müssen auch die KVB-Linien 3, 13 und 18 getrennt werden, die auf der Brücke kurz hinter der Unfallstelle die Autobahn überqueren. Die jeweils rechten beiden Fahrspuren werden nun in beiden Richtungen zwischen dem Kreuz Köln-Ost und der Abfahrt Dellbrück gesperrt, damit dort alle Wände auf einer Länge von 2,1 Kilometern auf mögliche Schäden geprüft werden können. Wie lange die Prüfung dauern wird, ist noch unklar. Auch das Verkehrsunfallaufnahmeteam und das Kriminalkommissariat der Polizei nehmen ihre Arbeiten auf.
Regelmäßige Sichtprüfung der Lärmschutzwände in NRW
Lärmschutzwände des gleichen Typs wie an der Unglücksstelle sind nach Angaben eines Sprechers des Landesbetriebs Straßen NRW auch anderswo eingebaut worden. Eine Übersicht könne man derzeit aber nicht geben. „Unsere Lärmschutzwände werden im Rahmen der Sichtprüfung von den Meutereien natürlich untersucht“, sagte der Sprecher. Das geschehe unabhängig von dem tragischen Unglück am Freitag. „Seien Sie sicher, dass wir da jetzt noch einmal ein Augenmerk drauf richten.“ Niemand müsse Bedenken haben, an der Unglücksstelle über die Autobahn zu fahren, weil die rechten Fahrspuren ja gesperrt seien.
In Nordrhein-Westfalen stehen an rund 1000 Kilometern Autobahnen und Bundesstraßen Lärmschutzwände unterschiedlichster Bauweise. Ob und welche Gefahren von ihnen ausgehen könnten, soll in der kommenden Woche von der Landesregierung im Verkehrsausschuss des Landtags in einer Aktuellen Viertelstunde thematisiert werden. Die SPD-Fraktion hat sie beantragt.
Lärm soll durch Troglage und Flüsterasphalt gemindert werden
Die A 3 wird zwischen den Anschlussstellen Köln-Ost und Dellbrück in so genannter Tieflage geführt. Das heißt, dass für den Bau der Autobahn ein Geländeeinschnitt vorgenommen wurde und sich rechts und links der Fahrbahn Betonwände befinden. Oben auf den Betonstützwänden sind die eigentlichen Lärmschutzwände montiert, die Wände selbst sind mit Lärmschutzelementen ausgestattet.
Diese sogenannte Troglage ist bei Lärmschutzwänden eher die Ausnahme als die Regel. Sie kommt einer Tunnellösung schon sehr nahe. Um den Lärm noch mehr zu mindern, wurde bei den Fahrbahnen mit ein sogenannter Flüsterasphalt eingesetzt, der 2015 schon einmal erneuert werden musste. Der Ausbau der A 3 zwischen dem Autobahndreieck Heumar und dem Kreuz Leverkusen von Süden nach Norden zur Erweiterung von sechs auf acht Fahrspuren begann um die Jahrtausendwende. Sie war schon seit den 1980er Jahren dreispurig, hatte bei einem Verkehrsaufkommen von bis zu 160.000 Fahrzeugen am Tag die Grenze der Belastbarkeit längst erreicht.
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Der erste Abschnitt über 2,8 Kilometer zwischen dem Dreieck Heumar und dem Kreuz Ost wurde im Juni 2005 abgeschlossen. Der Bereich zwischen Köln-Ost und der Anschlussstelle Köln-Dellbrück, in dem sich der tödliche Unfall ereignete, erfolgte zwischen Mai 2005 und August 2008.
Es folgten bis ins Frühjahr 2017 die Abschnitte von Dellbrück bis Köln-Mülheim (2,3 Kilometer), abgeschlossen im Juli 2012. Nach drei Jahren Unterbrechung wurde Abschnitt vier bis Leverkusen-Zentrum in Angriff genommen. Der letzte Abschnitt liegt auf Leverkusener Stadtgebiet und befindet sich derzeit in der Planung.Die Aufarbeitung dieses beispiellosen Unglücks hat gerade erst begonnen.