Eine „Rennpappe“ der ExtraklasseKölner Brüder erwecken einen Trabi wieder zum Leben
Köln – Für Millionen DDR-Bürger war das erste Auto selbstverständlich ein Trabant. Schließlich hatte der „Trabi“ im Osten einen ähnlichen Status wie der VW-Käfer im Westen. Auch Norman und Tibor Gehroldt werden einmal sagen können, dass ihr erstes Auto ein Trabant war.
Damit genießen die 16 und 18 Jahre alten Brüder aus Roggendorf allerdings Sonderstatus. Der als „Rennpappe“ verspottete Kleinwagen aus dem „VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau“ ist mittlerweile selten geworden. Noch dazu haben die beiden Jungs ihren aquarienblauen Kombi mit der Kunststoffverkleidung und dem dröhnenden Zweitakt-Motor eigenhändig fahrtüchtig gemacht – unter Anleitung ihres Vaters, der im thüringischen Gera aufwuchs, selbstverständlich als erstes Auto einen Trabi fuhr und heute gleich mehrere Exemplare sein Eigen nennt. Mittlerweile gehört auch ein Zelt-Caravan „Rhön Universal“ aus dem Jahr 1989 zum familieneigenen Fuhrpark sozialistischer Prägung.
Deshalb haben wir ihn:
Norman: Wir sind in Köln aufgewachsen und hätten von daher eigentlich wenig Verbindung zu DDR-Autos gehabt. Aber unser Vater besitzt unter anderem einen Trabi aus dem Baujahr 1960, mit dem er regelmäßig in seine Heimatstadt Gera fährt. Wir wurden von ihm quasi von Geburt an an das Thema herangeführt.
Tibor: Die Frage war nicht, ob wir einen Trabant haben wollen, sondern welchen. Soll es einer sein, den wir mit Spoiler oder Ähnlichem an unsere Bedürfnisse anpassen wollen? Oder wollen wir lieber einen Originalgetreuen haben? Wir haben uns für einen Originalen entschieden, weil wir das einfach schöner fanden.
Norman: Auf Instagram sieht man oft verbastelte Trabis, die tiefer gelegt wurden und irgendwelche Chromfelgen haben. Da stehe ich nicht so drauf. Wir sind ja auch nicht so die auffälligen Kerle, tragen eher schlichte Klamotten.
Das kann er:
Tibor: Ich finde das Design schon kultig. Und es ist ein Auto, an dem man viel selbst rumschrauben kann. Wir haben das Auto in einer Scheune in Gera verkehrstüchtig gemacht, das kann man mit modernen Autos nicht so ohne Weiteres. Ich finde es einfach cool, ein Auto aufzubauen, da habe ich dann selbst was geschafft.
Trabant P 601 KS
Baujahr: 1982
Hubraum: 594 cm2
Zylinder: 2PS: 26
km/h (max.): 100
Verbrauch: 6,5l
Gebaute Exemplare: 516000
Neupreis: 10 383 Ostmark
Norman: Klar, es ist nicht das schnellste Auto, aber es geht beim Fahren ja um das Feeling. Ich will auch gar nicht rasen. Dass man an der Ampel der lauteste ist, reicht mir schon.
Tibor: Ein großer Pluspunkt ist, dass das Auto so leicht ist. Es ist deshalb relativ einfach zu fahren, auch wenn es keine Servolenkung hat. Meinen Führerschein habe ich mit einem Hyundai i30 gemacht. Als ich zum ersten Mal den Trabi fahren sollte, dachte ich, ich kann das überhaupt nicht. Aber es ging. Im Grunde ist er auch nur ein Auto mit Kupplung und Gaspedal. Nur die Gangschaltung ist anders. Der Trabi hat diese Revolverschaltung und die macht einfach Spaß.
Das Auto von Gera nach Köln zu bringen war trotzdem anstrengend. Die Lautstärke ist im Vergleich zu modernen Autos gewaltig. Dass die Leute früher im Trabi in den Urlaub gefahren sind, finde ich beeindruckend. Da bin ich schon froh, dass ich das nicht zwingend machen muss. Ich kann auch nachvollziehen, dass viele Leute nach der Wende ihren Trabi nicht mehr haben wollten und ihn verschrottet haben. Im Nachhinein betrachtet ist das natürlich bedauerlich. Aber es waren eben andere Zeiten.
Das kann er nicht:
Norman: Das alte Radio ist anstrengend. Da muss man richtig drehen, um einen Sender zu suchen. Und du kannst halt nicht leise fahren. Er ist konstant laut, egal, ob man 50 fährt oder 30. Auch nachts weiß die ganze Nachbarschaft, dass gerade der Tibor um die Ecke kommt. Der typische Zweitakt-Geruch stört mich weniger, schon als Baby war ich dabei, als mein Vater an seinem Trabi schraubte. Ich wurde also schon früh daran gewöhnt.
Das haben wir für ihn getan:
Norman: Den Wagen haben wir Freunden meines Vaters aus dem thüringischen Hermsdorf abgekauft, die haben ihn 1992 nach 107 000 Kilometern weggestellt. 2013 haben wir angefangen, ihn wieder zum Leben zu erwecken. Tibor war damals elf und ich neun. Über die Jahre haben wir immer mehr dazugelernt. Letztens haben wir sogar allein die Kupplung gewechselt.
Tibor: Die Restaurierung hat so lange gedauert, weil wir nur einmal im Jahr für eine Woche in Gera waren, immer in den Ferien. Manchmal passierten uns auch Fehler, die bei erfahrenen Schraubern so nicht passieren würden. Wir haben eigentlich alles erneuert und dem Trabi auch Unterbodenschutz und Hohlraumkonservierung gegönnt. Der Motor konnte aber so bleiben, der lief gut. Rost war auch kaum ein Thema. An den Kotflügeln kann man beim Trabi ablesen, welche Plastikteile damals gerade da waren und welche nicht. Und dass hochwertige Bleche in der DDR generell nicht zur Verfügung standen.
Der Motor war bewusst so einfach wie möglich aufgebaut, damit jeder ihn reparieren konnte. Deswegen gab es in der DDR auch so viel Literatur dazu, die Leute haben eben viel selbst übernommen. Man bekommt heute noch alle Original-Blechteile für wenig Geld, weil jeder DDR-Bürger auf dem Dachboden Teile gehortet hat. Das sind immer noch Nachwehen der DDR.
Das haben wir erlebt:
Tibor: Ich mache gerade mein Abitur und ab und zu fahre ich mit dem Trabi zur Schule. Die Mitschüler finden ihn ganz cool, das ist halt ein altes Auto, das man nicht so oft sieht. Irgendjemand hat sich auch mal drunter gelegt, um zu sehen, was da zu sehen ist. Allerdings sieht man da nicht viel. Im letzten Jahr sind wir mit dem Trabi und dem Rhön-Anhänger zu meinen Großeltern in die Eifel gefahren und haben dort gecampt. Den Anhänger haben wir vor eineinhalb Jahren gekauft, weil er klein und leicht ist, mit einem Wohnwagen kommt man im Trabi nicht vom Fleck. Der Rhön-Faltcaravan ist ganz schnell aufzuklappen und nimmt nicht viel Platz weg.
Das haben wir vor:
Norman: Ich werde im Sommer 17, ich will als nächstes den Führerschein machen.
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Tibor: Im nächsten Jahr ziehe ich für das Studium nach Krefeld, da will ich den Trabi weiternutzen. Aber wir müssen uns den Wagen irgendwie teilen, der Trabi soll erstmal ein Brüderprojekt bleiben.
Norman: Jedenfalls so lange, bis der zweite Trabi fertig ist, der noch in Thüringen steht. Der ist aus dem Jahr 1962 und hat rundlichere Formen. Und der ist dann nur für mich.