MeisterstückDer Kölner Jonny Stimac hat seinen Rolls-Royce 10 Jahre lang restauriert
Köln – Mit den Kotflügeln fing es an, dann entdeckte Jonny Stimac immer mehr Restaurierungsbedarf an seinem alten Rolls-Royce 20/25 hp. Am Ende nahm der 49-Jährige Kfz-Technikermeister buchstäblich jede Schraube in die Hand. Der Rolls-Royce 20/25 hp ist eine Augenweide. Aber trotz seiner ausladenden Formen war er zwischen 1929 und 1936 nur das Einsteigermodell des britischen Nobelherstellers. Gedacht für Käufer, die sich selbst ans Steuer setzen wollen. Tatsächlich ließen sich die meisten Besitzer jedoch chauffieren, umgeben vom edlen Interieur und in dem guten Gefühl, es geschafft zu haben. Denn der Wagen kostete ein Vermögen.
Der Wagen verschlingt viel Geld – aber macht Spaß
Rolls-Royce lieferte damals nur Fahrwerk und Mechanik, die Karosserie wurde von Stellmachern nach Wunsch aufgesetzt. Jonny Stimac arbeitete zehn Jahre lang an seinem Schmuckstück – immer, wenn er in seiner Nippeser Karosseriewerkstatt Zeit dafür fand. Die erste Ausfahrt nach dem Mammutprojekt steht demnächst an. Selbstverständlich wird sich Jonny Stimac selbst ans Steuer setzen.
Deshalb habe ich ihn:
Weil meine Frau gesagt hat, der ist schön. Man soll ja immer auf seine Frau hören. Aber im Ernst: Eigentlich suchte ich ein Fahrzeug, das ich für Events vermieten kann. Das sollte vielleicht ein Rolls-Royce aus den 1970er Jahren sein, der nicht die Welt kostet. Ich dachte, das reicht, reparieren kannst du den selbst. Dann habe ich mich aber in das Thema reingesteigert und gesehen, dass es noch viel schönere Autos gibt. So fing das Ganze an.
1000 Pfund-Deal mit dem Händler
Gefunden habe ich den 20/25 hp in England bei einem Rolls-Royce- und Bentley-Händler, kurz bevor wir in den Urlaub fliegen wollten. Es gab allerdings schon einen Termin mit einem anderen Interessenten, aber das Auto hat mir so gut gefallen, dass ich es unbedingt haben wollte. Mich hat die Form begeistert. Dieses Ausladende und Großzügige finde ich super, wo gibt es so etwas heute noch?
Also habe ich dem Händler 1000 Pfund geboten, damit er das Auto so lange behält, bis wir wieder aus dem Urlaub zurück sind. Er hat das Auto dann tatsächlich reserviert und ich habe es gekauft. Eigentlich war der Rolls-Royce in einem guten Zustand, er war zumindest komplett, was mir sehr wichtig war. Auf den zweiten Blick gab es allerdings doch noch ein wenig Restaurationsbedarf.
Das kann er:
Schön aussehen, mich immer wieder begeistern und jede Menge Geld verschlingen. Die Firma „Fiennes Restoration“ in England baut die mechanischen Teile von Rolls-Royce nach Originalplänen nach. Dort habe ich den Motor revidieren lassen.
Rolls-Royce mehr als zehn Jahre restauriert
Bei der Schlusszahlung ist mir, obwohl die Firma mit dem Preis noch runtergegangen ist, wirklich schlecht geworden. Aber es nützte ja nichts. Nur der Motor und der Kühler waren Fremdleistungen, alles andere habe ich selber gemacht. Insgesamt habe ich mehr als zehn Jahre daran gearbeitet, immer zwischendurch. Wenn ich jeden Tag an dem Wagen gearbeitet hätte, hätte die Restaurierung sicher drei bis vier Jahre gedauert.
Das kann er nicht:
Schnell fahren. Man muss sich wirklich sehr konzentrieren. Wenn Sie 80 km/h fahren, ist das schon echt schnell. Es gibt keinerlei Unterstützung, keinen Bremskraftverstärker, keine Servolenkung. Für die Kupplung brauchen Sie schon eine gute Oberschenkelmuskulatur. Und dieses Auto verlangt nach Zeit, Ruhe und Geduld. Obwohl ich jetzt schon seit 34 Jahren an Oldtimern arbeite, musste ich mich in jedes Detail reinarbeiten und viel Fachliteratur lesen. Wie funktioniert was, wo gibt es welche Teile? Manchmal habe ich aber auch ein paar Monate gar nichts daran gemacht, da konnte ich den Wagen einfach nicht mehr sehen.
Das habe ich für ihn getan:
Eigentlich wollte ich nur die Kotflügel erneuern. Dann dachte ich, das Leder machst du auch noch. Beim Auseinanderbauen kam leider nur immer mehr Arbeit zum Vorschein. Ich habe wirklich alles gemacht, das komplette Fahrzeug, jede Schraube. Allein aus dem Himmel habe ich gefühlt 20 000 Nägelchen rausgezogen. Zum Glück hatte ich Hilfe von Theo, einem Rentner, der Stellmacher war und die ganzen Holzarbeiten übernommen hat.
Wagen besteht zum Teil aus Holz
Die Grundkonstruktion des Autos besteht nämlich aus Esche. Aus abgestandener Esche, die mindestens zehn Jahre lagern sollte, damit die Feuchtigkeit raus ist. Theo ist immer wieder in seine alte Schreinerei gefahren, wo sein ehemaliger Chef zum Glück noch viel von diesem Material hatte. Ich selbst habe die komplette Karosserie gemacht, auch die ganzen Anbauteile des Motors und die Elektrik. Diese Anbauteile habe ich dann nach England geschickt, wo sie zusammen mit dem neuen Motor auf den Prüfstand kamen.
Das haben wir erlebt:
Das erste und letzte Mal bin ich mit dem Rolls-Royce vor zehn Jahren gefahren. Mittlerweile habe ich mich schon oft gefragt, wie das alles funktioniert hat, mit zwei Kindern zu Hause. Aber es hat alles wunderbar geklappt und niemand hat sich beklagt, dass ich dem Wagen so viel Zeit gewidmet habe. Dieser Rolls-Royce ist wohl mein Meisterstück.
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Erste Ausfahrt steht kurz bevor
Das haben wir vor:
Im Frühjahr werden wir die erste Ausfahrt nach der Restaurierung starten. Vielleicht werden wir eine Runde durch das Bergische Land fahren. Ob er wirklich einmal ein Auto für Events oder Hochzeiten wird? Ich weiß es nicht. Aber bald brauche ich ein neues Projekt, ich kann nicht länger als drei Tage lang nichts tun. Vielleicht kommt als nächstes ein alter Bentley dran. Mal sehen.