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Buch „Tatort Köln“ vorgestelltGeorg Bönisch erzählt von 16 Kriminalfällen, die etwas über Kölns Geschichte verraten

Lesezeit 4 Minuten
Zu sehen ist der Autor Georg Bönisch in der Vorderansicht.

Georg Bönisch widmet sich in seinem neuesten Buch Kölner Kriminalfällen.

Das neue Buch von Georg Bönisch behandelt 16 Kölner Kriminalfälle zwischen 1074 und 1894.

Mit dem Betrieb eines Kühlhauses, in dem Metzger gegen Miete ihr Fleisch einlagern konnten, hatte Kaufmann Gottfried Linde sein gutes Auskommen. Bis ihm Konkurrenz in Gestalt des Ingenieurs Wilhelm Georg Lämmert und einer seiner Brüder erwuchs. Mithilfe einer Subvention aus der Stadtkasse, die an bestimmte Konditionen geknüpft war, eröffneten sie ebenfalls ein Kühlhaus. Bald liefen Linde die Kunden weg.

Er fand heraus, dass hinter dem Erfolg der Brüder Lämmert ein gehöriges Maß an Mauschelei steckte, an der auch der Schlachthofdirektor beteiligt war. Linde machte dies öffentlich und wandte sich sogar an den preußischen Innenminister. 1894 kam es zum Prozess – nicht gegen Lindes Konkurrenten, sondern gegen ihn selber. Ihm wurde zur Last gelegt, er habe den Schlachthofdirektor beleidigt, indem er ihn mit „Klüngel“ im Verbindung gebracht habe. Doch die Kammer sprach den Angeklagten frei: Der Gebrauch des Wortes „Klüngel“ nötige nicht zu der Annahme, dass er den Mann habe beleidigen wollen.

Neues Buch behandelt 16 Kölner Kriminalfälle

Die Schilderung dieses Falls beschließt das Buch „Tatort Köln. True Crime 1074 bis 1894“, das im Greven Verlag erschienen und am Montag im Kölnischen Stadtmuseum vorgestellt worden ist. Verfasst hat es Georg Bönisch. Der 76-Jährige war Redakteur bei den Zeitungen „Kölnische Rundschau“ und „Die Welt“ sowie dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und ist Autor mehrerer Sachbücher, von denen einige im Greven Verlag erschienen sind.

Sein neues Buch versammelt 16 Fälle, die sich in weiterem Sinn der Kriminalgeschichte zuordnen lassen. Stets spiegeln sie die gesellschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Zeit. Auf eingängige und unterhaltsame Art – anders als in „drögen“ historischen Abhandlungen – wolle er den Lesern und Leserinnen die Stadtgeschichte nahebringen, sagte Bönisch. Tatsächlich ist das Buch klar und anschaulich geschrieben.

Kölnerinnen und Kölner erkämpften sich mühsam ihre Rechte

Bekanntes und weniger Bekanntes wird aufgegriffen. Zum Bekannteren gehört die Einstiegsgeschichte, in der es um den Aufstand der Kölner Bürger gegen Anno II. geht, der von 1056 bis 1075 Erzbischof von Köln und, wie Bönisch schreibt, als „selbstherrlich, raffgierig und starrsinnig“ verschrien war. Durch ein Loch in der römischen Stadtmauer konnte er entkommen – um nach vier Tagen zurückzukehren und grausam Rache zu üben. Später ließ er Milde walten.

Der Aufstand ist bedeutsam als Auftakt dafür, dass sich die Bürger Kölns nach und nach mehr Rechte erkämpften. Auch das Pogrom gegen die Juden im Jahr 1349 wird vielen bekannt sein, ebenso, um weitere Beispiele zu nennen, das Schicksal der Postmeisterin Katharina Henot, die 1627 als vermeintliche Hexe erdrosselt und verbrannt wurde, und die Tatsache, dass es im Revolutionsjahr 1848 auch in Köln zu großen Unruhen kam, die zum Teil in Gerichtsprozesse mündeten.

Buch über Kölner Kriminalgeschichte enthält auch skurriles

Weniger geläufig dürfte unter anderem sein, dass 1587 Hieronymus Michiels, brutaler Handlanger des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Ernst von Bayern, auf dem Richtplatz starb und 1770 Kölns Polizeichef von Gall exkommuniziert wurde, weil er die verbriefte Immunität der Kirche verletzt hatte. Zum Skurrilen zählt das Kapitel über den 1822 geborenen Heinrich Peter Bock, laut Bönisch „eines der größten Kölner Originale; mehrfach wegen ‚fortgesetzter Müßiggängerei‘ verurteilt, wurde der als Maler Bock bekannte Mann immer wieder in die Arbeitsanstalt Brauweiler geschickt.

„In der Reihe True Crime des Greven Verlags sind eine ganze Reihe solcher Ausflüge in die Kriminalgeschichte erschienen“, so Verlagsleiter Damian van Melis. „Diese Bücher stoßen auf das Interesse vieler Leserinnen und Leser. Dabei spielt sicher immer Unterhaltung eine Rolle, aber auch der Wunsch, etwas aus der Geschichte zu lernen.“ Im Fall von „Tatort Köln“ aus der Stadtgeschichte.

Dazu Matthias Hamann, Direktor des Stadtmuseums: „Wer begreifen will, wie die Stadtgesellschaft funktionierte, wer Macht hatte und wer nicht, und wie sich dies ganz konkret auf Menschen auswirken konnte – für denjenigen liefert dieses Buch Geschichten aus der Geschichte, die erhellen, betroffen machen und Erkenntnisse liefern.“

Manche Exponate des Museums stehen in direktem Bezug zu den Geschichten. Darunter die rote Fahne der Demokratischen Gesellschaft in Köln, die 1848 auf den Straßen geschwenkt wurde, und das aus Bronze gegossene Haupt von Nikolaus Gülich, das bis 1797 auf eine sogenannten Schandsäule an der Stelle seines abgerissenen Wohnhauses stand.

Gülich, dem das siebte Kapitel des Buchs gewidmet ist, war in den 1680er Jahren Anführer einer Revolte gegen Amtsmissbrauch und Korruption der Stadtführung und erlebte nach anfänglichem Erfolg ein blutiges Ende. Es wurde öffentlich hingerichtet und sein Kopf am Bayenturm auf einer eisernen Stange zur Schau gestellt.

Georg Bönisch: „Tatort Köln. True Crime 1074 bis 1894“. 176 Seiten mit mehr als 50 Abbildungen, Greven Verlag, 16 Euro