Ostern 1074: Die Kölner wollen ihren Bischof lynchen. Dieser rächt sich auf furchtbare Weise. „True Crime Köln“ macht eine Zeitreise ins Mittelalter.
Blutige OsternAls die Kölner ihren Bischof lynchen wollten
Es ist Ostern vor 950 Jahren: Der Kölner Erzbischof Anno II hat das Fest zusammen mit seinem Kollegen aus Münster gefeiert. Um diesem eine möglichst angenehme Heimreise zu ermöglichen, kommt er auf eine folgenreiche Idee: Er schickt Bedienstete in den Hafen am Rhein, um ein schickes Fernhandelsschiff einer gut vernetzten Kölner Kaufmannsfamilie zu beschlagnahmen. Das empfand nicht nur die betroffene Familie als dreisten Übergriff und Rechtsbruch des Stadtoberhaupts.
Ein blutiger Aufstand nahm seinen Lauf. Die Kaufleute schreckten nicht vor Mord und Totschlag zurück. Sie versuchten, den Kölner Dom anzuzünden, den Vorgängerbau der heutigen Kathedrale. Der verhasste Erzbischof sollte nicht nur verjagt werden. Die Aufständischen wollten ihn lynchen. Anno floh durch ein Loch in der Stadtmauer, das man noch heute unter der Domplatte als sogenanntes „Annoloch“ bestaunen kann.
Zeitreise mit „True Crime Köln“ ins Mittelalter
„True Crime Köln“, die Podcast-Reihe des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über wahre Kriminalfälle, macht in ihrer aktuellen Folge eine Zeitreise ins Jahr 1074. Die Stadt erlebte Tage schlimmster Gewalt und Verbrechen. Auf die wütende Raserei der Aufständischen – „wie über die Ufer schäumende Wasserfluten die Gefäße des Teufels voll vom Weine des Zornes Gottes“, so ein Chronist – folgte die furchtbare Rache des Erzbischofs. Anno kam nach einigen Tagen mit einer Übermacht bewaffneter Kämpfer aus dem Kölner Umland in die Stadt zurück. Die Rebellen, die nicht geflohen sind, müssen grausame Strafen über sich ergehen lassen.
Die neue Folge von „True Crime Köln“ hören:
Der Podcast wird nicht angezeigt? Klicken Sie hier, um die Folge von „True Crime Köln“ zu hören.
Die Bläck Fööss haben 1979 zusammen mit dem verstorbenen Kölner Liedermacher Hans Knipp dem Anführer des Aufstands mit dem Lied vom „Feschers Köbes“ ein musikalisches Denkmal gesetzt. Wie in manch anderen kölschen Liedern zu historischen Ereignissen hat man es mit den Fakten nicht so genau genommen, wie im Podcast-Gespräch des Historikers Willem Fromm mit „Stadt-Anzeiger“-Redakteur Helmut Frangenberg deutlich wird. Der Name des Kaufmannssohns, der die Rebellion anführte, ist sogar völlig frei erfunden.
Der damals bei den privilegierten Bürgern so verhasste Erzbischof schaffte es sogar als Kölner Schutzheiliger ins Figurenprogramm des Kölner Rathausturms. Ganz so einfach ist es also nicht, beim Aufstand der Kölner gegen ihren Fürsten zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Anno II war beim einfachen Volk durchaus beliebt, was ein Grund für das Scheitern der Revolte sein könnte. Der Bischof und Fürst war skrupellos, wortgewandt und ein einflussreicher Strippenzieher bis in die höchste Politik. Aber er kümmerte sich auch um die Belange einfacher Leute. Vor allem aber gelang es ihm darum, das Ansehen Kölns als „heilige Stadt“ zu mehren, wie Willem Fromm sagt. Der Kenner der Kölner Stadtgeschichte betreibt eine eigene Podcast-Reihe mit dem Titel „Eine Geschichte der Stadt Köln“.
Unabhängig davon, wie man die schillernde Persönlichkeit des Machtmenschen auf dem Bischofsstuhl bewerten mag, markiert der gescheiterte Aufstand gegen ihn eine wichtige Zäsur in der Stadtgeschichte: Exponenten der Kölner Bürgerschaft wehrten sich gegen die Obrigkeit. Mit der Rebellion beginnt im Rückblick die Emanzipation Kölns als freie bürgerliche Stadt.
Die neue Folge von „True Crime Köln“ kann man überall hören, wo es Podcasts gibt, und über die Homepage des Kölner Stadt-Anzeiger.