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Kölner Trauerfeier für Daum„Christoph, danke, dass ich in deinem Leben sein durfte“

Lesezeit 5 Minuten
Thomas Häßler sitzt zusammen mit Reiner Calmund und Pierre Littbarski.

Thomas Häßler sitzt zusammen mit Reiner Calmund und Pierre Littbarski.

Familie, Freunde, Fans und Weggefährten haben in Köln Abschied von Christoph Daum genommen. Pierre Littbarski wurde sehr emotional.

Als Reiner Calmund, der Ex-Chef von Bayer 04 Leverkusen, vergangene Woche Pierre Littbarski fragte, ob der eine Trauerrede halten könne, lehnte der frühere Kapitän des 1. FC Köln zunächst ab. Bei traurigen Anlässen könne er nichts beitragen, erwiderte er.

Doch dann hörte „Litti“ auf sein Inneres. Das sagte ihm, es sei das Richtige, etwas zu sagen. Denn: „Ich hab drei Menschen auf einmal verloren: Mein Lieblingstrainer, einen außergewöhnlichen Menschen und meinen Freund, Christoph.“

Als Littbarski das am Donnerstagnachmittag erzählt, brandet Applaus im Rhein-Energie-Stadion auf. Familie, Freunde, Fans und Weggefährten nahmen in Müngersdorf Abschied von Christoph Daum. Die Trainerlegende war am 24. August infolge seiner Krebserkrankung im Alter von 70 Jahren gestorben. Daum hat, wie die Trauerfeier noch einmal zeigte, tiefe Spuren im europäischen Fußball hinterlassen.

FC-Legende Christoph Daum: Viel Prominenz bei Trauerfeier in Köln

Kurz vor Beginn der Veranstaltung zur typischen Bundesliga-Anstoßzeit um 15.30 Uhr füllten sich die ausgewiesenen 5.000 Publikumsplätze. Neben Fans aus Köln, Leverkusen, Stuttgart und Istanbul trafen auch prominente Gesichter und ehemalige Weggefährten Christoph Daums ein: Bundesminister Cem Özdemir (Die Grünen), zahlreiche FC-Funktionäre, Thomas Häßler, Michael Meier, Rudi Völler, Clemens Tönnies, Heribert Bruchhagen, Simon Rolfes, Alexander Wehrle, Oliver Pocher, Christoph Kuckelkorn und Henning Krautmacher.

Moderator Thomas Helmer begrüßte die Gäste, angefangen mit Daums Frau Angelica. „Christoph hat sich trotz schwerer Krankheit nie unterkriegen lassen. Er war für viele eine Inspiration, ein Vorbild“, sagte Helmer, und weiter: „Es freut mich, dass heute so viele Freunde, Weggefährten und Fans hier sind, um sich von der Trainerlegende Christoph Daum zu verabschieden. Mach et joot, Christoph.“

Erste Tränen bei Bruce Springsteen

Nachdem die Höhner „Echte Fründe“ auf der Tribüne der gegenüberliegenden Spielfeldseite gespielt hatten, trat Werner Wolf ans Mikrofon, der Präsident des 1. FC Köln: „Wir nehmen Abschied von einer großen Persönlichkeit“, so der Kölner Vorstand. Mit Blick auf Daums Karriere sagte er: „Christoph Daum wurde durch seine Auslandsstationen zum Botschafter zwischen den Kulturen, war sozial engagiert und hat viel Gutes getan.“

Ein Video zeigte Highlights aus Daums Trainerkarriere. „Streets of Philadelphia“ von Bruce Springsteen lief über die Stadion-Lautsprecher. Tränen flossen, es war eines von Daums Lieblingsliedern.

Bernd Neuendorf: „Christoph war ein Meister seines Fachs“

DFB-Präsident Bernd Neuendorf, der sich mehrmals mit Daum über Strukturen im Fußball ausgetauscht hatte, sagte: „Christoph war ein Meister seines Fachs. Aber das reichte ihm nicht. Er wollte immer besser werden, um seine Spieler besser zu machen. Er wollte das Unmögliche möglich machen. Er war ein Kämpfer und ein Visionär.“

Neuendorf verglich Daum immer wieder mit dessen Vorbild Muhammed Ali. Über den habe Daum einmal gesagt: „Über seine Extreme hat er außergewöhnliche Leistungen vollbringen können.“ Das Gleiche hätte Daum über sich gesagt, so der DFB-Präsident.

Daum zeigte Haltung und Mut

Nach einer musikalischen Einlage des Turkish Chamber Orchestra and Choir unter der Leitung von Betin Günes bedankten sich auch Fenerbahce-Präsident Ali Koc und Kaan Sakul, Generalsekretär von Besiktas, in kurzen Reden bei ihrem Freund Christoph Daum. Er wurde mit Fenerbahce zweimal türkischer Meister, mit Besiktas einmal Meister und einmal Pokalsieger.

Bundesminister Cem Özdemir, der seine Leidenschaft zur Türkei und dem VfB Stuttgart mit Daum teilte, hob dessen Ehrenamt und soziales Engagement hervor. Daum lenkte die Aufmerksamkeit auf wichtige Themen: „Nicht nur am 30. September 1992, als er den vierten ausländischen Spieler einwechselte – einen mehr, als man damals durfte“, so Özdemir.

Daum engagierte sich für Menschen mit Diabetes, Kriegsopfer in der Türkei und setzte sich für LGBTQI-Rechte ein. „Diese Haltung könnten wir wieder mehr gebrauchen. Wir brauchen mehr von dem Mut von Christoph Daum in unserer Gesellschaft“, sagte Özdemir.

Es sprachen schließlich noch Nicole Mattig-Fabian und Jens Kröger von der Deutschen Diabetes-Hilfe. Mattig-Fabian bedankte sich unter Tränen bei Daum, der über zehn Jahre lang als „politischer Türöffner“ der Initiative diente: „Du hättest jeden Verein wählen können, und du wähltest uns. Das war eine Liebeserklärung.“

Persönliche Rede von Michael Meier

Nach dem Song „Ich liebe das Leben“ von Vicky Leandros, den die Familie Daum vorher ausgesucht hatte, hielt Ex-FC-Chef Michael Meier die persönlichste Rede von allen.

Darin sprach Meier direkt zu Christoph Daum, „was ich dir immer schon mal sagen wollte.“ Er erinnerte an die gemeinsamen Zeiten beim FC und erzählte Anekdoten aus Daums Zeit am Geißbockheim. „Du sollst wissen: Du warst für den 1. FC Köln ein würdiger Vertreter. Ich bin stolz, dass ich dein Freund sein durfte.“ Manchmal stockte die Stimme, er konnte die Tränen nicht zurückhalten. Von der Tribune gab es Applaus.

Stellvertretend für die Familie sprach RTL-Moderatorin Katja Burkard. Daums Nachbarin erzählte vom Privatleben der Trainerlegende, etwa eine Anekdote darüber, wie er seine Tochter Cara anspornen wollte. Auf der Gartenwiese lagen der Vater und das damals neugeborene Baby. Daum zog ihre Milchflasche immer weiter weg, bis sie endlich krabbelte. „Typisch Daum“, sagte Burkard. Über die Leinwände wurden Familienfotos aus dem Zuhause Daums gezeigt.

Pierre Littbarski: „Das war Christoph Daum“

Littbarski sorgte mit einer Anekdote vom Geißbockheim für einen weiteren aufheiternden Moment: Im Abschlusstraining deckte Daum ihn jedes Mal. „Er trat alles, was an mir war – Knöchel, Knie.“ Irgendwann platzte dem FC-Kapitän der Kragen. „Bist du bekloppt?!“ Daum antwortete nur: „Morgen, wenn du spielst, hast du so einen Bekloppten vor dir. Darauf musst du reagieren können.“ Littbarski resümierte: „Das war Christoph Daum.“

Littbarski zeigte auch mit dem emotionalsten Moment des Tages, dass er sehr wohl dem Anlass entsprechend etwas beizutragen hatte: „Der Profi-Fußballsport lässt keinen Raum für Gefühle. Sonst wird das als Schwäche angesehen. Aber ich möchte den Moment ergreifen, um zu sagen: Christoph, danke, dass ich in deinem Leben sein durfte. Ich hab dich lieb. Danke schön.“