„Einer der härtesten Jobs“DHL-Bote Mahir Comak bringt in Köln die Geschenke
Köln – Mahir Comak ahnt schon, dass niemand öffnen wird. „Der Kunde ist erst ab 16 Uhr zu Hause.“ Aber vielleicht habe er ja Urlaub, wer weiß. Heute aber nicht. Comak klingelt also bei einer Nachbarin, die das Paket annimmt. Nur bei ihr könne er es in diesem Haus versuchen, sagt der 43-Jährige: „Die anderen machen es nicht.“
Mahir Comak, der freundliche Zusteller vom Paketdienst DHL, betreut seit zwei Jahren einen Bezirk im Bereich der Geraer, Saalfelder und Weimarer Straße östlich des Höhenbergbads. Die Wohnblocks und ihre Bewohner kennt er mittlerweile wie seine Westentasche. In vielen Fällen weiß er, wer wann anzutreffen ist und bei wem er klingeln muss, wenn der Empfänger nicht da ist. „Nicht jeder nimmt für jeden etwas an, sogar unter Familienmitgliedern nicht“, sagt der Bote. Manchmal geht auch gar nichts, dann surrt sein kleiner Drucker am Gürtel und ein Zettel landet im Briefkasten des Empfängers: Bitte das Paket im Kiosk an der Fuldaer Straße abholen.
Kölner umringen Wagen vom DHL-Mann
Etwa 200 Päckchen hat Comak am Morgen um 10 Uhr in der Zustellbasis in Gremberghoven in die Regale seines Transporters geräumt, sortiert nach Straßen. Er hat die Codes auf den Kartons und Tüten eingescannt, damit das Navigationsgerät seine Route berechnen kann und die Kunden per Mail informiert werden, dass ihr Paket bald da ist. Als er kurz darauf an der Geraer Straße parkt, umringen die ersten Höhenberger den Wagen und fragen nach ihren Sendungen. Acht bis 10,45 Stunden dauere sein Arbeitstag, sagt der DHL-Mann hinter seiner Maske. In der Regel schaffe er es, seine Ladung in dieser Zeit abzuarbeiten. Sein Tagespensum habe sich seit dem Frühjahr kaum verändert. Die Corona-Pandemie mit all ihren geschlossenen Geschäften sorge für deutliche Mehrarbeit. Dass es ausgerechnet vor Weihnachten bei 200 Paketen bleibe, hänge nur damit zusammen, dass sein Bezirk vorübergehend verkleinert worden sei.
Die Paketbranche gehört zu den Gewinnern der Pandemie. An normalen Tagen würden bundesweit 5,2 Millionen Pakete befördert, sagt DHL-Sprecher Achim Gahr: „Momentan sind wir bei über elf Millionen“. Im vergangenen Jahr habe das Unternehmen mit sechs bis acht Prozent Wachstum gerechnet, aktuell werde mit 15 bis 20 Prozent kalkuliert. Bei der Konkurrenz sieht es nicht anders aus. DPD zum Beispiel geht von einem 20-prozentigen Anstieg des Paketvolumens im Vergleich zum Weihnachtsgeschäft 2019 aus. DHL hat bereits im ersten Lockdown im April rund 4000 zusätzliche Aushilfen eingestellt, zum Jahresende waren es noch einmal 10000. „Alle Kräfte sind mobilisiert“, so Gahr. Es klingt ein bisschen wie Krieg.
Auch für Alexandra Bele hat Mahir Comak an diesem Vormittag etwas im Transporter. Die 27-Jährige bestellt in der Krise weitaus mehr als sonst. „Jetzt versucht man, jeden Gang zu überdenken und das Haus nur zu verlassen, wenn es nötig ist.“ Aber um Amazon mache sie einen Bogen. Wenn möglich bestelle sie direkt bei Händlern oder aus Katalogen. Die kleineren Geschäfte müssten doch unterstützt werden, sagt sie.
„Einer der härtesten Jobs, die wir haben“
Für Mahir Comak macht das natürlich keinen Unterschied. Die Wohnungen liegen trotzdem manchmal im sechsten Stock, und trotzdem muss er dorthin manchmal 30 Kilo schwere Pakete mit Katzenstreu tragen. 108 Stockwerke habe er mal an einem Tag erklimmen müssen, sagt der Familienvater. Dass er seine Füße erst abends auf der Couch merke, liege daran, dass er seine Arbeit so möge. „Wenn man es mit Herz und Liebe macht, kommt es einem nicht so anstrengend vor.“ Aus dem Mund von Achim Gahr klingt es prosaischer: „Das ist einer der härtesten Jobs, die wir haben.“
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Es seien die vielen Begegnungen mit Menschen, die ihn durch den Tag trügen, sagt Comak, dem um 12 Uhr eine Kundin auf der Straße eine Packung Gebäck in die Hand drückt. Als sich an der Saalfelder Straße im Erdgeschoss ein Fenster öffnet, reicht er Alfio Bonanno ein Päckchen. Der 63-Jährige hat ein Weihnachtsgeschenk für seine Frau bestellt. Was drin ist, verrät er nicht – sie steht neben ihm. „Wir gehen nicht mehr so gern raus“, sagt der Rentner. Seit dem Lockdown bestelle er ein- bis zweimal pro Woche irgendetwas. Mahir Comak hingegen geht gern raus, auch in Corona-Zeiten. Selbst an Heiligabend wird er bis 15 Uhr mit seinem Transporter in seinem Höhenberger Bezirk unterwegs sein und sich erst dann um seine privaten Pakete kümmern.