Kölns einzige Grabeskirche liegt am Bickendorfer Helmholtzplatz. Hier wird eine in Köln und dem gesamten Umland einmalige Bestattungsform angeboten: Man kann man sich in Urnenwänden in der Kirche bestatten lassen.
Dabei sind die pflegefreien Bestattungsformen sehr im Trend. Bereits 35 Prozent der Grabstellen sind bereits belegt.
Wir haben uns den Umbau einmal genauer angeschaut.
Köln – Wenn das Sonnenlicht durch die dunklen tiefroten Fenster des Künstlers Giselbert Hoke fällt, taucht es den Innenraum der Kirche Sankt Bartholomäus in ein diffuses Rot. Wer den Raum durch das Bronzeportal betritt, hält unwillkürlich inne: Die Atmosphäre ist intim und großzügig gleichzeitig. Meditativ und spirituell. Die architektonische und atmosphärische Besonderheit des Raumes erschließt sich intuitiv und versetzt den Besucher in eine abgeschottete Zwischenwelt.
Kölns einzige Grabeskirche liegt am Bickendorfer Helmholtzplatz. Dass aus dem schlichten Quaderbau aus den 50ern, den man von außen auch für eine Sporthalle halten könnte, durch den Umbau ein vielfach ausgezeichnetes Kleinod wurde, das wissen außerhalb des Stadtbezirks Ehrenfeld immer noch wenige.
Hier wird eine in Köln und dem gesamten Umland einmalige Bestattungsform angeboten: Man kann man sich in Urnenwänden in der Kirche bestatten lassen und damit ein Privileg genießen, das früher nur Herrschern, Adeligen und Bischöfen vorbehalten war.
Für den Umbau hat die Pfarrei „Zu den Heiligen Rochus, Dreikönigen und Bartholomäus“ nicht nur 1,4 Millionen Euro investiert, sondern auch im Generalvikariat sehr viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, ehe die Genehmigung kam. Belohnt wurde das Wagnis mit zahlreichen Preisen wie dem Preis für Architektur in Deutschland und dem Deutschen Lichtdesign-Preis.
2400 Urnen finden Platz
Und mit wachsendem Zuspruch: 2400 Urnen finden in den einheitlich großen Nischen Platz, die entlang der Wände errichtet wurden. Es gibt 800 Einzelgrabstellen und 800 Doppelgräber. 35 Prozent davon sind bereits belegt – von Menschen aus Köln und dem gesamten Umland. 250 Menschen haben sich bereits zu Lebzeiten hier eine Grabstelle reserviert.
Grabeskirche in Köln
Die Gebühr für das Nutzungsrecht einer Ruhezeit von 20 Jahren beträgt für eine Einzelgrabstelle 3050 Euro und für eine Doppelgrabstelle 5350 Euro. Die Nutzung der Kirche für die Trauerfeier und die Begleitung durch einen Musiker sowie die Grabplatte sind darin enthalten. Die Grabeskirche ist täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Führungen werden nach Absprache angeboten. Außerdem findet an jedem zweiten Donnerstag im Monat um 15.30 Uhr eine öffentliche Führung statt. Die nächste findet statt am 14. November.
Andernorts sind Grabeskirchen als pflegefreie Bestattungsform längst auf dem Vormarsch. Die letzte Ruhe unterm Kirchendach entwickelt sich zu einer Alternative zur klassischen Bestattung auf dem Friedhof. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich ihre Zahl in Deutschland verdoppelt.
Auch deshalb, weil es in Zeiten kleiner werdender Gemeinden eine Möglichkeit ist, Leerstände zu vermeiden und Gebäude zu erhalten: 50 Kirchen sind es in Deutschland – die meisten davon in Nordrhein-Westfalen, allein zehn im benachbarten kleinen Bistum Aachen. Nur im großen Erzbistum Köln ist Sankt Bartholomäus die erste und bislang einzige.
Und ein besonderer dazu: Im Innern der Kirche, die das Wiesbadener Architekturbüro Kissler und Effgen als Gewinner des Architekturwettbewerbs gestaltet hat, gelingt die räumliche Aufteilung allein durch Licht und Schatten. Eine so geniale wie kölsche Lösung, die dem Raum seine besondere Ästhetik verleiht: Denn die Trennung der Kapelle von den Grabstätten war eine Auflage des Erzbistums Köln, da in einer katholischen Kirche laut Kirchenrecht nur Bischöfe bestattet sein dürfen.
Nun wird der Andachtsraum durch ein goldschimmerndes kubusförmiges Netz aus Bronzeringen, das mit transparenten Nylonfäden aufgehängt ist, umgrenzt. Hier finden Trauerfeiern und Gottesdienste, aber auch Vorträge, Konzerte und Lesungen statt. Durch ein spezielles LED-Lichtkonzept erscheint das Gewebe wahlweise mehr oder weniger transparent. Ist die Kirche tagsüber für Besucher geöffnet, erscheint das Netz transparent und schimmert Gold. Während der Gottesdienste wird das Gewebe von Innen angestrahlt, die im dunklen dahinter liegenden Urnengräber sind dann nicht sichtbar.
„Menschen, die hier ihre Angehörigen bestatten lassen, schätzen die absolute Stille hier, den geschützten Raum, in dem in Zwiesprache mit dem Verstorbenen treten kann“, erzählt David Blumann, der mit einer vollen Stelle die Grabeskirche verwaltet und Angehörige berät. „Oft sind es Menschen, die sich schon zu Lebzeiten sehr bewusst mit dem Tod auseinandergesetzt haben.“ Genau dieses Einbeziehen des Todes ins Leben, das Nachdenken über die Vergänglichkeit des Lebens wollte die Gemeinde mit ihrer Entscheidung für die Kirche anstoßen.
Sie beließ es nicht bei dem Gebäude, sondern kreierte einen „lebendigen Friedhof“, wie Blumann formuliert: Es gibt ein eigens geschultes Team um Pastoralreferentin Doris Dung das Menschen am Lebensende und ihre Angehörigen in der Trauer begleitet. Außerdem ist zu den täglichen Öffnungszeiten immer einer vom so genannten „Ich bin da-Team“ vor Ort: Es besteht aus 35 Ehrenamtlern, die nicht nur immer ein offenes Ohr haben, sondern auch Fragen beantworten.
„Hier will ich mal einziehen“
Den Longericher Anton Meid hat der Ort sofort für sich eingenommen als er das erste Mal die Kirche betreten hat. „Hier will ich mal einziehen, das wusste ich sofort“, erzählt der 81-pensionierte Steinmetz, der zu aktiven Zeiten in der Dombauhütte gearbeitet hat. Er überredete seine zehn Jahre jüngere Frau gemeinsam eine so genannte Anwartschaft auf ein Doppel-Urnengrab zu erwerben. Es war die Atmosphäre verbunden mit dem Vorteil, dass sich die Tochter eines Tages nicht kümmern müsste. Dass dann vor ein paar Monaten ausgerechnet seine Frau sehr plötzlich starb, das hat ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. „Ich war mir ja sicher, dass ich zuerst gehe.“
Der Rentner steht vor der Urnenkammer mit dem Namen seiner Frau. Die Messingplatte zur Kennzeichnung des Grabes hat er selbst gestaltet: Zwei Blumen für seine Frau und ein Detail des Kölner Doms für ihn. Alle Urnenkammern haben an der Messingplatte eine schmale Konsole, auf der Kerzen, Bilder oder Erinnerungsgegenstände platziert werden können. Zweimal in der Woche macht er nun „Wallfahrt“ zu seiner Frau, wie er es nennt und schätzt die Konzentration des Raumes, die er für die Zwiesprache nutzen kann. Vor kurzem hat er sich dem „Ich bin da“-Team angeschlossen und tut hier jetzt auch als Ehrenamtler Dienst, um „etwas Sinnvolles mit seiner vielen Zeit zu machen.“
Seine Frau wird über den Tod hinaus nicht vergessen werden, das tröstet ihn. Und wenn nach nach 20 Jahren die Ruhezeit nicht verlängert wird, wird das nicht Grab abgeräumt wie auf dem Friedhof. Dann wird die Asche aller Verstobenen danach im unterirdischen Ewigkeitsraum der Grabeskirche aufbewahrt. Eine kleine Tafel mit dem Namen wird dann in der Kirche an den Verstorbenen erinnern.