Köln früher und heuteDie Notre Dame des Agnesviertels und ihr verlorenes Relief
- Ihr Turm überstand den zweiten Weltkrieg: Die Agneskirche hat einem ganzen Veedel den Namen gegeben.
- Wie ihr Vorbild Notre Dame verlor die Kirche das Dach bei einem Brand.
- Das war nicht alles, was im Feuer verloren ging.
Köln – Seit dem 15. April 2019 haben die Agneskirche am Neusser Platz und die Kathedrale Notre-Dame in Paris gleich zwei Dinge gemeinsam. Zuvor bestanden die Parallelen nur in den Fabelwesen, mit denen die Architekten den Turm des Gotteshauses in der nördlichen Kölner Neustadt krönten. Vorbild war Notre-Dame, wo ebenfalls zahlreiche Dämonen auf die Stadt herabschauen.
Feuer im Dachstuhl im Juni 1980
Als am 15. April dann das Dach von Notre Dame in Brand geriet, folgte die zweite Gemeinsamkeit. Denn auch die Agneskirche hatte bei einem Feuer ihr Dach verloren. 100 Feuerwehrleute rückten am 18. Juni 1980 an, um den durch unsachgemäße Schweißarbeiten ausgelösten Brand zu löschen. Die Rauchsäule war kilometerweit über Köln zu sehen.
Heute steht die Agneskirche wieder so da, wie sie 1901 fertiggestellt wurde. Nach dem Brand wurde das ursprüngliche Gewölbe, das im Zweiten Weltkrieg zerstört und durch eine Betondecke ersetzt worden war, aufwendig rekonstruiert. Die Versicherung übernahm den Schaden vollständig. „Die Kirche hat immer Glück gehabt“, sagt Ulrich Krings, ehemaliger Kölner Stadtkonservator. Auch wenn das Glück zuweilen mit Unglück gepaart war.
Eine Kirche als Dankeschön
Ihre Existenz hat die Agneskirche dem Glück von Peter Joseph Roeckerath zu verdanken. Mit den Grundstücken, die seine Frau Agnes geerbt hatte, machte der Bauunternehmer und Kölner Stadtverordnete ein Vermögen. Nachgesagt wurde ihm, sich vor allem im Zuge der Kölner Stadterweiterung ab 1881 ein goldenes Näschen verdient zu haben. „Er hat Land lukrativ aufgekauft und verkauft, mit fettem Gewinn“, so Krings. Aber er wollte der Allgemeinheit auch etwas zurückgeben. Um Gott für seinen Reichtum zu danken, stiftete Roeckerath die Agneskirche, benannt nach seiner Frau und vom Volumen her heute die drittgrößte Kirche Kölns – nach dem Dom und der Kirche St. Mariä Himmelfahrt an der Marzellenstraße.
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Von seiner Spende versprach sich der strenggläubige Katholik allerdings auch einen Vorteil für sich selbst: „Roeckerath war im 19. Jahrhundert ein letztes strahlendes Beispiel für die 1000 Jahre alte christliche Tradition, sich mit Spenden und Stiftungen das Himmelreich zu verdienen“, so Ulrich Krings. Die sterblichen Überreste sind währenddessen in Köln geblieben: Der Stifter und seine Frau sind vor mehr als 100 Jahren in der Agneskirche bestattet worden.Nach nur fünf Jahren Bauzeit war die Agneskirche 1901 fertig. Es wurde ein stattliches Gebäude im Stile der Neugotik, entworfen von den Architekten Carl Rüdell und Richard Odenthal. Wie die übrigen Kirchen der Neustadt war sie als markanter Blickpunkt auf die neue Ringstraße ausgerichtet.
Sehr gut erhaltene Agneskirche
Die Gotteshäuser wurden zwischen 1890 und 1910 errichtet und stehen an den Diagonalstraßen, die auf die Sternplätze des Rings zulaufen. Von allen am besten erhalten ist allerdings die Agneskirche, die heute einem ganzen Viertel ihren Namen gibt: „Die Kirche steht wie die Spinne im Netz der wunderschönen Neustadt-Straßen“, sagt Architektur-Experte Krings.Wie am Kölner Dom wimmelt es an der Agneskirche vor Heiligenfiguren. Roeckerath und seine Frau hatten zwölf Kinder, ihre Namenspatronen befinden sich auf Sockeln zwischen den Bögen im Parterre und ähneln den realen Personen. Auch die Heilige Agnes ist zusehen, die Schutzpatronin von Roeckeraths Frau.
Die nackte Konstruktion des Stiftungsbaus besteht aus Ziegeln, die mit Tuffstein verkleidet wurden. Ornamente und Figuren wurden aus Sandstein gefertigt. Innen erhebt sich auf schlanken Sandstein-Pfeilern ein aufwendiges Gewölbe. Roeckerath habe bei diesem „üppigen Dömchen“ nicht gespart, so Krings. Nur eine Turmspitze sei wahrscheinlich aus Kostengründen nicht realisiert worden. Stattdessen endet das obere Turmgeschoss mit einer Balustrade, auf der kleine Teufelchen ihr Unwesen treiben. Hätte es eine Spitze gegeben – die Agneskirche wäre noch imposanter als ohnehin schon.
Der Turm überstand den Zweiten Weltkrieg, das Gewölbe jedoch nicht. Unter der flachen Betondecke, die nach dem Krieg als Ersatz eingezogen wurde, hing viele Jahre lang eine gefächerte Holzkonstruktion des damaligen Dombaumeisters Willy Weyres, die den gotischen Stil der Kirche unterstrich.
Eine der sehenswertesten Kirchen Kölns
„Wir fingen gerade an, die 1950er Jahre als denkmalwert anzusehen“, erinnert sich Ulrich Krings an das Jahr 1980, als er Mitarbeiter des Stadtkonservators war. Alles sei vorbereitet gewesen, um die Holzdecke unter Schutz zu stellen. Dann brach das Feuer aus. Das kunstvolle Relief von Willy Weyres wurde ein Opfer des Löschwassers und konnte nicht erhalten werden. Dafür begannen die Arbeiten an der Wiederherstellung des ursprünglichen Gewölbes, das die Agneskirche auch von innen zu einer der sehenswertesten Kirchen Kölns macht.