Für eine jüdische OrganistinKünstler verlegt neuen Stolperstein in Köln-Ehrenfeld
Köln-Ehrenfeld – Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergreifen, bricht das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte an. Schon fünf Jahre vor den Novemberpogromen und dem Beginn der Deportationen wurden jüdische Menschen mit einem Berufsverbot belegt - zunächst Beamte, dann Ärzte und Rechtsanwälte, Künstler und Musiker.
Davon betroffen war auch die Organistin Lili Wieruszowski. Die gebürtige Kölnerin absolvierte 1922 ihr Orgelexamen in Berlin und kehrte im Anschluss in ihre Heimatstadt am Rhein zurück.
Im selben Jahr legte sie den Grundstein für ihre spätere musikalische Karriere in Köln-Ehrenfeld, in der heutigen evangelischen Friedenskirche in der Rothehausstraße.
Organistin auch in der Lutherkirche in Köln
Hier begann Wieruszowski ihre Tätigkeit als Organistin und spielte alsbald auch in der Lutherkirche in der Südstadt. In den 30er-Jahren aber fand ihr vielversprechender Werdegang ein abruptes Ende. Infolge des im April 1933 erlassenen „Arierparagraphen" war es der jungen Frau nicht mehr möglich, eine Stelle als Organistin zu bekommen - sie wurde aus der Gemeinschaft deutsch-österreichischer Künstler und auch aus der evangelischen Gemeinde ausgeschlossen. Schließlich war das Gedankengut der Nationalsozialisten auch in Ehrenfeld angekommen, was Wieruszowski stark enttäuschte: „Furchtbarst war, dass sogar in Köln-Ehrenfeld mein bescheidenes Glück zerschlagen wurde", schrieb sie später.
Emigration in die Schweiz
Kurze Zeit nach diesen Geschehnissen emigrierte Wieruszowski in die Schweiz, wo sie sich in Basel eine Karriere als Musikerin und Komponistin aufbauen konnte. Obwohl Lili Wieruszowski durch ihr frühzeitiges Verlassen Deutschlands der Todesmaschinerie des NS-Regimes entging, war sie doch gezwungen, ihr altes Leben sowie ihre Verwandten zurückzulassen. Damit steht sie stellvertretend für all jene, die dasselbe oder ein schlimmeres Schicksal erleiden mussten.
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Um an Lili Wieruszowski und die Millionen getöteten Juden zu erinnern, hat Künstler Gunter Demnig nun einen Stolperstein in der Rothehausstraße verlegt - vor dem Eingang der Friedenskirche, in der Wieruszowski einst an der Orgel gesessen hatte. Trotz ihres Wirkens in der Kirche nämlich, so erzählt Pfarrer Siegfried Kuttner, sei die Organistin über viele Jahre hinweg in Vergessenheit geraten: „Daher wollen wir sie jetzt wieder bekannter machen und ihr Leben und Arbeiten mit dem Stolperstein würdigen.”
Gleichzeitig sei der Stolperstein aus Messing auch ein Mahnmal gegen Krieg und Hass: „Antisemitismus ist leider immer noch ein großes Problem”, so Kuttner. Die Gedenktafeln von Künstler Gunter Demnig sind deutschlandweit sowie in 26 europäischen Ländern zu finden und sollen an die Menschen erinnern, die unter dem NS-Regime ermordet, deportiert oder vertrieben worden sind. Gestartet hat Demnig sein Projekt in den 90er-Jahren, inzwischen hat er fast 90.000 seiner Messingsteine verlegt. Routine sei in all dieser Zeit aber dennoch nicht eingekehrt, erklärt der 74-Jährige bei der Verlegung in der Rothehausstraße: „Es ist noch immer sehr bewegend”, so Demnig, „schließlich stehen hinter allen Stolpersteine andere Schicksale und Lebensgeschichten.”
Die Geschichte von Lili Wieruszowski endete 1971 in Basel, wo sie im Alter von 71 Jahren verstarb. Noch einmal in Vergessenheit geraten wird sie nun aber nicht.