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Ehrenfeld und SülzUnverpacktläden kämpfen mit nackten Nudeln gegen Müllberge

Lesezeit 4 Minuten

Die Veedelskrämerinnen Ivana Louis (l.) und Bettina Brockmann vor dem Herzstück ihres Geschäfts: den Abfüllbehältern.

Köln-Ehrenfeld – Wer das Geschäft von Bettina Brockmann und Ivana Louis an der Venloer Straße betritt, fühlt sich in einen Tante Emma-Laden aus einem anderen Jahrhundert zurückversetzt.

Durchsichtige Behälter mit verschiedenen Getreidesorten, Reis, Nudeln aber auch Müsli und Nussvariationen hängen an den Wänden. Der Duft von Lakritz, Keksen und Schokolade erfüllt den Raum.

Verschiedene Chutneys, Pesto und Honig haben die Veedelskrämerinnen ebenfalls in ihrem Sortiment. Besonders auffällig: Jedes Produkt hat ein Preisschild, das Herkunft und Lieferant auflistet.

Die Kunden bringen ihre eigenen Behälter mit

Ende Februar haben die beiden Freundinnen ihr Geschäft ohne Verpackungen eröffnet. „Alleine wäre es ja langweilig gewesen“, sagt Louis und lacht. Ihr Konzept: Die Kunden bringen selbst einen Behälter mit ins Geschäft, wiegen diesen, füllen sich das gewünschte Produkt ab und wiegen es dann noch einmal an der Kasse. Das Leergewicht ziehen die Verkäuferinnen dann vom Preis ab.

Olga Witt (l.) und Dinah Stark führen gemeinsam ihren Unverpackt-Laden „Tante Olga“ in Sülz an der Berrenrather Straße.

Louis und Brockmann kennen sich bereits seit einigen Jahren und haben lange gemeinsam in einem Restaurant gearbeitet. Die eine als Servicekraft, die andere als Köchin. Als die beiden sich bei einem Workshop in Kiel, im ersten Unverpackt-Laden in Deutschland, näher zum Thema informiert hatten, beschlossen sie selbst ein solches Geschäft zu eröffnen.

„Inzwischen kaufe ich so gut wie gar nicht mehr in normalen Discountern ein“, sagt Louis. Zu sehr koste es sie Überwindung, beispielsweise ein eingeschweißtes Stück Käse zu kaufen.

Verpackungswahn bekämpfen

Niemand erwarte, dass man von einem Tag auf den nächsten überhaupt keinen Müll mehr produziere. Vielmehr handele es sich um einen schleichenden Prozess. Auch kleine Schritte würden dabei helfen, den Verpackungswahn zu bekämpfen. Zuhause ist Louis zum Beispiel auf Seife statt Shampoo und Duschgel umgestiegen und beide verwenden Waschsoda anstelle von teuren Wasch- und Putzmitteln. Ihr Sortiment, das hauptsächlich aus trockenen Nahrungsmitteln und Drogerieprodukten wie einer Bambuszahnbürste und Zahnputztabletten besteht, wollen die beiden nach und nach erweitern. So bieten sie seit neuestem auch Wein und Sekt in gläsernen Pfandflaschen an.

Als Trend würden die beiden das verpackungslose Einkaufen aber nicht bezeichnen. „Das hieße ja, es handele sich nur um eine kurzzeitige Modeerscheinung“, meint Brockmann. Dem sei nicht so. Viel eher würde sie ein Umdenken bei ihren Kunden bemerken. „Unsere Umwelt müssen wir alle schützen und ein Strand ohne Müll sieht doch gleich viel schöner aus“, findet die 49-Jährige. Aktuell produzieren die Deutschen jährlich etwa 11,7 Millionen Tonnen Plastikmüll. In Köln haben nun mit dem Veedelskrämer schon zwei Läden die umweltunfreundlichen Verpackungen verbannt.

Komplett mülllos leben geht nicht

Der andere Unverpackt-Laden mit dem Namen „Tante Olga“ liegt in Sülz und hat ein ähnliches Sortiment wie die Veedelskrämer. Die drei Inhaber Olga und Gregor Witt sowie Dinah Stark eröffneten ihr Geschäft schon im vergangenen Jahr. „Das haben wir vor allem aus Eigennutz getan. Ich lebe selbst schon länger Zero Waste“, sagt Olga Witt.

Lange Zeit habe sie als Architektin gearbeitet aber immer habe ihr irgendetwas gefehlt. Deshalb krempelte sie eines Tages ihr Leben komplett um: Sie beendete ihre damalige Beziehung, hörte als Architektin auf und begann, immer weniger Müll zu produzieren. Zuerst kam der Onlineshop und 2016 dann der eigene Laden.

„Am Anfang ist es ziemlich leicht, weniger Müll zu produzieren“, findet Witt. Schnell lasse sich ein Papiertaschentuch ersetzen oder die Küchenrolle mit einem Lappen austauschen. Doch es sei Quatsch zu behaupten, man könne komplett mülllos leben. Auch sie habe Abfälle wie beispielsweise die Käserinde, Glasmüll oder alte Glühbirnen. Sie findet es aber schön, mit ihrem Beruf der Ausbeutung und der Umweltverschmutzung schon im Kleinen entgegen zu wirken.

Adressen und Öffnungszeiten

Das Geschäft „Veedelskrämer“ liegt an der Venloer Straße 270 am Eingang zur Körnerstraße. Es hat Montag bis Freitag von 10 bis 13 und 14 bis 19 Uhr sowie samstags durchgängig von 10 bis 16 Uhr geöffnet.

Tante Olga befindet sich an der Berrenrather Straße 406 und hat Dienstag bis Freitag zwischen 10 und 19 Uhr sowie Montag und Samstag zwischen 10 und 15 Uhr geöffnet. Inhaberin Olga Witt führt auch einen Blog zum Thema Zero Waste (Null Verschwendung).