„Menschen werden im Stich gelassen”Ärger über unbearbeitete Wohngeld-Anträge in Köln
- Politiker mehrerer Parteien fordern die Kölner Stadtverwaltung auf, umgehend zu handeln, um einen gewaltigen Misstand mit finanziellen Folgen für Tausende Kölner zu beenden.
- Denn knapp 5500 Anträge auf Wohngeld liegen derzeit in der Wohngeldstelle an der Aachener Straße unbearbeitet auf Halde, jeden Monat kommen rund 1900 dazu.
- Die Hintergründe.
Köln – Der Bearbeitungsstau in der Zentralen Wohngeldstelle hat bei Politikern mehrerer Fraktionen im Stadtrat für Ärger gesorgt.
„Wir sind empört über die Tausende von liegengebliebenen Wohngeldanträge“, erklärte Jörg Detjen von den Linken. Der Fraktionssprecher forderte die Stadtverwaltung auf, umgehend zu handeln und schnell Personal zuzusetzen. „Gerade in Corona-Zeiten brauchen die Leute schnell ihr Wohngeld, weil ihnen oft das Einkommen wegbricht.“
Knapp 5500 Anträge auf Wohngeld liegen derzeit in der Wohngeldstelle an der Aachener Straße unbearbeitet auf Halde, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete. Jeden Monat kommen nach Angaben der Verwaltung im Schnitt 1900 neu hinzu. Nur 40 Prozent der vollständigen Anträge würden innerhalb der vorgeschriebenen Frist von acht Wochen bearbeitet. Rechnet man diejenigen Anträge hinzu, bei denen noch Unterlagen nachgefordert werden, dürfte die Quote noch niedriger liegen.
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Auch die Grünen zeigten sich von der Menge der unbearbeiteten Bescheide überrascht und forderten Konsequenzen. Die Verwaltung müsse eine Zwischenlösung wie etwa eine Abschlagszahlung prüfen, forderte Marion Heuser, sozialpolitische Sprecherin der Grünen. Es wäre katastrophal, wenn Menschen nun wohnungslos würden. „Auf jeden Fall muss schnell gehandelt werden.“ Für die Sitzung des Sozialausschusses in der kommenden Woche fordert sie einen Bericht des Sozialdezernenten inklusive Lösungsvorschlägen.
30 Prozent mehr Anträge auf Wohngeld als 2019
Der Oberbürgermeister-Kandidat der SPD, Andreas Kossiski, forderte schnelle Hilfe: „Hier werden Menschen einfach im Stich gelassen. Auch hier herrscht sprichwörtlich Stillstand.“ Das zuständige Amt brauche dringend mehr Personal. Michael Paetzold, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, zeigte sich ebenfalls empört: „Wenn eine Stadtverwaltung schlecht geführt wird, zahlen am Ende diejenigen den Preis, die auf die Hilfe der Gemeinschaft angewiesen sind und jetzt befürchten müssen, aus ihrer Wohnung zu fliegen.“
Die Stadtverwaltung hatte als Grund für den Bearbeitungsstau neben Personalmangel, Server-Problemen und der Einführung der elektronischen Akte auch eine höhere Nachfrage wegen Kurzarbeit und Kündigungen in der Corona-Krise angegeben. Vor allem aber die seit Januar geltende Wohngeld-Novelle, mit der das Wohngeld erhöht und der Kreis der Empfänger erweitert wurde, wird die Zahl der Anträge in diesem Jahr in die Höhe treiben – um geschätzt 30 Prozent.
„Das Ganze kam also für die Verwaltung nicht überraschend“, moniert Linken-Fraktionschef Detjen. 2018 seien in Köln 22 Millionen Euro an Wohngeld ausgezahlt worden, in diesem Jahr rechnet Detjen mit 30 bis 40 Millionen Euro. „Es geht um viel Geld vom Bund. Das muss sich die Stadt greifen.“