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Bearbeitungsstau bei der StadtKölnerin wartet seit sechs Monaten auf ihr Wohngeld

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Wohnungen Mietpreise

Symbolbild

  1. Bei der Stadt Köln haben sich Tausende von Anträge aufgestaut. Die Wohngeldstelle ist überlastet.
  2. Natalie Kron wartet seit einem halben Jahr auf den Mietzuschuss und musste sich inzwischen von ihrer Familie Geld leihen.
  3. Wegen einer Gesetzesreform wird sich die Zahl der Anträge im Laufe des Jahres voraussichtlich noch um 30 Prozent erhöhen.

Köln – Seit sechs Monaten wartet Natalie Kron (Name geändert) nun schon vergeblich darauf, das ihr Antrag auf Wohngeld von der Stadt Köln bearbeitet wird. Sechs Monate, in denen die Physiotherapeutin ihre Miete alleine aufbringen musste, obwohl sie dazu aufgrund ihres niedrigen Gehalts eigentlich nicht in der Lage ist. Dabei hat die Mutter zweier Kinder eigentlich vieles richtig gemacht. Schon im August stellte sie, wie in den Jahren zuvor, einen Antrag auf Verlängerung des Wohngeldes: 280 Euro, die ihr als staatlicher Zuschuss bislang jeden Monat auf ihr Konto überwiesen wurden.

Als sie zwei Monate später noch nichts vom Amt gehört hatte, wurde sie misstrauisch. Denn in der Regel sollte nach drei Wochen eine Eingangsbestätigung und, soweit nötig, ein Anforderungsschreiben über fehlende Unterlagen verschickt werden, wie die Stadt bestätigte. Natalie Kron dagegen erfuhr erst auf ihre persönliche Anfrage hin, dass sie noch Belege nachreichen muss. Das war im Oktober. In den folgenden Monaten fragte sie drei Mal nach dem Stand der Dinge – ohne Ergebnis. „Der städtische Mitarbeiter wusste immer sofort Bescheid, sobald ich meinen Namen genannt habe“, sagt die 40-Jährige. Aber getan habe sich nichts.

Stadt Köln bestätigt: Es gibt einen Bearbeitungsstau

Kron dürfte nicht die einzige sein, der es so ergeht. Nach Angaben der Verwaltung warten bei der Wohngeldstelle derzeit 4462 Anträge auf eine Entscheidung. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte die Stadt, dass es aktuell einen Bearbeitungsstau gibt. Als Gründe nennt sie unter anderem Fluktuation beim Personal und einen hohen Anteil neuer Mitarbeiter. Darüber hinaus seien die Beschäftigten damit beschäftigt, alle Fälle auf die elektronischen Akte umzustellen. Wie in vielen Ämtern fehlt auch in diesem Bereich Personal, acht Stellen sind derzeit nicht besetzt. Dennoch seien 80 Prozent der Fälle im vorigen Jahr innerhalb von zwei Monaten entschieden worden.

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Für Natalie Kron hat der Verzug indes gravierende Folgen: Ob Lebensmittel, neue Sportschuhe für die Tochter oder Schulhefte für den Sohn: Jeder Einkauf ist zum Kraftakt geworden. „Ich habe mir inzwischen Geld von meiner Familie leihen müssen, um Essen zu kaufen“, sagt die 40-Jährige. Auch den Köln-Pass, mit dem sie und ihre Kinder vergünstigt ins Schwimmbad oder ins Museum gehen können, habe sie seit einem halben Jahr nicht erneuern können, weil dieser an die Bewilligung des Wohngelds gekoppelt sei. Dabei hat Kron wie alle, die zwar zuviel verdienen, um Hartz-IV zu bekommen, aber zu wenig, um die Miete alleine zu tragen, einen Rechtsanspruch auf den Zuschuss.

Zahl der Anträge in Köln steigt um 30 Prozent

Eine Entspannung der Situation in der Wohngeldstelle ist vorerst nicht in Sicht – im Gegenteil. Die Stadt rechnet damit, dass die Fallzahlen im Laufe des Jahres um rund 30 Prozent steigen werden. Wurden 2019 im Schnitt pro Monat 1500 Anträge auf Wohngeld gestellt, waren es im Januar bereits mehr als 2000. Hintergrund ist die Wohngeld-Novelle des Bundes, die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. Durch die Reform wurde der Zuschuss nach oben hin angepasst und der Kreis der Berechtigten erweitert. Würden tatsächlich alle Mieter, denen das Geld zusteht, den Zuschuss auch tatsächlich beantragen, wären es mit Sicherheit noch mehr.

Denn „bis zu zwei Drittel“ der Haushalte in großen Städten hätten trotz explodierender Mieten von ihrem Recht bislang keinen Gebrauch gemacht, sagt der Wirtschaftsforscher Ralph Henger vom Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft, der die Wohngeld-Novelle für das Bundesinnenministerium ausgestaltet hat. In Köln lag der Anteil im Jahr 2019 mit durchschnittlich rund 7400 Empfängern bei nicht mal einem Prozent der Einwohner.

Dass Natalie Kron schon so lange wartet, kann allerdings nicht an der Gesetzesreform liegen. Sie hatte ihren Antrag schon wesentlich früher gestellt. Auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ teilte die Behörde mit: „Hierfür kann sich das Amt für Wohnungswesen nur entschuldigen.“