Köln – So unterschiedlich kann die Bewertung der gleichen Zahlen sein: Oberbürgermeisterin Henriette Reker spricht von einer „Trendwende“ und von „Rückenwind“. Die Kritiker sagen: Zum wiederholten Male verfehle die Stadt ihre Ziele. Von einer Lösung des Problems sei man weit entfernt. „Es gibt überhaupt keinen Grund zu feiern“, so Michael Frenzel von der SPD. „Im Gegenteil: Die OB scheitert an ihrem eigenen Anspruch.“
Gestritten wird über die Zahlen des Geschäftsberichts, den das Amt für Wohnungswesen für die Stadt jedes Jahr vorlegt. Aufgabe des Amtes ist vor allem die Förderung bezahlbaren Wohnraums.
Trotz steigenden Zahlen die Ziele verfehlt
Die Gesamtzahl der geförderten Mietwohnungen ist im vergangenen Jahr um über 500 gestiegen. Die Zahl der Neubauten im Segment des geförderten Wohnungsbaus ist auf fast 1000 angewachsen. Ein deutliches Plus gibt es auch bei der Gesamtzahl aller Neubauten, die auf fast 4000 angestiegen ist.
Im Vergleich mit den Vorjahreszahlen sind das allesamt bessere Werte. Doch orientiert man sich an anderen Vergleichszahlen, relativieren sich die guten Zahlen wieder: Die Zielmarken waren deutlich höher.
Anteil an Sozialwohnungen nur bei 6,9 Prozent
Am deutlichsten wird der Handlungsbedarf in der wachsenden Stadt beim sozialen Wohnungsbau. Im Bericht ist davon die Rede, dass rund die Hälfte der Bevölkerung Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein hat. Tatsächlich machen die 38.623 Sozialwohnungen, die man mit so einer Bescheinigung beziehen kann, nur 6,9 Prozent aller Wohnungen in Köln aus. Der Anstieg bei den Neubauten hat am prozentualen Anteil wenig geändert.
Der Bericht der Stadtverwaltung beschreibt die vorhandenen Instrumente der Wohnungsbauförderung in der Stadt und ihre Wirkung. Ernüchternd ist erneut die Bilanz des städtischen Förderprogramms, dessen Verlängerung der Stadtrat beschlossen hat. Es wird nicht gebraucht. Mit 33 Millionen Euro soll die Stadt den Bau von Mietwohnungen fördern, doch das Geld blieb liegen. Die Landesprogramme reichen aus, um das zu unterstützen, was die GAG und wenige private Interessenten beim sozialen Wohnungsbau vorhaben. Das städtische Programm ist wirkungslos.
Wie man das Geld besser einsetzen könnte, sagt der Bericht der Verwaltung nicht. Im Rathaus wird darüber diskutiert, ob man nicht mit einer anderen Ausrichtung des Programms mehr tun kann: So gibt es in anderen Städten kommunale Programme zur Förderung von preiswertem Wohnraum, also von Projekten, die etwas höhere Mieten verlangen dürfen, als es der soziale Wohnungsbau vorgibt. Die Kölner Stadtverwaltung scheint hier weiterhin zu zögern.
Linke fordert neue Wohnungsbaugesellschaft
Als weiteres Instrument, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu fördern, wird über die Gründung einer neuen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft debattiert. Die Linke im Rathaus nahm den aktuellen Bericht zum Anlass, dies erneut zu fordern. „Wir brauchen eine weitere, rein städtische Wohnungsbaugesellschaft“, so Fraktionsgeschäftsführer Michael Weisenstein, der das Ratsbündnis von CDU und Grünen kritisiert. „Schwarz Grün sitzt das Problem aus.“
Die Zahlen würden zeigen, „wo der Hebel angesetzt werden muss“, schreibt der Mieterverein in seiner Stellungnahme, die dem Bericht der Stadtverwaltung beigefügt ist. „Der öffentlich geförderte Wohnungsbau muss stärker in den Mittelpunkt rücken. Die Vorstellung, dass der Markt sich von allein regelt, hat sich längst als falsch erwiesen.“ Der Mieterverein fordert den Bau von Hochhäusern und die Aufstockung von Häusern, die nur vier Etagen haben. Außerdem brauche Köln mehr Milieuschutzsatzungen. „Rechtzeitig angewandt, wären diese geeignet, um die Verdrängung von Mietern aus Vierteln zu verhindern, in denen diese oft schon jahrzehntelang leben.“ Genau wie der Haus- und Grundbesitzerverein, der vor zu vielen staatlichen Eingriffen warnt, kritisiert der Mieterverein die Dauer von Entscheidungs- und Genehmigungsprozessen.
OB will Kooperationen ausbauen
„Bezahlbarer Wohnraum ist eine zentrale Herausforderung“, schreibt OB Reker im Wohnungsbericht. Die Stadt habe „bereits wichtige Schritte“ unternommen. „Aber klar ist, dass die Maßnahmen nicht sofort wirken. Und klar ist auch, dass die Verwaltung nur einer von vielen Akteuren am Wohnungsmarkt ist.“ Sie will die Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft ausbauen und die Kooperation mit den Nachbarkommunen intensivieren.
Auch Sozialdezernent Harald Rau verbreitet Optimismus. Mit der Zahl in 2018 fertiggestellten Wohnungen sei das „zweitbeste Ergebnis seit 18 Jahren“ erreicht. Auch bei der Zahl der Baugenehmigungen gebe es „eine positive Entwicklung“.