Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Unser Land wäre ärmer“Bundespräsident Steinmeier begrüßt neue Staatsbürger in Köln

Lesezeit 3 Minuten
Jhojen Gonzaga Carbonell bekommt von Bundespräsident Steinmeier und Oberbürgermeisterin Reker im Historischen Rathaus die Staatsbürgerschaft verliehen.

Jhojen Gonzaga Carbonell bekommt von Bundespräsident Steinmeier und Oberbürgermeisterin Reker im Historischen Rathaus die Staatsbürgerschaft verliehen.

Frank-Walter Steinmeier betonte bei der Verleihung die freiheitlichen Werte des Grundgesetzes und die Verpflichtungen ihnen gegenüber.

Die eine ist Georgierin, 2014 nach Köln gekommen, studiert, hat einen Nebenjob im Bereich Social Media und wohnt in Porz. Die andere ist aus Eritrea geflüchtet, hat in Deutschland, wo sie ebenfalls seit 2014 lebt, ihre Tochter zur Welt gebracht, arbeitet als Pflegeassistentin in einem Altenheim und ist in Ehrenfeld zu Hause. Die Dritte ist Jordanierin, hat lange in Dubai gelebt, vor knapp fünf Jahren in Köln eine neue Heimat gefunden und wohnt mit Mann und drei Kindern in Lindenthal. Gemeinsam ist den drei Frauen, dass sie nun offiziell Deutsche sind.

Am Freitag nahmen sie im Rahmen einer Einbürgerungsfeier im Historischen Rathaus die Urkunden aus den Händen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier entgegen, nachdem sie ihr Bekenntnis zu den Gesetzen und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Deutschlands bekräftigt hatten. Für die Zeremonie waren exemplarisch ein Dutzend Menschen aus unterschiedlichen Nationen ausgewählt worden; zehn nahmen teil.

Kölns Erfolgsgeschichte ist mit der Zuwanderung untrennbar verbunden
Henriette Reker, Oberbürgermeisterin Stadt Köln

Zu den Gästen zählten NRW-Ministerin Josefine Paul und weitere Vertreter aus Politik und Verwaltung. Außerdem Familienangehörige und Freunde derjenigen, die im Mittelpunkt der Feier standen und über die Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte, sie würden den „letzten großen Schritt zu Anerkennung und Zugehörigkeit“ vollziehen, „zur vollständigen Teilhabe an der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten.“

Lange Zeit seien in Köln durchschnittlich 3000 Anträge pro Jahr bearbeitet worden, doch inzwischen habe sich deren Zahl verdreifacht. Grund sei die Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts, die im vorigen Juni in Kraft getreten ist.

Dies stelle die Behörden auch in Köln vor große Herausforderungen. „Es ist bitter, dass die lange Verfahrensdauer viele enttäuscht.“ Für die Kommunen hätte es eine längere Vorbereitungszeit geben müssen. „So schnell war kein zusätzliches Personal zu finden.“ Durch dessen Verdoppelung und die Digitalisierung tue die Stadt „alles, um die Einbürgerungsverfahren deutlich zu beschleunigen“, betonte Reker.

Zugleich sprach sie von einer „erfreulichen Entwicklung“, sei die steigende Zahl der Anträge doch eine „Bestätigung für die Attraktivität“ Kölns. Die Vielfalt der Stadt sei seit jeher eines ihrer wichtigsten Wesensmerkmale: „Kölns Erfolgsgeschichte ist mit der Zuwanderung untrennbar verbunden.“

Steinmeier in Köln: Bundespräsident betont gesellschaftliche Verständigung

Steinmeier weitete den Blick: Ohne Einbürgerungen „wäre unser Land in vieler Hinsicht ärmer“ und hätte „viel weniger Chancen für eine gute Zukunft“. Dazu stehe nicht im Widerspruch, dass es „klare Regeln für die Migration nach Europa“ brauche. Unabdingbar für die Einbürgerung sei das Bekenntnis zur Verfassung, die aus den Verbrechen des Nationalsozialismus „die Konsequenzen gezogen“ habe. Wer Deutscher werde, trete „das Erbe dieses Landes an“; dazu gehöre das Wissen um Auschwitz und darum, „was dazu geführt hat, dass Auschwitz möglich war“.

Das Grundgesetz mit seinen freiheitlichen Werten habe sich bewährt, gerade auch in einer veränderten gesellschaftlichen Wirklichkeit, die von großer Unterschiedlichkeit geprägt sei. Alle hätten die Möglichkeit und das Recht, ihr Leben auf ihre jeweils besondere Art zu gestalten. Daher sei das Zusammenleben nicht „spannungsfrei“ und mache einen „Prozess der Verständigung“ nötig. Dass sich zurzeit so viele Menschen einbürgern lassen, sei ein „Zeichen dafür, dass sie diesem Land und dieser Gesellschaft vertrauen“.

Streicher des Gürzenich-Orchesters spielten im Quartett unter anderem die Nationalhymne. Bestens zum Anlass passte die Auswahl des weiteren Musikers: Samy Movet aus Kamerun, der im Historischen Rathaus Rekers Gäste begrüßt und ansonsten für die Sicherheit sorgt, sang zwei Songs. Zu den Neubürgen zählt der 31-jährige Jhojen Gonzaga Carbonell, der von den Philippinen stammt. Vor etwa fünf Jahren ist er nach Köln gekommen, der Liebe wegen. Nach der Zeremonie freute sich der Filialleiter eines Uhrenunternehmens, dem Deutschen, mit dem er mittlerweile verheiratet ist, noch näher zu sein: „Jetzt bin ich ein Teil von seinem Land.“