Kölner Parteien und der Wahlkampf im Winter, die Wahlrechtsreform, wohin jetzt noch mit dem roten Wahlbrief? Ein Überblick.
Bio-Glitter und Elektrolyte im WahlkampfAlles, was Sie zur Bundestagswahl am Sonntag in Köln wissen müssen
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Zahlreiche Wahlplakate zur Bundestagswahl in der Schildergasse in Köln.
Copyright: Alexander Schwaiger
Mit der Wahl zum 21. Deutschen Bundestag geht am Sonntag ein kurzer Wahlkampf bei ungewohnt kalten Temperaturen zu Ende. Nach dem Aus der Ampel-Koalition hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Bundestag am 27. Dezember 2024 auf Ersuchen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgelöst und vorgezogene Neuwahlen für den 23. Februar 2025 angesetzt. Hätte die Regierung bis zum Schluss durchgehalten, wäre erst am 28. September 2025 gewählt worden.
So standen die Kölner Parteien vor einer besonderen Herausforderung: Sie mussten nicht nur bei Temperaturen um den Gefrierpunkt Wahlplakate aufhängen und an Wahlständen versuchen, die Bevölkerung zu mobilisieren, sondern sie mussten das alles in nur zwei Monaten und mitten im jecken Trubel vor der Karnevalswoche bewältigen.
Dazu kommt: Bleibt die nächste Regierung bis zum Schluss intakt, könnte 2029 wieder in der Karnevalszeit gewählt werden. Laut Grundgesetz muss die nächste Bundestagswahl frühestens 46 und spätestens 48 Monate nach dem Beginn der laufenden Wahlperiode abgehalten werden. Statt im Februar 2029 könnte also auch um Weihnachten 2028 herum gewählt werden. Um wieder zu einem Wahltermin im September zu kommen, bräuchte es mindestens drei Legislaturperioden.
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Das Gute daran: In diesem Wahlkampf gab es für die emsigen Helfer an Wahlständen und beim Klinkenputzen an den Haustüren statt der üblichen Partei-T-Shirts oder Partei-Kappen oft winterwarme Mützen mit dem Branding der verschiedenen Parteien. Diese könnten dann bei den nächsten Bundestagswahlen wiederverwendet werden.
Wie haben Kölner Parteien den Winter-Wahlkampf erlebt?
Claudia Walther, Vorsitzende der Kölner SPD, sagte am Freitag klipp und klar: „Ich bin froh, wenn dieser Wahlkampf um ist.“ Er sei sehr anstrengend gewesen, wegen der Kürze der Zeit und der Kälte, aber auch, weil die öffentlichen Diskussionen von den Themen AfD und Migration überschattet gewesen seien. „Sonst ging es auch um Bildung, Wirtschaft, Frieden oder Klima“, sagte Walther, „das hat diesmal gefehlt“.
Statt der sonst üblichen Luftballons und Windräder habe die SPD um Weihnachten herum Glühwein und zum Valentinstag „Wahlentinstag“-Schokolade verteilt. Hoffnung macht Walther, dass sie auch immer wieder Zuspruch erfahren habe. Zuletzt habe eine „Nicht-SPD-Wählerin“ ihr noch mit auf den Weg gegeben: „Danke, dass sie das machen für unsere Demokratie.“
Karl Alexander Mandl, Vorsitzender der Kölner CDU, hätte auch lieber bei wärmeren Temperaturen Wahlkampf gemacht, mit Tee, Schal und Mütze habe man sich aber den Bedingungen angepasst. „Es ist, wie es ist, beim Wahlkampf im Winter müssen wir eben heißer diskutieren“, sagte er am Freitag. Die CDU in Köln habe entsprechend des Bundestrends „viel Zuspruch“ erhalten: „Aber insgesamt lässt die Debattenkultur nach, die Stimmung ist aufgeheizter.“
Für zukünftige Wahlkämpfe, egal ob im Winter oder im Sommer, wünscht Mandl sich: „Alle müssen wieder mehr Sympathie für die Argumente der Gegenseite zeigen.“ Die kleinen Wahlkampfgeschenke der Kölner CDU waren der Vorbereitung auf die Karnevalstage gewidmet: Es gab ein Zucker-Elektrolyte-Pulver, das dem Kater nach zu ausgiebigem Alkoholgenuss vorbeugen soll.
Katja Trompeter, Vorsitzende der Kölner Grünen, kann dem komprimierten Wahlkampf auch etwas Positives abgewinnen: „Es war kurz und knackig, das hat auch was für sich.“ Problematisch für die Grünen sei gewesen, dass sie nicht wie zuletzt angedacht statt der üblichen Podiumsdiskussionen viel Wahlkampf im öffentlichen Raum machen konnten. „Toll war dafür, dass wir wahnsinnig viele aktive Menschen hatten“, sagte Trompeter.
Nach dem Bruch der Ampel sei die Mitgliederzahl der Kölner Grünen auf rund 4.300 gestiegen. „Und viele der neuen Mitglieder haben direkt einen wichtigen Teil der Parteiarbeit kennengelernt.“ Eines der Giveaways an den Wahlständen der Grünen war auch vom Karneval inspiriert: Es gab kleine Papiertütchen mit biologisch abbaubarem Bio-Glitter fürs Gesicht.
Wieso habe ich zwei Stimmen, muss also zwei Kreuze machen?
Seit der zweiten Bundestagswahl im Jahr 1953 haben die Wählerinnen und Wähler in Deutschland zwei Stimmen: eine Erststimme für die Wahl einer oder eines Abgeordneten im jeweiligen Wahlkreis. In Deutschland gibt es 299 Wahlkreise, in Köln vier. In jedem davon leben im Durchschnitt 280.000 Menschen. Durch das Prinzip der Erststimme soll sichergestellt werden, dass die Regionen im Bundestag vertreten sind.
Die Zweitstimme entscheidet über die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag – also darüber, wie die 630 Sitze im Bundestag auf die einzelnen Parteien verteilt werden. Mit der Zweitstimme entscheiden sich die Wähler nicht für eine Person, sondern für eine Partei und deren Landesliste. Es handelt sich um das System einer personalisierten Verhältniswahl, diese kombiniert die Wahl von Direktkandidaten mit der proportionalen Sitzverteilung im Bundestag auf Basis der Anteile bei den Zweitstimmen. Sitze im Bundestag bekommen aber nur Parteien, die mindestens fünf Prozent aller (gültigen) Zweitstimmen oder in mindestens drei Wahlkreisen die meisten Erststimmen erhalten haben.
Was ändert sich durch die Wahlrechtsreform?
Im Juni 2023 ist ein neues Wahlrecht in Kraft getreten. Danach ist die Größe des Bundestags strikt auf 630 Abgeordnete begrenzt. Es gibt bis zu 299 Sitze, die an Direktkandidaten aus den Wahlkreisen gehen, und mindestens 331 Sitze, die über die Landeslisten vergeben werden. So genannte Überhang- und Ausgleichsmandate gibt es nicht mehr. Bislang fielen Überhangmandate an, wenn eine Partei über die Erststimmen in einem Bundesland mehr Direktmandate gewann, als ihr nach dem dortigen Zweitstimmenergebnis Sitze zustanden. Diese Mandate durfte sie behalten. Seit der Bundestagswahl 2013 erhielten die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate, damit das Zweitstimmenverhältnis nicht verzerrt wurde.
Bei der Bundestagswahl 2021 fielen 34 Überhang- und 104 Ausgleichsmandate an. Deutschland ist mit aktuell 733 Sitzen im Bundestag unter den demokratischen Staaten weltweit das Land mit dem größten frei gewählten Parlament. Mit ihrer Wahlrechtsreform wollte die Ampel-Koalition verhindern, dass der Bundestag immer weiter wächst. Jetzt ist es so: Falls am Sonntag eine Partei über die Erststimmen mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr gemessen am Zweitstimmenergebnis an Sitzen zustehen, sollen die Wahlkreissieger mit den schlechtesten Wahlergebnissen kein Mandat bekommen.
Wie viele Kölnerinnen und Kölner haben schon gewählt?
Bis Freitag, 12 Uhr, hatten rund 305.200 Kölner Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen beantragt. Bei insgesamt rund 735.355 Wahlberechtigten entspricht das einem Anteil von 41,5 Prozent. Lediglich zur Bundestagswahl 2021 waren noch mehr Briefwahlunterlagen beantragt worden (45,9 Prozent der Wahlberechtigten). Die damalige Wahl fand unter Corona-Bedingungen statt.
In der Briefwahl enthalten ist die Direktwahl als Briefwahl an Ort und Stelle. Dafür haben sich in Köln bis Freitag, 12 Uhr, rund 15.200 Wählerinnen und Wähler entschieden, also 2,1 Prozent der Wahlberechtigten und etwa fünf Prozent der Wahlberechtigten, die eine Form der Briefwahl gewählt haben.
Bislang sind rund 251.200 rote Wahlbriefe wieder bei der Stadt Köln eingegangen, also 82 Prozent der ausgestellten Briefwahlunterlagen. Vor Eingang der Postlieferungen von Freitag, 21. Februar, und Samstag, 22. Februar 2025, sowie der Abholung am Sonntag, 23. Februar 2025, waren also etwa 54.000 Wahlbriefe noch nicht zurück.
Der Wahlbrief muss bis zum Wahlsonntag, 23. Februar 2025, 18 Uhr, beim Wahlamt der Stadt Köln eingegangen sein, damit die Stimme noch mitgezählt werden kann. Dafür kann der rote Wahlbrief bis Sonntag, 23. Februar 2025, 18 Uhr, auch in den Briefkasten des Wahlamtes, Dillenburger Str. 68-70, 51105 Köln (Kalk) eingeworfen werden.
Ausschließlich am Wahltag von 12.30 Uhr bis 18 Uhr kann der Wahlbrief auch am Infopoint des Briefwahlzentrums in der Koelnmesse, Congress-Centrum Ost, Eingang Ost, Erdgeschoss, Deutz-Mülheimer Straße 51, 50679 Köln (Deutz) abgegeben werden.
Vor vier Jahren hatten von den 732.048 wahlberechtigten Kölnerinnen und Kölnern 569.492 ihre Stimmen abgegeben, damit lag die Wahlbeteiligung bei 77,79 Prozent. 349.927 (47,8 Prozent) der Wahlberechtigten hatten Briefwahl beantragt. Die Rücklaufquote lag bei 95,12 Prozent: 332.849 Wählerinnen und Wähler hatten ihre Stimmen per Briefwahl abgegeben. Das entsprach einem Anteil von 58,45 Prozent der abgegebenen Stimmen und bedeutete Briefwahl-Rekord für Köln.