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Wahlkreis-Check für Köln IIIDie Kandidaten für die Ehrenfeld, Nippes und Chorweiler

Lesezeit 9 Minuten
Blick in den Plenarsaal des Bundestags mit dem Bundesadler.

Blick in den Plenarsaal des Bundestags mit dem Bundesadler.

Wir stellen die vergangenen Wahlergebnisse, die Kandidaten und ihre Themen vor: Das beschäftigt den Wahlkreis Köln III.

Wenn einer der vier Kölner Bundestagswahlkreise am 23. Februar bundesweite Beachtung findet, dann ist es Köln III, treten dort doch zwei politische Schwergewichte der gescheiterten Ampelkoalition gegeneinander an. Unser dritter von vier Wahlkreis-Checks gibt einen Überblick:

Dauerbrenner Rolf Mützenich (65) sitzt seit 2002 ohne Unterbrechung im Bundestag und ist seit 2019 Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Er hat den Wahlkreis immer gewonnen. In den Jahren 2002 und 2005 sogar mit absoluter Mehrheit (50,3 und 50,5 Prozent). Auch in den Jahren 2009, 2013 und 2017 lag er immer über 30 Prozent (35,9/39,3/32,3). Vor vier Jahren rutschte er erstmals knapp darunter (29,9 Prozent).

Eine derart lange Karriere kann Katharina Dröge allein aus Altergründen nicht bieten. Die 40-Jährige gehört dem Parlament aber auch schon seit 2013 an und teilt sich seit Dezember 2021 mit Britta Haßelmann die Fraktionsführung der Grünen.

Mützenich und Dröge dürften im neuen Bundestag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder vertreten sein. Der SPD-Politiker steht auf Platz eins der NRW-Landesliste. Das ist eine Bank. Das gilt auch für Dröge, die mit Platz zwei auf der Landesliste der Grünen abgesichert ist und – und gemeinsam mit Mützenich als Favoritin für das Direktmandat gilt. Köln III gilt mit den Stadtbezirken Ehrenfeld und Nippes seit Jahren als die Hochburg der Grünen.

Insgesamt wohnen im Wahlkreis 311.338 Menschen, 44,4 Prozent von ihnen haben einen Migrationshintergrund. 205.752 sind im Wahlkreis III wahlberechtigt.

So wählte Köln III bisher

Vor vier Jahren lieferten sich Mützenich und Dröge beim Kampf um die Erststimmen ein spannendes Rennen, das bis tief in die Nacht anhielt und der SPD-Politiker mit 46.149 Stimmen (29,9 Prozent) letztlich für sich entschied. Die Grünen-Politikerin brachte es auf 43.600 Stimmen (28,3 Prozent). Ihr starkes Ergebnis kam damals sehr überraschend.

„Nachts bin ich aufgewacht und habe gedacht: Du musst jetzt noch mal gucken“, sagte Dröge damals. Auf dem Smartphone sah sie dann: Es fehlten 1,6 Prozentpunkte. Dennoch überwiege bei ihr der Stolz. „In unseren Runden hat sich bestätigt, dass es eine klare Präferenz für die Ampel gibt. Weil das Ergebnis sehr klar Gewinner und Verlierer beschreibt. Die Reihenfolge in den Gesprächen ist klar“, sagte Dröge damals. „Der Gewinn des Direktmandats war mir sehr wichtig, zumal der Wahlkreis heftig umkämpft war“, erklärte Mützenich nach seinem knappen Erfolg.

Das ist 2025 zu erwarten

Wer den Wahlbezirk Köln III am 23. Februar holt, dürfte aus Kölner Sicht zu den spannendsten Fragen gehören. Knapp 45 Prozent der 205.752 Wahlberechtigten sind jünger als 45 Jahre.

Bei der Bundestagswahl 2021 (Zweitstimmen) lagen die Grünen mit 28,8 Prozent vor der SPD (25,8) und der CDU (17,8) und konnten diesen Vorsprung bei der Landtagswahl (Zweistimmen) ein Jahr später ausbauen, kamen auf 31,8 Prozent. Die SPD landete bei 25,0, die CDU bei 21,7 Prozent. Auch die Europawahl 2024 endete mit 25,4 Prozent für die Grünen und einem deutlichen Vorsprung, diesmal aber vor der CDU (18,6) und der SPD, die es nur noch auf 15,6 Prozent brachte.

Für die CDU geht mit Gisela Manderla (67) eine erfahrene Politikerin ins Rennen. Sie zog 2013 erstmals in den Bundestag ein, konnte diesen Erfolg bei der Wahl 2017 allerdings nicht wiederholen und kehrte als Nachrückerin im November 2018 in den Bundestag bis September 2021 zurück. Um nach knapp vier Jahren Unterbrechung erneut nach Berlin zu kommen, müsste Manderla den Wahlkreis gewinnen. Das käme einer Sensation gleich. Platz 39 auf der Landesliste der CDU ist aussichtslos.

Das beschäftigt Köln III

Für das Gesamtergebnis im Wahlkreis Köln III ist von Bedeutung, ob die Parteien in ihren Hochburgen des sehr heterogenen Wahlkreises möglichst viele Wähler mobilisieren können. Die SPD beispielsweise in Chorweiler, die CDU in Lindenthal, Sülz, Junkersdorf und Müngersdorf, in denen sie zuletzt mit den Grünen eine starke Konkurrenz hatte.

Ein in Berlin viel diskutiertes Thema betrifft den Kölner Nordwesten besonders: Die Zukunft der Automobilbranche im Land, die direkte Auswirkung auf die Kölner Ford-Werke hat, dem zweitgrößten Arbeitgeber der Stadt.

Wahlkreis Köln II: Das sind die Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025

Im Wahlkreis Köln III treten insgesamt neun Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025 an. Die Kandidaten der sechs Parteien, die aktuell im Bundestag vertreten sind, stellen wir unten auf dieser Seite vor. Zusätzlich auf dem Wahlzettel zu finden sind: Benjamin Krings (Freie Wähler), Franziska Weber (Volt), Heike Herden (Partei des Fortschritts).

Rolf Mützenich (SPD, 65, Bundestagsabgeordneter)

Rolf Mützenich von der SPD.

Rolf Mützenich von der SPD.

Rolf Mützenich ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages, er hat den Wahlkreis im Kölner Nordwesten sechs Mal in Folge gewonnen und will auch diesmal den direkten Sprung in den Bundestag schaffen. „In diesen schwierigen Zeiten möchte ich all meine politische und persönliche Kraft zur Verfügung stellen, um den sozialen Zusammenhalt mit einem aktiven Staat in Deutschland zu bewahren“, sagt er.

Das frühe Aus der Ampel im Bundestag ist für den Fraktionschef der Bundes-SPD ein Ansporn. Manche Projekte wie die Sicherung der Rente, die Stärkung der Tarifautonomie oder ein stärkerer Schutz der Mieterinnen und Mieter seien „durch den von der FDP provozierten Koalitionsbruch“ auf der Strecke geblieben. „Hier möchte ich in der neuen Legislatur anpacken“, erklärt Mützenich. Und: „Es ist meine Pflicht als Parlamentarier, alles zu versuchen, um unseren Kindern eine bessere, friedlichere Welt zu hinterlassen.“

Über seinen Wahlkreis im Nordwesten Kölns sagt er: „Hier kämpfen die Mitarbeitenden von Ford um ihre Zukunft. Daher braucht es dringend eine Förderung der E-Mobilität und mit dem Deutschlandfonds und dem Made in Germany-Bonus ein klares Zeichen an die Industrie, dass sich Produktion in Deutschland lohnt.“

Katharina Dröge (Grüne, 40, Bundestagsabgeordnete)

Katharina Dröge von den Grünen.

Katharina Dröge von den Grünen.

Katharina Dröge gehört dem Bundestag seit 2013 an. Die 40-Jährige unterlag 2021 mit nur 1,6 Prozentpunkten in den Erststimmen gegen Rolf Mützenich. Dieses Mal will sie das Direktmandat für die Grünen gewinnen, sagte Dröge im Vorfeld.

Dröge studierte Volkswirtschaftslehre an der Kölner Universität. Sie teilt sich seit Dezember 2021 mit Britta Haßelmann die Fraktionsführung der Grünen im Bundestag. Den Job bezeichnet sie als „einen der schönsten überhaupt“: „Ich kämpfe für Gerechtigkeit, für Klimaschutz und für ein vielfältiges Land.“ Als ihr wichtigstes Anliegen für Köln nennt Dröge bezahlbare Mieten. „Ich möchte, dass Köln eine Stadt ist, die sich alle leisten können“, sagt sie, deshalb setze sie sich für die Verlängerung und Verschärfung der Mietpreisbremse und mehr sozialen Wohnungsbau ein. „Zum Wohnen gehören auch Nebenkosten“, sagt sie, „deshalb arbeiten wir im Rekordtempo an Strom und Heizenergie, die sauber, sicher und bezahlbar sind.“

Für Dröge ist „das große Thema unserer Zeit“ Klimaschutz, „konsequent und sozial ausbalanciert“. Auch nennt Dröge Bezahlbarkeit: „Wir wollen Familien um 1000 Euro im Jahr entlasten.“ Drittens wirbt sie für gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Köln lebt Vielfalt. Sie ist unsere Stärke“, sagt sie.

Gisela Manderla (CDU, 67, selbstständige Unternehmerin)

Gisela Manderla von der CDU.

Gisela Manderla von der CDU.

Gisela Manderla will zurück nach Berlin, dort war sie schon Mitglied des Bundestages von 2013 bis 2017 und später als Nachrückerin von 2018 bis 2021. Manderla sagt: „Ich mache seit vielen Jahren auf unterschiedlichen Ebenen, unter anderem im Rat, in der Frauen Union und im Bundestag, Politik für die Menschen in Köln – und zwar für alle Generationen.“ Sie will vor allem mehr Wohnraum mit finanzierbaren Mieten schaffen. „Das geht nur, wenn wir die Bauvorschriften kräftig entrümpeln. Nur so kriegen wir preiswertes Wohnen für uns Kölner hin. Dafür werde ich mich vom ersten Tag an einsetzen.“

Manderla war rund 30 Jahre Vorsitzender der Kölner Frauen Union. Sie treiben laut eigener Aussage die wirtschaftliche Lage und die öffentliche Sicherheit um. „Köln war, ist und bleibt eine weltoffene Stadt, in der viele verschiedene Ansichten und Lebensarten ihren Platz finden können. Das funktioniert aber nur, wenn die Grundprinzipien unseres Zusammenlebens und der Wertekanon unserer Gesellschaft von allen Teilnehmern auch geachtet und eingehalten werden. Wir müssen im öffentlichen Raum deshalb dringend zu Recht und Ordnung zurück, es darf keinerlei Toleranz gegenüber Gewaltdelikten und Übergriffen auf Rettungskräfte und Vollzugsbeamte geben.“

Maria Westphal (FDP, 40, Oberstudienrätin)

Maria Westphal, FDP Kölner Kandidat Bundestagswahl 2025 Wahlkreis Köln III

Maria Westphal, FDP Kölner Kandidat Bundestagswahl 2025 Wahlkreis Köln III

Maria Westphal ist stellvertretende Vorsitzende des Kölner FDP-Kreisverbands. Und sie unterrichtet an einem Berufskolleg in Köln. Für den Bundestag kandidiere sie, weil sie Richtungsentscheidungen fordert: mehr Geld für Bildung, aber auch für Infrastruktur und Sicherheit. Die FDP stellte Westphal schon zweimal als Kandidatin (2017, 2022) für den Landtag auf. Jetzt bezeichnet die Kölner FDP sie als ihre Spitzenkandidatin für den Bundestag, die erste Frau auf dieser Position der Partei.

Westphal ist auf der Landesliste auf Rang neun, das wäre eine gute Platzierung, läge die FDP in aktuellen Umfagen nicht unter der Fünf-Prozent-Hürde. Mit dem neunten Platz hätte sie vergangene Bundestagswahl ein Mandat erhalten.Westphal will für Köln erreichen, dass das Startchancenprogramm weiter ausgebaut wird. „Schulen in Köln müssen Talentschmieden werden“, sagt die Lehrerin. Es dürfe nicht länger Glück oder Zufall sein, ob Kinder alle Möglichkeiten haben.

Neben Investitionen in Bildung, Infrastruktur und innere und äußere Sicherheit will Westphal weniger Steuern für Unternehmen und Arbeitnehmer. „Das alles geht trotz Einhaltung der Schuldenbremse“, sagt sie, wenn bei den Ausgaben die Prioritäten verschoben werden.

Nadine Mai (Die Linke, 39, Angestellte)

Nadine Mai von Die Linke.

Nadine Mai von Die Linke.

Nadine Mai ist Sprecherin und Kreisvorsitzende der Linken in Köln, sie trete nun als Kandidatin für den Bundestag an, „weil ich nicht länger zusehen kann, wie unsere Gesellschaft zunehmend auseinanderdriftet“, sagt die 39-Jährige. Sie wolle für eine Gesellschaft eintreten, „in der niemand zurückgelassen wird, in der Familien und Kinder eine sichere Zukunft haben und Wohnen kein Luxus ist“.

Ein zentrales Thema für Köln und damit auch für ihren Wahlkreis Chorweiler, Ehrenfeld und Nippes seien die steigenden Mieten. „Bestehende Mieten müssen gedeckelt werden, und es braucht massive Investitionen in den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau“, sagt Mai: „Gleichzeitig müssen wir den Leerstand konsequent bekämpfen.“ Zudem verweist Mai auf „die unzuverlässige Mobilität in Köln, besonders im Stadtteil Chroweiler“. Sie wolle sich für einen leistungsfähigen, zuverlässigen, bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr stark machen.

Sorgen mache sie sich in der aktuellen politischen Gemengelage vor allem „um unsere Demokratie“, sagt Mai: „Die politischen Entwicklungen der letzten Monate zeigen, wie fragil sie ist – und wie entschlossen wir sie verteidigen müssen.“ Klar sei für sie: „Eine Demokratie ist nur so stark, wie die Menschen, die sie verteidigen.“

Jochen Haug (AfD, 52, Bundestagsabgeordneter)

Jochen Haug von der AfD.

Jochen Haug von der AfD.

Jochen Haug ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter, als solcher ist er Mitglied im Ausschuss für Angelegenheit der Europäischen Union. Von 2019 bis 2021 war der 52-Jährige Srecher der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen der AfD-Fraktion im Bundestag. Er zog 2017 und 2021 über die Landesliste seiner Partei in den Bundestag ein.Bevor er nach Berlin ging, war Haug drei Jahre lang Mitglied des Kölner Stadtrates. Der Rechtsanwalt ist seit 2019 Beisitzer im Bundesvorstand der AfD.

Auf die Frage, warum er für den Bundestag kandidiere, sagt er, weil er ein „politischer Mensch“ sei, und: „ Ich will mich für eine gute Zukunft meines Landes einsetzen.“ Haug sagt, die Sicherheit seiner Mitmenschen sei für ihn ein wichtiges Thema. „Köln soll eine Stadt sein, in der man ohne Angst unterwegs sein kann.“ Dazu wolle er beitragen.Er sei der Meinung, dass es in Deutschland eine „freie Debattenkultur“ brauche und „weniger ideologische Einengung“. Nachdem Ford im November den Abbau von Stellen bekanntgegeben hatte, sprach sich Haug gegen Eingriffe in den Automobilmarkt durch den Bund und die EU aus und bezeichnete das Verbrenner-Aus als „fatalen Irrweg“.